Sohn des vergöttlichten Caesar
Eigentlich blieb ihm keine andere Wahl, dem jungen, ungelenken Mann, der da in Illyrien auf der griechischen Seite der Adria saß und auf seinen Großonkel gewartet hatte, um in dessen Partherkrieg seine ersten militärischen Meriten zu erwerben. Als Gaius Octavius den Bericht des Eilboten über die Ermordung Caesars hörte, wusste er, dass er wahrscheinlich nicht mehr lange zu leben haben würde. Er war der nächste männliche Verwandte des verstorbenen Diktators; und die Caesarenmörder planten sicher, auch ihn zu beseitigen. Nur eine Alternative gab es: Den Kampf aufzunehmen um das Erbe des Gaius Iulius Caesar.
Octavian. Porträt vor 14 n. Chr. Altes Museum Berlin, Inv. Nr. I110. Foto: UK.
Und so trat Gaius Octavius Anfang Mai 44 ganz offiziell vor der römischen Volksversammlung die Erbschaft des Diktators an. Von nun an nannte er sich Gaius Iulius Caesar. Er machte damit Marcus Antonius einen Strich durch die Rechnung. Der fähige General hatte sich als politischer Erbe Caesars etabliert und konnte einen adoptierten Anwärter auf diese Position nun wirklich nicht brauchen.
Bald kam es zu Animositäten. Die konservativen Kräfte des Senats – allen voran Cicero – hofften dies für ihre Zwecke zu nutzen. Schließlich verfügte dieser harmlose junge Mann inzwischen über ein Heer, das er aus eigenen Mitteln aufgestellt hatte. Und für dieses Heer brauchte Octavian etwas, das nur der Senat ihm geben konnte: ein offizielles Amt, verbunden mit einem rechtmäßigen Kommando.
Was folgte, war eine politische Kehrtwende. Um sich gegen Marcus Antonius zu behaupten, paktierte Octavian mit Cicero. Er nannte ihn Vater, stimmte großmütig zu, dass Casca, der den ersten Dolchstoß gegen Caesar geführt hatte, zum Volkstribun gewählt wurde, und erhielt dafür ein proprätorisches Kommando über seine eigenen Soldaten. Voll Vertrauen auf die eigenen Kräfte beschloss der Senat, nun endlich gegen Marcus Antonius vorzugehen.
Als erstes stand der Entsatz der Stadt Mutina (heute Modena) an. Dort harrte Decimus Brutus gegen eine unter dem Kommando Marc Antons stehende Übermacht aus. Der Kampf um die Stadt fand im April statt. Er war blutig. Beinahe wären die Truppen des Octavian geschlagen worden. Doch die in Modena eingeschlossene Armee griff im entscheidenden Moment ein. Octavian kam sein unglaubliches Glück zu Hilfe. Es gelang nicht nur, Marcus Antonius zu schlagen. Als Bonus für Octavian fielen die beiden Konsuln im Kampf, so dass er als Propraetor plötzlich der ranghöchste Kommandant des gesamten senatorischen Heeres war. Die ehrwürdigen Väter in Rom realisierten nicht ganz, was das bedeutete. Cicero ließ sich als Retter der Republik feiern und brachte ein witziges Bonmot in Umlauf, das da hieß „Wir müssen den jungen Mann loben, auszeichnen und erheben“, wobei das letzte Wort, das lateinische „tollere“ auch das Gegenteil bedeuten konnte, nämlich beseitigen. Ein schwerer Fehler, denn Octavian reagierte kompromisslos mit Forderungen.
Er wolle einen Triumph. Und natürlich das Konsulat. Die Senatoren konnten es nicht glauben: Was für ein Skandal! Ein 19-Jähriger plante, als Kandidat für das höchste Amt der römischen Republik zu kandidieren! Und während man sich in Rom darüber noch das Maul zerriss, hatte Marcus Antonius seine Kräfte mit denen des Lepidus im äußersten Südosten des heutigen Frankreichs bereits vereinigt.
Dagegen musste man nun wirklich etwas unternehmen. Octavian tat tatsächlich etwas: Er zog mit seinem Heer nach Rom, annektierte den Staatsschatz und ließ sich am 19. August des Jahres 43 im Alter von nicht einmal 20 Jahren zum Konsul wählen. Danach führte er sein Heer in Richtung Norden. Sein politischer Ziehvater Cicero mag geahnt haben, dass dies nicht geschah, um gegen Marcus Antonius zu kämpfen.
