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Sberatel: Wo man die tschechischen Sammler trifft

von Ursula Kampmann

Nach Corona haben eigentlich alle Münzbörsen wieder einen gewaltigen Zulauf. Der Hunger nach der realen Begegnung mit einem Münzhändler, das physische Anfassen und Betrachten der begehrten Münzen, das scheint nun wieder geschätzt zu werden. Wir haben das in diesem Jahr bei der New York International erlebt, bei der TICC in Tokio, und ich war sehr neugierig, ob auch bei der Sberatel ein solcher Publikumszuwachs zu beobachten sein würde.

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Besucherandrang auf der Sberatel. Foto: BS.

Besucherandrang auf der Sberatel. Foto: BS.

Der tschechische Sammlermarkt

Jedes Mal, wenn ich die Sberatel besuche, bin ich überwältigt von der Menge an Sammlern, die vor dem Gelände darauf wartet, dass sich endlich die Tore öffnen. In Tschechien ist das Sammeln immer noch viel mehr Teil der Alltagskultur als – sagen wir – in Deutschland oder gar Frankreich und Spanien. Viele Menschen legen hier einen Teil ihrer Barschaft in Münzen an – und das quer durch alle Gesellschaftsschichten.

Besucherandrang auf der Sberatel. Foto: BS.

Besucherandrang auf der Sberatel. Foto: BS.

Ein Team kompetenter und freundlicher Helfer sorgt dafür, dass die Organisation stimmt. Foto: BS.

Ein Team kompetenter und freundlicher Helfer sorgt dafür, dass die Organisation stimmt. Foto: BS.

Woher kommen die vielen Sammler? Nun, wie gesagt, zumeist aus Tschechien und der Slowakei. Deutsch hört man in den Gängen dagegen kaum, und das obwohl Dresden lediglich anderthalb Autostunden, Linz drei Autostunden entfernt liegt. Deshalb braucht der Münzhändler aus dem Ausland auch einen Dolmetscher am Stand. Jedenfalls, wenn er mehr mit seinen potentiellen Kunden sprechen möchte, als „Das kostet so und so viel.“

Internationale Besucher kommen, aber es sind zumindest für mich viele unbekannte Gesichter dabei, denn die Sberatel ist eher für die Münzhändler im östlich benachbarten Ausland ein wichtiger Marktplatz, um das eigene Lager aufzufüllen. Sie bringen viel Kaufkraft mit, und das bedeutet, dass nicht – wie noch vor einigen Jahren – nur günstige Produkte im zweistelligen Bereich eine Chance haben. Ein Händler erzählte mir stolz, dass er mehrere Münzen im mittleren vierstelligen Bereich verkauft habe, und zwar nicht nur an Händler. Auch einige, wenige Sammler seien inzwischen bereit, größere Summen zu investieren.

Eine lange Schlange sammelte sich am Stand der Verkaufsstelle für Münzen des Vatikans. Foto: BS

Eine lange Schlange sammelte sich am Stand der Verkaufsstelle für Münzen des Vatikans. Foto: BS

Die Kauffreude ist auf jeden Fall enorm, vor allem wenn es um zeitgenössische Münzen geht. Die Verkaufsstelle für Münzen des Vatikans besucht ja seit kurzem wieder verschiedene Münzbörsen. Wir sahen sie an der World Money Fair, an der Numismata in München, an der World’s Fair of Money der ANA, aber bei keiner Messe habe ich so eine lange Schlange von Kunden gesehen, die Produkte des Vatikans kaufen wollten!

