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Römische Steingebäude im Kanton Zug entdeckt

Erstmals seit fast 100 Jahren sind auf Zuger Boden wieder Reste großer römischer Steingebäude entdeckt worden. Fachleute des Amts für Denkmalpflege und Archäologie fanden Anfang Jahr im Kiesabbaugebiet Äbnetwald bei Cham-Oberwil Mauerreste, die zu einem eindrücklichen Gebäudekomplex gehören. Die Entdeckung ist für den Kanton Zug eine archäologische Sensation und wird wichtige Erkenntnisse über die Römer in der voralpinen Zentralschweiz liefern.

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Luftaufnahme der aktuellen Ausgrabung in Cham-Äbnetwald mit Blick auf die Alpen. Unter dem Zelt befindet sich ein Teil des römischen Gebäudes. (Foto: ADA Zug, David Jecker).

Luftaufnahme der aktuellen Ausgrabung in Cham-Äbnetwald mit Blick auf die Alpen. Unter dem Zelt befindet sich ein Teil des römischen Gebäudes. (Foto: ADA Zug, David Jecker).

Ein Zelt auf der Anhöhe im Äbnetwald bei Cham-Oberwil schützt den Hauptbereich der großflächigen Fundstelle vor Hitze und Regen. Spezialistinnen und Spezialisten des Amts für Denkmalpflege und Archäologie sind aktuell daran, die vor rund 2000 Jahren errichteten Mauern sorgfältig freizulegen. Diese erstrecken sich auf einer Fläche von mindestens 500 m2 und gehören zu einem Gebäudekomplex mit verschiedenen Räumen.

Ausgräber (von links nach rechts: Hicham Zbair, Janik Nussdorfer, Riccardo Gerlach) legen die unmittelbar unter dem Waldboden liegenden Teile einer römischen Mauer frei. (Foto: ADA Zug, David Jecker).

Ausgräber (von links nach rechts: Hicham Zbair, Janik Nussdorfer, Riccardo Gerlach) legen die unmittelbar unter dem Waldboden liegenden Teile einer römischen Mauer frei. (Foto: ADA Zug, David Jecker).

Einzigartig für den Kanton Zug

Die Entdeckung solch groß angelegter Gebäudestrukturen aus der Römerzeit ist für den Kanton Zug außerordentlich: „Römische Bauten ähnlicher Dimension wurden zuletzt vor fast 100 Jahren in Cham-Heiligkreuz ausgegraben“, erklärt Gishan Schaeren, Leiter der Abteilung Ur- und frühgeschichtliche Archäologie. „Erstaunt hat uns zudem, dass die obersten Mauersteine sogar obertägig sichtbar waren“. Christa Ebnöther, Professorin für Archäologie der Römischen Provinzen an der Universität Bern, ordnet ein: „Solche baulichen Relikte aus der römischen Zeit sind im voralpinen Raum nur wenige bekannt – im Gegensatz zu anderen Regionen. Erstaunlich ist zudem die im Vergleich sehr gute Erhaltung der Überreste“. Der gesamte Umfang der römischen Bebauung im Äbnetwald ist noch nicht bekannt. Ebenso ist noch unklar, welche Funktion dieser Monumentalbau genau hatte. Handelt es sich um eine Villa mit Weitsicht oder ein Tempelgebäude? Dies herauszufinden, wird Gegenstand der weiteren Untersuchungen sein.

Blick auf einen Teil der freigelegten Mauern mit bereits erkennbarer Raumaufteilung. Im Raum im Bildvordergrund sind noch Reste der Bodenkonstruktion erhalten. (Foto: ADA Zug, David Jecker).

Blick auf einen Teil der freigelegten Mauern mit bereits erkennbarer Raumaufteilung. Im Raum im Bildvordergrund sind noch Reste der Bodenkonstruktion erhalten. (Foto: ADA Zug, David Jecker).

