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Baldrs Pferd: Sondengänger gelingt „Jahrhundertfund“ in Norwegen

von Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum der Universität Stavanger, übersetzt von Daniel Baumbach

Auf der norwegischen Insel Rennesøy entdeckte ein Sondengänger vor kurzem neun münzähnliche Goldanhänger mit seltenen Pferdesymbolen, zusammen mit zehn Goldperlen und drei Goldringen.

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Eine Rekonstruktion, wie die Goldkette wahrscheinlich aussah. Die Illustration stammt von der Archäologin Thea Eli Gil Bell. © Theo Eli Gil Bell, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Eine Rekonstruktion, wie die Goldkette wahrscheinlich aussah. Die Illustration stammt von der Archäologin Thea Eli Gil Bell. © Theo Eli Gil Bell, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Der Fund wiegt etwas mehr als 100 Gramm. „Das ist der Fund des Jahrhunderts in Norwegen. Es ist äußerst selten, dass eine so große Menge Gold aus dieser Zeit auf einmal entdeckt wird“, sagte Ole Madsen, der Direktor des Archäologischen Museums der Universität Stavanger.

Der Fund, fotografiert unmittelbar nachdem Erlend Bore ihn mit einem Metalldetektor gefunden hat. © Erlend Bore.

Der Fund, fotografiert unmittelbar nachdem Erlend Bore ihn mit einem Metalldetektor gefunden hat. © Erlend Bore.

Professor Sigmund Oehrl vom Archäologischen Museum der Universität Stavanger überprüft den Fund des Goldes, der dem Museum übergeben wurde. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Professor Sigmund Oehrl vom Archäologischen Museum der Universität Stavanger überprüft den Fund des Goldes, der dem Museum übergeben wurde. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Der Goldfund wurde bereits am Tag nach seiner Entdeckung an das Archäologische Museum der Universität Stavanger geliefert. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Der Goldfund wurde bereits am Tag nach seiner Entdeckung an das Archäologische Museum der Universität Stavanger geliefert. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Konservator Hege Hollund vom Archäologischen Museum der Universität Stavanger begutachtet den Fund aus Gold. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Konservator Hege Hollund vom Archäologischen Museum der Universität Stavanger begutachtet den Fund aus Gold. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Der Entdecker dachte, er hätte Schokomünzen gefunden

Den Fund machte Erlend Bore (51), ein Sondengänger aus Sola. Er hatte sich für den Sommer 2023 seinen ersten Metalldetektor gekauft – einerseits, um auf Schatzsuche zu gehen, vor allem aber, um ein Hobby zu haben, das ihn vom Sofa wegbringen würde.

„Ich hatte zunächst an der Küste gesucht, aber nur Schrott und eine kleine Münze gefunden. Also beschloss ich, höher gelegenes Gelände zu erkunden, und der Metalldetektor fing sofort an zu piepen“, erklärt Bore. In den Händen hielt er einen Erdklumpen, in dem sich etwas befand, das aussah wie Goldmünzen. „Zuerst dachte ich, ich hätte Schokoladenmünzen oder einen Piratenschatz aus Plastik gefunden. Es war unwirklich“, fügte Bore hinzu und schilderte weiter, wie ihm das Herz klopfte, als er das Ausmaß seiner Entdeckung erkannte.

Der Fund wurde auf einem Privatgrundstück gemacht, eine Erlaubnis des Grundstückseigentümers hatte Bore für seinen Sondengang. Das norwegische Kulturgutschutzgesetz sieht vor, dass Finder von kulturell bedeutsamen Objekten einen Finderlohn erhalten, der zu gleichen Teilen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Finder aufgeteilt werden muss. Die Festsetzung dieses Finderlohns wird von der norwegischen Denkmalschutzbehörde vorgenommen und ist noch nicht abschließend geklärt.

Der Goldfund, fotografiert unmittelbar nachdem Erlend Bore ihn mit einem Metalldetektor gefunden hat. © Erlend Bore.

Der Goldfund, fotografiert unmittelbar nachdem Erlend Bore ihn mit einem Metalldetektor gefunden hat. © Erlend Bore.

Archäologen des Archäologischen Museums der Universität von Stavanger und der Rogaland fylkeskommune sichern den Fundort der Artefakte. © Grethe Moéll Pedersen, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Archäologen des Archäologischen Museums der Universität von Stavanger und der Rogaland fylkeskommune sichern den Fundort der Artefakte. © Grethe Moéll Pedersen, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Archäologen des Archäologischen Museums der Universität Stavanger und der Rogaland fylkeskommune sichern den Fundort der Artefakte. © Grethe Moéll Pedersen, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Archäologen des Archäologischen Museums der Universität Stavanger und der Rogaland fylkeskommune sichern den Fundort der Artefakte. © Grethe Moéll Pedersen, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Erster Fund dieser Art seit dem 19. Jahrhundert

Nach Angaben von Professor Håkon Reiersen vom Archäologischen Museum der Universität Stavanger stammen die Goldanhänger aus der Zeit um 500 n. Chr., also aus der Zeit der Völkerwanderung in Norwegen. Diese Goldanhänger, so genannte Brakteaten, ähneln Goldmünzen, wurden aber in erster Linie als Schmuck und nicht zum Kauf oder Verkauf von Waren verwendet.

