alle News

Sir Frederick Henniker: Notes during a visit to Egypt…

von Claire Franklin

Eine fast 200 Jahre alte Reisebeschreibung schildert die Welt auf eine ganz andere Art, als wir es heute tun würden, aber das macht eine Beschreibung wie diese ja gerade so interessant. Für uns spätere Leser mit historischen und numismatischen Interessen bietet solch ein Buch viele Einblicke in die Frühzeit des Tourismus und den Antiquitätenhandel in Ägypten, Nubien und Palästina mit Beschreibungen archäologischer Stätten, darunter Kairo, Jerusalem, Baalbek, Berg Sinai und vielen anderen.

Fr. Henniker, Notes during a visit to Egypt, Nubia, the Oasis Boeris, Mount Sinai, and Jerusalem. 2nd Edition, London, 1824, X+352 S.

Fr. Henniker, Notes during a visit to Egypt, Nubia, the Oasis Boeris, Mount Sinai, and Jerusalem. 2nd Edition, London, 1824, X+352 S.

Sir Frederick Henniker (1793-1825), 2. Baronet of Newton Hall, Great Dunmow in Essex, gehörte zum niederen englischen Adel. Im Jahr 1815 schloss er ein Universitätsstudium am St. John’s College, Cambridge, als BA ab, 1816 starb sein Vater, Sir Brydges Tregothick Henniker, und hinterließ ihm den Titel Baronet, und danach, in seinen frühen Zwanzigern, ging er auf eine Reise, die ihn durch Europa und den Nahen Osten, nach Jerusalem und schließlich nach Ägypten führte. In seinem Bericht, der 1823 veröffentlicht wurde, mit einer zweiten Auflage 1824, sehen wir die Welt durch die Augen eines frühreif gebildeten, aber noch jungen und manchmal etwas unerfahrenen Erzählers, der manches nur skizzenhaft schildert, aber voller Humor und Verständnis, der erklärt: „Wenn ich arabische Begriffe verwende, dann schreibe ich sie so, wie mein Ohr sie meinem Schreibstift diktiert“ (S. 7). Dieser Sinn für Humor durchzieht das ganze Buch; bei der Ankunft in Antinoe, wo Hadrians Favorit Antinoos starb, bemerkt er: „Wenn (Antinoos) gewusst hätte, dass auf solch eine Art an sein freiwilliges und persönliches Opfer erinnert werden würde, hätte er sich keinen besser geeigneten Platz dafür aussuchen können“ (S. 93). Henniker bemerkt auch: „Münzen werden hier in großen Mengen gefunden. Die Araber freuen sich, wenn sie sie den dummen und unwissenden Franken für ein paar Paras einwechseln können, denn mit dem alten Geld können sie kein Brot kaufen.“ (S. 95).

Halbleder mit Rückenschild. Mehrere Anmerkungen. Zustand II-III.

Halbleder mit Rückenschild. Mehrere Anmerkungen. Zustand II-III.

Überall in seinem Tagebuch kommentiert Henniker die Einflüsse, die der europäische Antiquitätenhandel auf die archäologischen Stätten hat. Über seinen Besuch am Nil schreibt er: „Die Obelisken der Kleopatra beeindrucken einen nicht, wenn man die in Rom kennt … einer von ihnen wird gerade für den Versand nach London fertig gemacht“ (S. 11). Cleopatra’s Needle, die heute am Victoria Embankment in London steht, war Großbritannien 1819 von Muhammed Ali Pascha geschenkt worden, aber wegen der Kosten und logistischen Probleme fand der Transport von Ägypten nach London tatsächlich erst 1877 statt. In Rosetta begegnete Henniker einer ähnlichen Situation: „Der dreisprachige Stein, der hier entdeckt wurde, ist jetzt im Britischen Museum zu finden; kein Objekt des Interesses bleibt außer den Gärten. Ich wünschte, sie wären auch in London“ (S. 21). Die Gier der Europäer nach Antiquitäten erschien den Einheimischen manchmal verwunderlich. Henniker schrieb, die arabischen Einwohner von Sais hätten ihm erzählt, dass „die Franken, die verrückten Franken, hierher kommen, um alles zu kaufen, was auch immer gefunden wird.“ Nur eine Statue war übriggeblieben, und das nur, weil „nicht einmal ein Engländer sie bewegen kann“ (S. 27). Jedenfalls bemühte man sich ganz deutlich, die europäische Nachfrage nach Antiquitäten zu befriedigen: „Etwa drei Stunden von Alexandria entfernt graben Arbeiter im Sand, sie nennen den Ort Canopus; ich konnte nicht sehen, dass ihre Arbeit etwas erbrachte, aber mir wurde gesagt, dass alles, was gefunden wurde, wieder verborgen wird, bis genug für den Verkauf beisammen ist.“ (S. 18). An anderer Stelle schreibt Henniker, die einheimischen Ägypter nähmen an, dass die Europäer nur deshalb Mumien sammeln, weil in ihnen Gold verborgen sei.

