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Das Ende der Pobjoy Mint: Ein Interview mit Taya Pobjoy

Es war für alle eine große Überraschung, als die British Pobjoy Mint im Oktober 2023 nach 58 Jahren erfolgreicher Tätigkeit auf dem Münzmarkt bekannt gab, dass sie zum Ende des Jahres ihre Pforten schließen werde. Es war das Ende einer Ära. Taya Pobjoy erklärt in diesem Interview, warum sie sich zu diesem Schritt entschlossen hat, statt Unternehmen und Marke zu verkaufen.

Taya Pobjoy, Im Hintergrund des Fotos Trophäen der vielen Erfolge der Münzstätte, beispielsweise die COTY-Auszeichnungen. Foto: Michael Alexander, London Banknote and Monetary Research Centre.

Taya Pobjoy, Im Hintergrund des Fotos Trophäen der vielen Erfolge der Münzstätte, beispielsweise die COTY-Auszeichnungen. Foto: Michael Alexander, London Banknote and Monetary Research Centre.

MünzenWoche: Frau Pobjoy, Sie waren seit 1998 CEO des traditionsreichen Unternehmens Pobjoy. Seit über 300 Jahren war ihre Familie in den Handel mit Edelmetall und Diamanten involviert. Die British Pobjoy Mint prägte die Sehgewohnheiten des Münzhandels seit 1965. Warum haben Sie sich entschlossen, Ihr Unternehmen zu schließen?

Taya Pobjoy: Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen. Schon als 14-Jährige habe ich an Münzmessen teilgenommen, und mein beruflicher Einstieg in die Branche folgte mit 19 Jahren. Was mich am meisten begeisterte war die Aufgabe, Münzen zu gestalten, deren Design sowohl von der britischen Regierung als auch von der Queen genehmigt werden mussten – manchmal war das sogar schwieriger als das eigentliche Prägen der Münze! Ich denke, dass es mir im Laufe der Jahre gelungen ist, unseren Münzen einen „weiblichen Touch“ zu verleihen. Das trifft vor allem auf unsere Titan-Farbmünzen zu – die Idee zu diesen Prägungen kam mir übrigens, als ich in München Deutsch lernte. Schmuck aus Titan war damals sehr beliebt. 

Die Jahre als Mint Director bei Pobjoy waren sehr herausfordernd. So ist das nun einmal, wenn es um das eigene Unternehmen geht und man nie wirklich abschalten kann. Trotz der Geburt meiner Kinder war ich schon wieder zurück im Büro als meine zwei Töchter gerade erst 6 Wochen alt waren. Für mich persönlich war die Pandemie eine schwere Zeit. Das mag ironisch klingen, da die Verkäufe der Pobjoy Mint während Corona hervorragend liefen. Doch nicht zu wissen, wann es uns erlaubt sein würde zu arbeiten und wann nicht, war sehr stressig. Dann starb die Queen im September 2022. Ich glaube, das war das entscheidende Ereignis, das mich dazu anregte, mein Leben zu reflektieren. Ich stellte fest, dass ich meine Arbeit nicht mehr so genießen konnte wie früher. Und ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass man die eigene Arbeit lieben muss, um wirklich kreativ sein zu können. Ich habe immer gesagt, dass ich mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen würde. Doch dann wachte ich eines Morgens auf und stellte fest: Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen.

Unseren Erfolg verdanken wir unseren Kunden – den Münzsammlern! Und sie waren meine oberste Priorität bei dieser Entscheidung. Daher war es so wichtig für mich, zum Jahresende zu schließen, damit unsere Kunden ihre Sammlungen vervollständigen konnten.

MW: Ich persönlich bin 1964 geboren und verfolge den Münzenmarkt aktiv seit 1986. Ich bin mit der Marke Pobjoy aufgewachsen und sie ist für mich synonym für eine ganz bestimmte Art Münzen. Pobjoy dürfte international wohl zu den 10 bekanntesten privaten Münzstätten der Welt gehören. Der Name ist eine weltbekannte Marke! Aus welchen Gründen haben Sie entschieden, diesen Markennamen nicht an ein anderes Unternehmen zu verkaufen?

Taya Pobjoy: Zunächst einmal vielen Dank für Ihre lieben Worte. Ich habe darüber nachgedacht, die Marke zu verkaufen und bin natürlich im Laufe der Jahre auch von einigen Interessenten kontaktiert worden. Doch ich habe das Schicksal unseres Namens immer selbst in der Hand gehabt. Der Gedanke an all die Unternehmen, deren Verkauf ich über die Jahre mitbekommen habe und deren Namen von einem Nachfolger ruiniert wurden, machte mir zu schaffen. Lieber wollte ich ein Pobjoy-Erbe hinterlassen, bei dem wir hoffentlich jedem als Hersteller von innovativen und qualitätvollen Münzen in Erinnerung bleiben. Bei dem man sich gern an uns als Familie erinnert. Das war mir wichtiger, als die Marke zu verkaufen.

MW: Ich habe gesehen, dass es im Februar eine Versteigerung des Equipments der Pobjoy Mint gibt? Können Sie dazu Näheres erzählen?

