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Pobjoy schließt Ende des Jahres seine Tore

von Ursula Kampmann

Für jeden, der sich noch an den Boom des Münzsammelns in den 1970er Jahren erinnert, ist Pobjoy eine Art Ikone. Lange Zeit stand dieser Name geradezu synonym für die Produktion von Non Circulating Legal Tender mit attraktiven und publikumsorientierten Motiven. Die Offenheit gegenüber neuen Techniken und die kompromisslose Ausrichtung am Geschmack einer breiten Öffentlichkeit machte den Namen Pobjoy unter traditionellen Münzsammlern geradezu zu einem Schimpfwort. Dass die Produkte von Pobjoy einen gigantischen Erfolg bei neuen Sammlern hatten und dem Hobby ganz neue Schichten von Münzbegeisterten erschlossen, ignorierten Pobjoys Kritiker dabei völlig.

Nun schließt die Pobjoy Mint ihre Tore zum Ende des Jahres 2023. Nach 58 Jahren.

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Taya Pobjoy, die Geschäftsführerin von Pobjoy, hat die Schließung des Unternehmens bekanntgegeben. Im Hintergrund viele Erfolge der Münzstätte, wie die COTY-Auszeichnungen. Foto: Michael Alexander, London Banknote and Monetary Research Centre.

Taya Pobjoy, die Geschäftsführerin von Pobjoy, hat die Schließung des Unternehmens bekanntgegeben. Im Hintergrund Trophäen der vielen Erfolge der Münzstätte, wie die COTY-Auszeichnungen. Foto: Michael Alexander, London Banknote and Monetary Research Centre.

Der Einfluss von Pobjoy auf den Münzenmarkt

Alles begann im Jahr 1965, als Derek Pobjoy sich entschloss, neben seiner Schmuckfertigung eine gebrauchte Münzpresse zu kaufen, auf der er seine erste Medaille prägte. Er war ein Quereinsteiger und schleppte keinen Ballast an numismatischem Wissen mit sich herum. Stattdessen besaß er ein hervorragendes Gespür dafür, was der Markt verlangte. Und in den 1960er und 1970er Jahren schrie der Markt nach Sammel- und Anlageprodukten. Die traditionellen Münzstätten mit ihren langweiligen Motiven und staatlichen Beschränkungen waren nicht in der Lage, diese Nachfrage zu befriedigen. Und als die Pobjoy Mint mit der Isle of Man ihren ersten Lizenzvertrag schloss, war das ein Gewinn für alle: Für Pobjoy, die Isle of Man und die Sammler. 

Pobjoy gestaltete attraktive, marktorientierte Münzen, die einer breiten Öffentlichkeit gefielen. Damit gab es plötzlich eine Alternative zu den drögen Politikern, Dichtern und Philosophen, wie sie die staatlichen Gedenkmünzen bevölkerten. Die Pobjoy Mint mischte – an der Spitze von anderen privaten Münzstätten wie der Schweizerischen Huguenin – den Markt auf und setzte in Zusammenarbeit mit den Direkt Marketing Gesellschaften völlig neue Standards. Sehr zum Abscheu der traditionellen Sammlerschaft. Die Öffentlichkeit dagegen liebte, was Pobjoy tat. Die Pobjoy Mint etablierte sich auf dem Markt für moderne Münzen. Ihre Designs wurden stilbildend. 

Pobjoys „Penny Black“ von 1990, ausgegeben für die Isle of Man, war ein großer Erfolg. 2015 wurde die Münze anlässlich des 175. Jubiläums der bekannten Briefmarke aktualisiert herausgegeben. Foto: Pobjoy Mint.

Pobjoys „Penny Black“ von 1990, ausgegeben für die Isle of Man, war ein großer Erfolg. 2015 wurde die Münze anlässlich des 175. Jubiläums der bekannten Briefmarke aktualisiert herausgegeben. Foto: Pobjoy Mint.

Der 1984 für die Isle of Man ausgegebene Angel in Gold gewann 1986 – schon bei der dritten Veranstaltung dieses Wettbewerbs! – einen COTY in der Kategorie schönste Goldmünze. Derek und Taya Pobjoy sollten noch viele weitere Trophäen ins heimische Surrey tragen. In den 1990er Jahren gehörte Pobjoy nämlich zu den weltweit erfolgreichsten Münzstätten. So waren ihre Produkte 1991 in acht COTY Kategorien nominiert und 1992 gewann die Penny Black Crown neben dem Coin of the Year Award zwei weitere Kategorien als innovativste sowie als beste Münze in Crown Größe. Auch den Preis als populärste Münze räumte Pobjoy in diesem Jahr ab. Besuchen Sie die Website von Pobjoy. Dort sind noch viele weitere Erfolge gelistet, darunter die Entwicklung einer eigenen Neusilbervariante sowie der Prägung von kolorierten Titan-Münzen.