312: Römische Republik. Octavian. Aureus, 43 v. Chr., Mzst. in Gallia Cisalpina. Kopf des Octavian n. r. Rv. Kopf des Iulius Caesar. Cr. 490/2. Im September 1956 im Münzhandel Ludwig Grabow, Berlin, gekauft. Gutes sehr schön. Schätzung: 25.000 Euro. Endpreis: 172.500 Euro.
In den Monaten nach der Wahl zum Konsul ist auf dem Marsch ein Aureus entstanden, der am 5. März 2012 bei der Auktion Gorny & Mosch, Giessener Münzhandlung 203 unter Nr. 312 zum Verkauf angeboten wurde. Er zeigt auf der Vorderseite das jugendliche Porträt Octavians. Die Aufschrift lautet C(aius) CAESAR CO(n)S(ul) PONT(ifex) AVG(ustus).
Die letzten Namensbestandteile beziehen sich auf die Mitgliedschaft Octavians im Priesterkollegium der Pontifices, zu denen er seit dem Jahre 47 v. Chr. gehörte. Die Rückseite zeigt seinen Adoptivvater mit einem Kranz. Hier lesen wir C(aius) CAESAR DICT(ator) PERP(etuus) PONT(ifex) MAX(imus).
Geschätzt war dieses historisch so hoch bedeutende Stück mit 25.000 Euro. Doch dabei blieb es nicht. 172.500 Euro war ein begeisterter Sammler bereit, für diese Münze zu zahlen.
Politisch war diese Prägung allerdings schon wenige Monate später überholt. Octavian besaß einen neuen Titel, auf den er stolz sein konnte: Triumvir zur Wiederherstellung des Staates. Ende Oktober hatten sich Marcus Antonius, Lepidus und Octavian in Bononia (heute Bologna) getroffen, um zu einer Übereinkunft zu kommen. Gemeinsam würden sie die Macht im römischen Reich übernehmen und die Verhältnisse in ihrem Sinne neu regeln. Octavian hatte sich die Anerkennung der beiden wesentlich älteren Militärs erkämpft, auch wenn er dafür leichte Zugeständnisse hatte machen müssen. Aber kümmerte es ihn wirklich, dass er den unbequemen Cicero dafür opfern musste?
311: Römische Republik. Octavian und Marcus Antonius. Aureus, Herbst 40 v. Chr., mit Octavian ziehende Münzstätte (Mittel- oder Süditalien). Kopf des Marc Anton n. r. Rv. Kopf des Octavian n. r. Cr. 529/1. Ex Hess-Leu 2 (1959), 321. Gutes sehr schön. Schätzung: 25.000 Euro. Endpreis: 50.600 Euro.
Von der neuen Freundschaft zeugen zahlreiche Prägungen, die die drei Triumvirn in immer neuen Varianten im Münzbild zeigen. In Auktion Gorny & Mosch 203 kam unter Nr. 311 ein weiteres, sehr frühes Beispiel für so eine Emission zur Versteigerung. Es wurde im Herbst des Jahres 40 v. Chr. hergestellt. Die Schlacht von Philippi und die Niederlage der Caesarenmörder waren zum Zeitpunkt seiner Prägung bereits Geschichte, Marcus Antonius hatte Kleopatra getroffen und der Perusinische Krieg zwischen Octavian und dem jüngeren Bruder des Marcus Antonius hatte neue Verhandlungen notwendig gemacht. Im Vertrag von Brundisium im Herbst des Jahres 40 einigten sich die Triumvirn erneut auf ein gemeinsames Vorgehen. Und sie machten ihre Pläne im Münzbild deutlich. Auf der einen Seite sehen wir Marcus Antonius, auf der anderen Octavian. Beide erscheinen mit ihrem Namen und dem Titel IMP(erator).
So stellte man sich die rosige Zukunft vor: Überfluss und Friede in Italien. Im Jahr 13 v. Chr. versprach der Senat Augustus einen „Friedensaltar“, die Ara Pacis. Sie wurde vier Jahre später eingeweiht und eines ihrer Reliefs zeigt die bildliche Umsetzung der idyllischen Welt, die auch Vergil in seinen Eklogen besungen hatte. Quelle: Manfred Heyde / Wikipedia.
Als diese Münze geprägt wurde, schrieb Vergil seine 4. Ekloge. Er träumte von einem neuen, friedlichen Zeitalter, das mit der Geburt eines Kindes anbrechen würde. Doch diese Zeit lag in ferner Zukunft. Noch rund zehn Jahre mussten vergehen und unzählige Römer ihr Leben lassen, ehe sich Augustus als Alleinherrscher durchsetzte und vom Massenmörder zum Friedenskaiser mutierte.
Den Nachbericht zur Auktion und weiteren Ergebnisse finden Sie übrigens hier.