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CDN kauft Whitman: Was bedeutet das für den Münzenmarkt?

von Ursula Kampmann

CDN Publishing erwirbt Whitman Publishing – so lautet der Titel einer kurzen Pressemeldung, die geeignet ist, den numismatischen Markt entscheidend zu beeinflussen. Für all diejenigen, denen die Namen der amerikanischen Firmen nichts sagen: CDN Publishing steht hinter dem Greysheet. Das Greysheet liefert gewissermaßen Börsenkurse für die amerikanische Münzen und ist ein zentraler Grund dafür, warum diese von vielen Durchschnittsamerikanern gekauft werden, um als Teil ihrer Altersvorsorge zu dienen. Dank Greysheet und professionellem Grading, wie es NGC und PCGS bieten, fühlen sich in den USA auch Nicht-Sammler in der Lage, den Wert einer Münze risikolos zu bestimmen.

Inhalt

Wer steht hinter dem Greysheet?

Das Greysheet gibt es seit vielen Jahren, allerdings wird es seit 2015 immer aktiver. Das liegt daran, dass das Unternehmen im Jahr 2015 von einer Gruppe von Investoren gekauft wurde. Ihre Namen sind auf dem amerikanischen Markt nur allzu gut bekannt: Steve Eichenbaum, langjähriger CEO der Certified Collectibles Group – Muttergesellschaft von NGC, Mark Salzberg, langjähriger CEO von NGC, Steve Ivy, CEO von Heritage, und Jim Halperin, Mitgründer von Heritage. John Feigenbaum, der für CDN Publishing verantwortlich zeichnet, kommt ebenfalls aus dem Münzhandel. Er übernahm von seinem Vater die Münzhandlung David Lawrence – Rare & Certified Coins, die sich auf ihrer Website als „Marktführer im Handel und der Versteigerung von seltenen US-Münzen, zertifiziert von PCGS, NGC und CAC“ bezeichnet.

Mit anderen Worten: Das Greysheet wird von denen betrieben, denen daran gelegen ist, aus dem „Hobby“ Münzsammeln ein weit verbreitetes „Investment“ zu machen. Denn damit erhöht sich ihr Umsatz und ihre Rendite. Die Grading Companies sind nämlich in erster Linie die Gewinner, wenn das Münzsammeln zum Investment wird. Sie sind ein zentrales Element, weil Investoren sich mit Erhaltungen nicht auskennen. Sie wollen keine Zeit verlieren, um zu lernen, wie man sich selbst ein Urteil bildet. Deshalb müssen sie sich auf andere verlassen – und das bedeutet einen steten Strom an Einlieferungen für NGC und seine Mitbewerber.

Gewinner sind aber auch all die Auktionshäuser, die im Hochpreissektor unterwegs sind. Nennen wir hier Heritage und seinen schärfsten Konkurrenten Stack’s Bowers. Der Grund ist einfach: Ihr Gewinn berechnet sich prozentual zum Verkaufspreis.

Was könnte der Ankauf von Whitman Publishing bewirken?

In USA und Asien funktioniert ihr Modell hervorragend! In Europa nicht. Das liegt auch daran, dass es in Europa andere Formen der Altersvorsorge gibt. Deshalb werden bisher auf dem europäischen Markt nur dann Münzen gegradet, wenn die Verkäufer hoffen, auf dem internationalen Markt höhere Preise dafür zu erzielen.

Die Frage ist, ob sich das mit dem Ankauf von Whitman Publishing ändert. Nun, Whitman konzentrierte sich bisher auf den amerikanischen Markt. Der Verlag publiziert unter anderem das berühmte Red Book, die wichtigste Referenz für amerikanische Münzen. 

Allerdings gibt es unter den Katalogen, die bei Whitman veröffentlicht werden, auch Bücher wie den Catalogue of Modern World Coins 1850-1964, ursprünglich herausgegeben von R. S. Yeoman. Auch wenn Sammler sicher noch nervöser sein müssten, wenn CDN Publishing Krause statt Whitman erworben hätte, könnte man sich durchaus vorstellen, dass dieses Buch als Grundlage für neue Greysheets zu Gruppen von europäischen Münzen dient.

Denn mal ehrlich: Die Münzen des Deutschen Kaiserreichs oder die Münzen des modernen Griechenlands, um nur zwei Beispiele zu nennen, würden sich genauso gut als Investitionsobjekte eignen wie die US-amerikanischen Münzen. Immer vorausgesetzt, alle werden gegradet und ihre Preise im wöchentlichen Rhythmus zugänglich gemacht.

Warum läuft es in Europa anders?

Nicht nur die (relativ) gesicherte Altersvorsorge in vielen europäischen Ländern verhindert bisher in Europa einen durchschlagenden Erfolg für das Investitionsgut Münze. Es ist vor allem ein Problem der Logistik. Bisher schaffen es weder PCGS noch NGC, in Europa eingereichte Münzen in nützlicher Frist zu bewerten. Wer schnell für eine Auktion eine Bewertung braucht, kann es vergessen! Aber sobald sich das ändert, steht auch der europäische Markt weit offen für die Etablierung der Münze als Investitionsobjekt. Denn angesichts einer Welt, die von Krisen geschüttelt ist, suchen immer mehr Menschen nach alternativen Investitionsobjekten, die einfacher und billiger zu erwerben sind als Aktien und Immobilien.

Was heißt das für den klassischen Sammler?

Zunächst eines: Auch wenn NGC und PCGS ihre Dienste den Sammlern von handgeprägten Münzen anbieten, eignen sich diese Münzen nicht so gut zu einer standardisierten Bewertung wie die maschinengeprägten Münzen ab dem 19. Jahrhundert. Betroffen sind also in erster Linie diejenigen, die sich mit Münzen ab dem 19. Jahrhundert beschäftigen.

Und diese Sammler können wir in zwei Gruppen unterteilen: 

  • Diejenigen, die heute schon eine Sammlung besitzen und dabei auf Qualität geachtet haben, können sich freuen. Sie werden beim Verkauf mehr für ihre Sammlung erhalten. 
  • Verlierer sind dagegen die zukünftigen Generationen von Sammlern. Nur die Reichen unter ihnen werden sich Münzen in herausragender Erhaltung überhaupt noch leisten können.

Wobei, der echte Sammler sammelt ja nicht, um zu investieren, sondern weil er das historische Zeugnis liebt. Erfahrung zeigt, dass in dem Moment, in dem Münzen zu Investitionsgütern werden, der Preis für Münzen in durchschnittlicher Erhaltung und mit kleinen Fehlern drastisch fällt. Es könnte also sein, dass sich der Markt für Investoren auf lange Sicht vom Markt für Sammler abkoppelt – und dass man in Zukunft auf den ersten Blick an der Erhaltung sieht, ob eine Sammlung als Investition oder aus Spaß an der Freude zusammengetragen wurde.

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