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ROMA Numismatics schließt am 24. Mai 2024 seine Türen

von Ursula Kampmann

Am 24. Mai 2024 endet ein eher trauriges Kapitel der Geschichte der britischen Numismatik. Wie die Antiques Trade Gazette berichtet, schließt das Auktionshaus ROMA Numismatics seine Pforten. In einer letzten Auktion am 24. und 25. April 2024 wurde anscheinend das gesamte restliche Inventar sowie Münzschränke und BeBa-Kästen versteigert.

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Ein Rebell des Münzhandels

Als Richard Beale mit seiner neu gegründeten Münzhandlung antrat, wunderten sich Branchenkenner, wie es ihm so schnell gelingen konnte, umfangreiche Einlieferungen für seine Auktionen zu akquirieren. Bereits am 15. Oktober 2010 fand im noblen Cavendish Hotel die erste Saalauktion statt. Wer den damaligen Auktionskatalog durchblättert, wird alles andere als den typischen Katalog eines gerade erst gegründeten Auktionshauses vorfinden. Unter den 556 Stücken befand sich bereits eine hochrangige Sammlung von besterhaltenen und seltenen Republikdenaren sowie insgesamt 35 Münzen mit Schätzungen im fünfstelligen Bereich. Dagegen hatten nur rund 30 der angebotenen Lose eine nachvollziehbare Herkunft.

Die zweite Auktion war noch beeindruckender. Sie enthielt eine mit 125.000 Pfund geschätzte athenische Dekadrachme, die mit 150.000 Pfund zugeschlagen wurde. Sie stammte „aus einer englischen Privatsammlung“ und war erstmals 2009 in der Schweizer Numismatischen Rundschau publiziert worden.

Natürlich rätselten viele, mit welchen Argumenten Richard Beale sich so viele attraktive Einlieferungen für ROMA sicherte. Das lag nicht nur an Beales gewinnendem und kompetenten Auftreten. Ein entscheidender Grund war sein kompromissloses Unterbieten arrivierter Auktionshäuser, sobald es um das Aufgeld für Einlieferer ging. Auf der Website wirbt ROMA immer noch mit 0% Verkaufsprovision, 50% zinslosem Vorschuss auf die Schätzung der eingelieferten Münzen sowie einem schnellen Verkauf mit Umschlagszeiten oft innerhalb eines Monats.

Diese Politik machte ROMA zum größten britischen Auktionshaus für Münzen mit einem Umsatz von 16 Mio. Pfund im Jahr 2022, wie die Art Trade Gazette recherchierte. Sie stellt auch fest, dass ROMA im Jahr 2023 immer noch solide 12,5 Mio. Pfund umsetzte, und das trotz des Skandals, der im März 2023 die Münzwelt erschütterte.

M. Iunius Brutus. Aureus, 42 v. Chr., Heeresmünzstätte im Osten. Aus Auktion Roma XX (2020), Los 463. Zuschlag: 3.240.000 Pfund.

M. Iunius Brutus. Aureus, 42 v. Chr., Heeresmünzstätte im Osten. Aus Auktion Roma XX (2020), Los 463. Zuschlag: 3.240.000 Pfund.

Gefälschte Provenienzen

Während der Münchner NUMISMATA wurde nämlich bekannt, dass Richard Beale im Januar 2023 bei seiner Einreise nach New York verhaftet worden war. Die Staatsanwaltschaft Manhattan beschuldigte ihn und den international gut vernetzten Münzhändler Italo Vecchi, die Provenienz eines Brutus-Aureus mit der Aufschrift EID MAR gefälscht zu haben. Weltweite Aufmerksamkeit erhielt diese Meldung vor allem deshalb, weil eben dieser Aureus im Oktober 2020 mit einem Zuschlag von 3,24 Mio. britischen Pfund zur teuersten antiken Münze der Welt geworden war. Dieser Rekord wurde übrigens im Mai 2023 eingestellt. Während einer weiteren Anhörung vor dem New York Supreme Criminal Court am 14. August 2023 gestand Richard Beale, diese und andere Straftaten im Sinne der Anklage begangen zu haben. Es konnte nachgewiesen werden, dass Baron Dominique de Chambrier das Auktionshaus ROMA noch im Oktober 2020 mit einer E-Mail und einem Brief aufgefordert hatte, die falsche Provenienz für den EID-Mar-Aureus sowie eine Tetradrachme aus Naxos zurückzuziehen, die angeblich aus seinem Besitz stammen sollten.

Darüber hinaus wurden die Vorgänge um den Gaza-Hoard thematisiert, dessen Schicksal ein großes Recherche-Team der BBC in einer 2020 veröffentlichten Dokumentation publizierte. Im Verlauf der journalistischen Arbeit konfrontierten Vertreter der BBC Richard Beale mit ihrer fundierten Vermutung, dass die bei ihm versteigerten Alexander-Dekadrachmen Bestandteil des Gaza-Horts gewesen seien. Als Provenienz war entweder eine kanadische oder eine europäische Privatsammlung angegeben. Richard Beale reagierte mit folgendem Statement: „We were satisfied that the consignor(s) were known to us, and had an established record of professionalism and trust. Furthermore, we were provided with information that the items had entered the UK from an origin country that raised no concern.“ Tatsächlich war ihm, wie er vor der New Yorker Richterin bekannte, bewusst, dass die Münzen aus dem Gaza-Hort stammten. Die erfundenen Provenienzen dienten dazu, diese Tatsache zu verschleiern.

Konsequenzen für den Münzhandel

Bei der Schließung von ROMA Numismatics scheint es sich um eine sauber geplante und fair durchgeführte Aktion zu handeln. Kunden, die noch Ware bei ROMA hatten (und haben), wurden gebeten, sich mit dem Sekretariat in Verbindung zu setzen. Eine Reihe von Mitarbeitern hat in den vergangenen Wochen neue Arbeitsstellen bei anderen Auktionshäusern gefunden.

Das Verschwinden des wichtigsten numismatischen Auktionshauses auf dem britischen Markt schafft Raum für andere Auktionshäuser. Gewinner dürften bekannte Marken wie Baldwin’s und Spink sein, aber auch Newcomer wie The Coin Cabinet, das sein Portfolio auf den Handel mit antiken Münzen erweitert hat. Immerhin bezeichnet sich die von Andreas Afeldt gegründete Firma als „The UK’s fastest-growing coin auction company“.

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