Taya Pobjoy: Selbstverständlich! Ich biete all unser Equipment am 14. Februar zur Versteigerung an. Ich habe schon immer nach einer guten Ausrede gesucht, um mit Herzchen für eine Veranstaltung zu werben. Als dienstälteste Münzstättendirektorin der Welt schien mir der Valentinstag da ein passendes Datum zu sein. Falls jemand mehr über unsere Valentins-Auktion erfahren möchte, schauen Sie auf dieser Website vorbei oder kontaktieren Sie uns über pobjoy.com. Hier können Sie zusätzliche Informationen anfordern.

MW: Verlieren durch das Ende der Pobjoy Mint Angestellte ihren Job? Welche Chance haben sie, schnell wieder eine Stelle zu finden?

Taya Pobjoy: Das ist ein weiterer Grund, warum ich das Gefühl hatte, dies sei der richtige Zeitpunkt, um die Münzstätte zu schließen. Bei Pobjoy sind wir eine große Familie und meine Mitarbeitenden haben mich immer unterstützt. Sie sind dankbar, dass ich uns gut durch die Pandemie gebracht habe, und genau wie ich sind die Hälfte von ihnen bereit für den Ruhestand. Im Laufe der Jahre hat sich die Technik verändert, aus Versandverkauf wurde Online-Sale und unser Personalbestand hat sich verringert. Daher suchen nur eine Handvoll Mitarbeitende nach neuen Stellen, und ich versuche, sie zu ermutigen und ihnen so gut wie möglich unter die Arme zu greifen. Fleißige, loyale Mitarbeiter sind heute im Vereinigten Königreich schwer zu finden, daher bin ich sicher, dass sie schnell neue Anstellungen finden werden!

MW: Als Historikerin und Numismatikerin liegt mir natürlich das Vermächtnis der Pobjoy Mint besonders am Herzen. Schließlich hat Pobjoy die Numismatik seit den 1970er Jahren nachhaltig geprägt. Die Entwürfe und Modelle, die Stempel und Probeprägungen, die hauseigene Münzsammlung und die Akten erzählen ein zentrales Kapitel unserer numismatischen Vergangenheit. Wie sieht es damit aus? Arbeiten Sie mit einem Museum zusammen, um dieses Erbe der Nachwelt zu erhalten?

Taya Pobjoy: Jede Münze wurde inventarisiert und digital erfasst. Sobald die Anlagen verkauft sind, besteht meine nächste Aufgabe darin, dafür zu sorgen, dass das Erbe der Pobjoy Mint weiterbesteht. Mein Mann hat die Schmucksparte des Unternehmens wiederbelebt, daher wird der Name als Pobjoy Diamonds weitergeführt. Über die Jahre habe ich mich bemüht, dass Medien wie die MünzenWoche über all unsere Aktivitäten informiert bleiben. Diese Veröffentlichungen leben hoffentlich weiter und zeugen von unserer Arbeit. Glücklicherweise findet sich heutzutage ja sehr viel im Internet.

MW: Als Sie 1998 als Frau die Leitung einer Münzstätte übernommen haben, waren Sie eine Ausnahmeerscheinung. War es für Sie als Frau besonders schwierig, sich auf diesem Markt zu behaupten?

Taya Pobjoy: Als ich 1998 Leiterin der Münzstätte wurde, gab es – glaube ich – nur eine weitere Frau an der Spitze einer Münzstätte, und zwar der kanadischen. Dass ich eine Frau war, war nicht der einzige Schock für die numismatische Welt: Ich war außerdem noch sehr jung. Ich übernahm die Rolle mit nur 29 Jahren, auch das war für die Münzwelt nur schwer zu verdauen. Ich glaube jedoch, dass ich diese Skepsis mit viel Energie und Kreativität schnell überwinden konnte. Und die Tatsache, dass die Pobjoy Mint immer wieder neue Innovationen vorlegte, sorgte dafür, dass andere Marktteilnehmer meine Ansichten auf die Branche respektierten und Interesse daran gewannen. Wer mich gut kennt weiß, dass das etwas ironisch ist, denn obwohl Pobjoy für innovative Münzen bekannt ist, liegen mir die klassischen Entwürfe, die ich im Laufe der Jahre ausgegeben habe, am meisten am Herzen.

Die Münzbranche ist ein ungewöhnliches Geschäftsfeld, in dem ich mich im Laufe der 35 Jahre, in denen ich in der Münzherstellung gearbeitet habe, sehr wohl gefühlt habe. Doch jetzt ist es für mich an der Zeit, beiseite zu treten und hoffentlich der jüngeren Generation die Möglichkeit zu geben, die Numismatik in das nächste Kapitel ihrer Geschichte zu führen! Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, all meinen treuen Münzsammler-Kunden für ihre langjährige Unterstützung zu danken – Sie haben Pobjoy zu dem gemacht, was es heute ist! Ich möchte auch der MünzenWoche für diese Möglichkeit danken, unseren Kunden meine Beweggründe dafür zu schildern, die Münzstätte zu schließen. Ich habe eine andere Reihenfolge gewählt als viele andere: Die meisten haben erst Kinder und machen dann Karriere – für mich ist es jetzt aber an der Zeit, Mutter zu sein!

MW: Ich würde bei Gelegenheit gern mehr darüber erfahren, wie Sie die numismatische Welt als Frau erlebt haben. Ich hoffe, dass wir dazu einmal ein eigenes Interview führen können.

Das Interview führte Ursula Kampmann.

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