Heute ist das, was Pobjoy in den 1990er Jahren zum Erfolg führte, in allen Münzstätten Tagesgeschäft. Selbst die extrem konservative Münze Deutschland probiert sich in Farbprägung und zumeist von anderen entwickelten Techniken. Inzwischen haben alle staatlichen Münzstätten das Erfolgsmodell der privaten Prägeanstalten verinnerlicht. Und weil staatliche Münzstätten über ganz andere Ressourcen verfügen, sehen sich die privaten Münzstätten in die Enge gedrängt. Sie können, wie zum Beispiel B. H. Mayers Kunstprägeanstalt in München, stets neue Techniken erarbeiten und auf den Markt bringen. Doch das ist anstrengend, teuer und verlangt ständiges Feilen am Endprodukt. Oder sie schließen. Wie Huguenin und Pobjoy.

Taya Pobjoy, Geschäftsführerin der Pobjoy Mint, hat dabei einen besseren Weg als Huguenin gewählt. Sie kontrolliert und kommuniziert das Ende von Pobjoy offen und gibt so allen Sammlern die Möglichkeit, die letzten über die Website verfügbaren Münzen zu kaufen. Man darf ihr wünschen, dass die letzte Münze der Pobjoy Mint, die sie in einem Interview bereits angekündigt hat, ein großartiges Geschäft für die Münzstätte wird.

Das Firmengelände der Pobjoy Mint in Surrey.

Das Firmengelände der Pobjoy Mint in Surrey.

Warum muss Pobjoy schließen?

Dass Pobjoy schließt, ist traurig, überrascht Kenner des Marktes allerdings nicht. Das Problem ist die Überproduktion an Gedenkmünzen, die aktuell den Markt geradezu überschwemmen. Seit Jahren rüsten alle Münzstätten auf und kaufen immer schnellere, bessere, präzisere Maschinen. Um sie auszunutzen und die Kosten zu amortisieren, werden immer größere Mengen von Münzen geprägt. Und weil immer weniger Umlaufmünzen nachgefragt werden, versuchen die staatlichen Münzstätten mit Gedenkmünzen – fürs eigene Land oder in Lizenz für Drittländer – die Kapazitäten zu füllen. Wer bei diesem Wettstreit der Investitionen nicht mehr mithalten kann, bleibt auf der Strecke. So zum Beispiel ein kleines, familiengeführtes Unternehmen wie Pobjoy.

Denn weltweit werden viel mehr Gedenkmünzen geprägt, als der Markt aufnehmen kann. Und das obwohl der Münzenmarkt boomt, wie er es seit Jahrzehnten nicht getan hat. Der aktuelle Boom übertrifft sogar den der 1970er Jahre!

Das heißt, gekauft wird, allerdings nur das, wovon sich die Käufer Werterhalt oder gar Wertsteigerung versprechen. Die staatlichen Münzstätten haben an dieser Stelle derzeit noch einen Vertrauensvorschuss. Doch der wird bald vergeben sein, wenn die Verantwortlichen weiterhin auf möglichst viele verschiedene Produkte und gigantische Auflagen setzen, ohne sich darum zu kümmern, was die Kunden bekommen, wenn sie ihre Münzen wieder verkaufen. Leider interessiert diese Frage immer noch viel zu wenige Münzstätten.

Pobjoy hat es auch nicht interessiert. Und das führt uns zu einer weiteren Frage.

Große unverkäufliche Marken

Denn es ist doch bemerkenswert, dass sich anscheinend niemand gefunden hat, der den Namen dieser etablierten Marke hätte kaufen wollen. Das gleiche Phänomen konnte man bei der mehr als 150 Jahre alten privaten Prägestätte Huguenin beobachten.

In jeder anderen Branche wären solch eingeführte Marken viel Geld wert. Warum gilt das nicht im gleichen Maße für den Bereich der privaten Prägestätten? Könnte es daran liegen, dass zwei Generationen von Sammlern mit dem Verkauf von Pobjoy und Huguenin-Produkten negative Erlebnisse verbinden? Die hohen Auflagen, die vielen Ausgaben und das Fehlen eines funktionierenden Zweitmarkts hinterließen unzählige enttäuschte Sammler. Jeder einzelne von ihnen dürfte entsetzt gewesen sein, als er beim Besuch eines Münzhändlers erfuhr, was ihm dieser für seine ihm als kostbar verkauften Investitionen noch zu geben bereit war.

Marken funktionieren eben nur, wenn man sie mit positiven Werten und Erinnerungen verbindet. Und das haben Pobjoy und Huguenin verspielt.

Trotzdem erfüllt mich das Ende eines so wichtigen Players auf dem internationalen Münzmarkt mit Trauer. Wobei der Name Pobjoy nicht völlig verschwinden wird. Richard Cunningham, Ehemann von Taya Pobjoy, hat zum Ursprung der Pobjoy-Dynastie zurückgefunden. Er ist wieder in die Schmuckproduktion eingestiegen. Und wer weiß? Vielleicht kauft irgendein ferner Nachfahre in weiter Zukunft dann wieder eine gebrauchte Münzpresse, um die Münzwelt zu revolutionieren.

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