Sberatel heißt Sammler

Die Veranstalter, die Brüder Petr und Jindřich Jirásek, organisieren die Sberatel mittlerweile seit mehr als einem Jahrzehnt. Sie haben das Event bereits von ihrem Vater übernommen. Er entwickelte das Konzept, das sich von den meisten Münzbörsen unterscheidet. Die Sberatel heißt nämlich nicht umsonst so. Sberatel ist das tschechische Wort für Sammler und ihre Zielgruppe sind eben nicht nur Münzsammler, sondern alle Sammler. Zwar sind die Münzen das Zugpferd und nehmen den größten Teil des Geländes ein. Aber es gibt auch ein breites philatelistisches Angebot. Wer Postkarten, Aktien, Antiquitäten sucht, der wird ebenfalls Interessantes finden. Und mittlerweile gibt es einen eigenen kleinen Raum, der sich ausschließlich an die Fans der Mineralogie und der Paläontologie richtet. Am Sonntag kommt noch eine Messe für Schallplatten hinzu.

Auch im deutschen Raum hat es einmal eine vergleichbare Messe gegeben. In Stuttgart wurde dieses spartenübergreifende Konzept erprobt. Allerdings hat es sich dort nicht bewährt. Vielleicht weil es der falsche Zeitpunkt war, damals war die Nachfrage nach Münzen auf ihrem Tiefspunkt. Vielleicht auch, weil es im deutschsprachigen Raum zu viele Spezialmessen für jedes einzelne Sammelgebiet gibt. Warum sich einen kleinen Saal mit Mineralien ansehen, wenn jeden Oktober die größte Mineralienmesse Europa keine 200 Kilometer entfernt die Tore öffnet? Die Sberatel in Prag hat dagegen nicht mit so viel Konkurrenz zu kämpfen. Sie ist die konkurrenzlose Marktführerin.

Übrigens, durch dieses gemischte Konzept lässt sich der relativ hohe Frauenanteil im Publikum zwanglos erklären. Mal ganz abgesehen davon, dass Frauen sowieso kostenlosen Eintritt haben, müssen sie nicht neben ihren Männern stehen und warten. Sie finden jede Menge Alternativen.

Der 0-Euro-Schein anlässlich 75 Jahre 2CV

Der 0-Euro-Schein anlässlich 75 Jahre 2CV

Nein, keine richtigen Briefmarken, aber eine tolle Idee für alle Enten-Fans, die das auch auf ihren Briefumschlägen zeigen wollen.

Nein, keine richtigen Briefmarken, aber eine tolle Idee für alle Enten-Fans, die das auch auf ihren Briefumschlägen zeigen wollen.

Die tschechische Post gibt zusammen mit der Sberatel die Postkartenserie „Legenden“ heraus.

Die tschechische Post gibt zusammen mit der Sberatel die Postkartenserie „Legenden“ heraus.

Für die Präsentationen gibt es eine kleine Veranstaltungsbühne. Foto: BS

Für die Präsentationen gibt es eine kleine Veranstaltungsbühne. Foto: BS

Eine numismatische Publikumsmesse

In noch einem wesentlichen Detail unterscheidet sich die Sberatel von den traditionellen Münzmessen. Während diese höchstens numismatische Vorträge, Ausstellungen oder Workshops organisieren, gibt es in Prag echte Publikumsevents.

Nehmen wir zum Beispiel die 0-Euro-Note, die 2023 zum Jubiläum 75 Jahre „Ente“ herausgegeben wurde. Natürlich wäre der Verkauf der begehrten Note schon ein Event an sich. Die Käufer warteten stundenlang, um ein Exemplar zu erhalten. Zum Teil hatten sie sich dafür eigens kleine Camping-Hocker mitgebracht.

Aber dazu fanden die Enten-Fans eine echte Ente im Ausstellungsraum, und zwar genau die Ente, mit der die Rennfahrerin Bára Holická und ihre Beifahrerin Lucie Engova, die Schwester des einzigen tschechischen F1-Piloten Tomáš Enge, demnächst zur Rallye Paris-Dakar antreten werden. Die beiden Rennfahrerinnen waren persönlich anwesend. Und die Sberatel gab zusätzlich eine Art Briefmarkenblock ohne Wertbezeichnung heraus, der mit Enten-Motiven bedruckt war. Mit Aktionen wie dieser erreicht die Sberatel nicht nur die traditionellen Sammler. Wer sich für die gute alte Ente begeistern kann, dürfte dieses Event ebenfalls reizvoll gefunden haben.