Tafelgeschirr und Amphoren deuten auf überregionalen Handel

Zwischen den Mauern stießen die Fachleute neben Alltagsgegenständen auch auf exklusivere Objekte aus der Römerzeit. Darunter finden sich beispielsweise Teile von importiertem römischem Tafelgeschirr, so genannte Terra Sigillata, und von kunstvoll hergestellten Glasgefäßen. Fragmente von Amphoren, in denen unter anderem Wein, Olivenöl und Fischsauce vom Mittelmeerraum bis zum Äbnetwald bei Cham gelangten, zeugen vom weitreichenden Handel in römischer Zeit. Große Mengen an Eisennägeln sprechen für eine Holzkonstruktion auf dem vorliegenden Mauerfundament. Ein weiterer außergewöhnlicher Fund ist ein Goldfragment, das ursprünglich wohl zu einem Schmuckstück gehörte.

Kleine Auswahl an römischen Funden (von oben links nach unten rechts): Ein Amphorenboden, die Scherbe einer Reibschüssel, das Randstück einer kleinen Schale römischen Tafelgeschirrs mit rotem Überzug (Terra Sigillata), vier Münzen in Fundzustand, davon eine aus Silber von Julius Caesar, Fragment eines Goldobjekts, Stücke einer Vierkantflasche und einer Rippenschale aus blauem Glas. (Foto: ADA Zug, Res Eichenberger).

Kleine Auswahl an römischen Funden (von oben links nach unten rechts): Ein Amphorenboden, die Scherbe einer Reibschüssel, das Randstück einer kleinen Schale römischen Tafelgeschirrs mit rotem Überzug (Terra Sigillata), vier Münzen in Fundzustand, davon eine aus Silber von Julius Caesar, Fragment eines Goldobjekts, Stücke einer Vierkantflasche und einer Rippenschale aus blauem Glas. (Foto: ADA Zug, Res Eichenberger).

Exklusive Lage mit Weitsicht

Dass die Römer die erhöhte Lage beim Äbnetwald als Standort für ihre Gebäude ausgesucht hatten, erstaunt nicht. Sie bot einen hervorragenden Aus- und Überblick auf die umliegende Landschaft, die der Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln diente. Auch dass der Kieshügel bei Oberwil bereits Jahrtausende vor den Römern mehrfach besiedelt war, zeugt von der Attraktivität dieses Standortes. In unmittelbarer Nähe konnten in den letzten Jahrzehnten wertvolle archäologische Funde gesichert werden, so zum Beispiel die Reste einer Siedlung aus der mittleren Bronzezeit, Gräber aus der späten Bronzezeit und zahlreiche Münzen aus der keltischen Epoche.

Neben Kupfer- und Bronzemünzen wurde auch eine Silbermünze (Denar) von Julius Caesar aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. gefunden. Das Münzbild zeigt auf der abgebildeten Vorderseite einen Elefanten, der einen Drachen bzw. eine Schlange niedertrampelt. (Foto: ADA Zug, Res Eichenberger).

Neben Kupfer- und Bronzemünzen wurde auch eine Silbermünze (Denar) von Julius Caesar aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. gefunden. Das Münzbild zeigt auf der abgebildeten Vorderseite einen Elefanten, der einen Drachen bzw. eine Schlange niedertrampelt. (Foto: ADA Zug, Res Eichenberger).

Beispielhafte Zusammenarbeit

Der großflächige Kiesabbau der Risi AG im Äbnetwald wird vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie seit den 1990er-Jahren mit Rettungsgrabungen systematisch begleitet. Mit rund einem Jahr Vorsprung untersuchen die Archäologinnen und Archäologen die obersten Schichten des Kieshügels, bevor dieser abgetragen wird. „Dank dieser beispielhaften Zusammenarbeit konnten wir in den vergangenen Jahren zahlreiche Befunde dokumentieren und wertvolle Funde retten“, so Karin Artho, Leiterin des Amts für Denkmalpflege und Archäologie. „Diese Puzzleteile ermöglichen es, dem Leben unserer Vorfahren auf die Spur zu kommen und unsere Geschichte besser zu verstehen.“

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