Im Anhang führt Sir Frederick Henniker mehrere Inschriften auf.

Im Anhang führt Sir Frederick Henniker mehrere Inschriften auf.

Immer mehr europäische Reisende unternahmen damals ihre „Grand Tour“ durch den Nahen Osten, aber der Bericht zeigt, dass die Reise nicht ohne beträchtliche Gefahr und Schwierigkeiten war, sogar für jemanden wie Henniker, der wohlhabend und gut ausgerüstet war (er besaß sogar eine gerade erst erfundene Davy-Sicherheitslampe für Bergleute, S. 98). Die Reise wird überschattet von einem Pestausbruch, über den Henniker schreibt: „Man weiß nichts Sicheres außer dass es furchtbar ist, und wie in allen anderen Ländern und bei anderen Krankheiten ist die Furcht ein Überträger“ (S. 8). Henniker erwähnt, wie schwierig es ist, örtliche Führer für Reisestrecken zu finden, beschreibt seine Bemühungen, seine christliche europäische Herkunft zu verbergen, und erzählt oft, wie er zu feilschen versucht. Sogar seine Versuche, Skizzen von dem zu zeichnen, was er sah – noch eine beliebte Angewohnheit der frühen Touristen – brachten Probleme: „Ich fing eine Skizze an – all meine Modelle rannten schreiend davon – die Dorfbewohner glaubten, ich wolle sie verhexen“ (S. 33).

Henniker hat ein waches Auge für ungewöhnliche Ereignisse und Situationen, auch wenn sein Enthusiasmus, immer noch mehr antike Ruinen zu besichtigen, manchmal gedämpft wird; so beschreibt er, wie er im Nil-Delta beinahe im Schlamm der Schwemmböden versank, während ein Reisebegleiter, ein Soldat, „der sehr viel wog, praktisch im Boden eingepflanzt war; ich überlegte schon, ob ich ihn nicht dort lassen sollte“ (S. 30). Bei einer anderen Gelegenheit, beim Besuch der Pyramiden, kamen er und sein Begleiter zu der Ansicht, die Pyramiden seien „nicht mehr als ein Haufen Steine“ (S. 75). Henniker stellt die islamische Tradition der nicht-bildlichen Kunst der europäischen Kunst gegenüber – „Was würden sie von unseren Denkmälern halten, die wir Männern (allgemein gesprochen) für das Zerstören errichten(?)“ (S. 59, Fußnote).

Frederick Henniker, trotz all seiner Fröhlichkeit, war nicht vom Glück begünstigt. Auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho wurde er ausgeraubt und nackt und verletzt liegengelassen. Er kehrte nach Großbritannien zurück, stellte sich für die Unterhauswahl als Kandidat für Reading, starb aber im Jahr 1825 im Alter von nur 32 Jahren. Was er hinterließ, war sein Reisebericht – ein Produkt seiner Zeit, aber ein gutmütiger und sehr lesbarer Einblick in die Anfänge des Kultur-Tourismus und den Antikenhandel des 19. Jahrhunderts.

Fr. Henniker, Notes during a visit to Egypt, Nubia, the Oasis Boeris, Mount Sinai, and Jerusalem. 2nd Edition, London, 1824, X+352 S. – Ein Exemplar dieses Buches wird als Los 1136 in der Auktion 50 der Münzen & Medaillen GmbH angeboten, die am 27. Juni 2023 in Weil am Rhein stattfindet.

Nichts mehr verpassen?

NEWSLETTER HIER ABONNIEREN