In diesen Zusammenhang gehört auch der Auftritt von Ondřej Moravec, des erfolgreichsten tschechischen Biathleten. Er signierte die von Sberatel und tschechischer Post zusammen herausgegebenen Sammelpostkarte.

Das Team von Künker: In der Mitte Petr Kovaljov und Ursula Kampmann. Foto: BS

Das Team von Künker: In der Mitte Petr Kovaljov und Ursula Kampmann. Foto: BS

Das Team von Emporium Hamburg. Foto: BS

Das Team von Emporium Hamburg. Foto: BS

Das Team des europäischen Zweigs vom amerikanischen Auktionshaus Heritage. Foto: BS

Das Team des europäischen Zweigs vom amerikanischen Auktionshaus Heritage. Foto: BS

Das Team von Via, ganz rechts der Gründer dieses Auktionshauses Raphael Hiltbrunner. Foto: BS

Das Team von Via, ganz rechts der Gründer dieses Auktionshauses Raphael Hiltbrunner. Foto: BS

Das Team von Katz Auctions. Foto: BS

Das Team von Katz Auctions. Foto: BS

Ein Vertreter von PCGS warb für die amerikanische Form des Gradings. Foto: BS

Ein Vertreter von PCGS warb für die amerikanische Form des Gradings. Foto: BS

Der Veranstalter der MIF lud ein zu seinem Event in Maastricht. Foto: BS

Der Veranstalter der MIF lud ein zu seinem Event in Maastricht. Foto: BS

Winfried Frühwald präsentierte gleich mehrere Unternehmungen: Numis24, ein Auktionsportal, die Zeitschrift MoneyTrend und - natürlich - für seine Münzhandlung. Foto: BS

Winfried Frühwald präsentierte gleich mehrere Unternehmungen: Numis24, ein Auktionsportal, die Zeitschrift MoneyTrend und – natürlich – für seine Münzhandlung. Foto: BS

Box oder Tisch? Welche Händler findet man an der Sberatel?

Ist die Sberatel also vor allem etwas für den kleinen Sammler, der für wenig Geld Gegenwartssammelobjekte kauft in der Hoffnung, dass sie irgendwann mehr wert werden? Nun, sicher nicht. In den großen Boxen am Eingang stehen einige große europäische Auktionshäuser bereit, um mit ihren Auktionskatalogen um neue Kunden, aber auch um Einlieferungen zu werben. Vor allem im letzten Jahr gingen die Geschäfte glänzend. Das sollte nicht verwundern, nach der langen Zwangspause konzentrierten sich die versäumten Transaktionen der Corona-Jahre alle auf einen Messetermin. Aber nun ist dieser Geschäftsbereich wieder auf das Vor-Corona-Niveau gesunken, worüber einige Teilnehmer etwas enttäuscht schienen.

Die kleineren Händler an den Tischen strahlten dagegen. Viele von ihnen kommen jedes Jahr wieder und wissen inzwischen genau, welche Ware sie mitzubringen haben. Das beschert ihnen ein gutes Geschäft. Sie schätzen darüber hinaus den wunderschönen Rahmen, den die goldene Stadt Prag bietet. Und sie lieben die familiäre Atmosphäre der Sberatel. Silvano Rossi, selbst ein erfahrener Veranstalter der Ludwigsburger Münzbörse, macht seinen Kollegen ein großes Kompliment: „Egal, wie hektisch es wird, sie nehmen sich immer Zeit, jeden einzelnen Händler persönlich zu begrüßen. Ich fühle mich hier sehr willkommen.“

Und das ist eigentlich die Quintessenz der Sberatel. Man fühlt sich wohl. Auch wenn vielleicht die Sicherheitskonzepte nicht dem aktuellsten Stand entsprechen und die Halle teilweise ungemütlich heiß wurde: Es herrscht eine positive Grundstimmung, die viele Sammler und Händler dazu veranlasst, jedes Jahr wieder zu kommen.

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