„Die neun Brakteaten und die Goldperlen bildeten wohl eine außergewöhnlich prächtige Halskette, die von geschickten Goldschmieden angefertigt und von den mächtigsten Personen der Gesellschaft getragen wurde. Es ist äußerst selten, so viele Brakteaten zusammen zu finden. Es handelt sich um den ersten Fund dieser Art in Norwegen seit dem 19. Jahrhundert, und es ist auch ein ungewöhnlicher Fund im skandinavischen Kontext“, so Reiersen.

„Viele der großen Brakteatenfunde in Skandinavien wurden Mitte des 6. Jahrhunderts, gegen Ende der Völkerwanderungszeit, vergraben. In dieser Zeit gab es wahrscheinlich Ernteausfälle, Klimaverschlechterung und Seuchen. Die zahlreichen verlassenen Höfe in Rogaland aus dieser Zeit lassen vermuten, dass die Krise diese Region besonders hart getroffen hat“, erklärt Reiersen weiter.

„Aufgrund des Entdeckungsortes und der Funde aus ähnlichen Zusammenhängen kann man davon ausgehen, dass es sich entweder um in dieser dramatischen Zeit versteckte Wertgegenstände oder um Opfergaben an die Götter handelte“, so Reiersen abschließend.

Einer der neun Goldanhänger, die Erlend Bore auf Rennesøy in der Region Stavanger gefunden hat. © Annette Græsli Øvrelid, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Einer der neun Goldanhänger, die Erlend Bore auf Rennesøy in der Region Stavanger gefunden hat. © Annette Græsli Øvrelid, Archäologisches Museum, Universität Stavanger.

Einer von drei Ringen, die Erlend Bore auf Rennesøy in der Region Stavanger gefunden hat. © Annette Græsli Øvrelid, Archäologisches Museum der Universität Stavanger.

Einer von drei Ringen, die Erlend Bore auf Rennesøy in der Region Stavanger gefunden hat. © Annette Græsli Øvrelid, Archäologisches Museum der Universität Stavanger.

Eine von zehn Goldperlen, die Erlend Bore auf Rennesøy in der Region Stavanger gefunden hat. © Annette Græsli Øvrelid, Archäologisches Museum der Universität Stavanger.

Eine von zehn Goldperlen, die Erlend Bore auf Rennesøy in der Region Stavanger gefunden hat. © Annette Græsli Øvrelid, Archäologisches Museum der Universität Stavanger.

Ein bisher unbekannter Typ von Pferdemotiv

Professor Sigmund Oehrl vom Archäologischen Museum ist ein Experte für Brakteaten und ihre Symbole. Bislang wurden in Skandinavien etwa 1.000 goldene Brakteaten gefunden. Ihm zufolge gehören die Goldanhänger aus Rennesøy zu einem bestimmten und äußerst seltenen Typ. Sie zeigen einen bisher unbekannten Typ von Pferdemotiv.

„Diese Motive unterscheiden sich von denen auf den meisten anderen bisher gefundenen Brakteaten. Typischerweise stellen die Abbildungen den Gott Odin dar, der das kranke Pferd seines Sohnes Balder heilt. In der Völkerwanderungszeit galt dieser Mythos als Symbol für Erneuerung und Auferstehung und sollte dem Träger Schutz und Gesundheit bieten“, erklärt Oehrl.

Auf den Brakteaten von Rennesøy ist jedoch nur das Pferd abgebildet. Ein ähnliches Pferdemotiv, zusammen mit schlangenähnlichen Kreaturen, findet sich auch auf einigen goldenen Brakteaten, die in Rogaland und Südnorwegen gefunden wurden.

„Auf den neuentdeckten Goldanhängern hängt die Zunge des Pferdes heraus, und seine zusammengesackte Haltung und die verdrehten Beine deuten darauf hin, dass es verletzt ist. Ähnlich wie das christliche Symbol des Kreuzes, das sich zur gleichen Zeit im Römischen Reich verbreitete, stand das Pferdesymbol für Krankheit und Not, aber auch für Hoffnung auf Heilung und neues Leben“, so Oehrl.

Erlend Bore mit dem Goldfund und seinem Metalldetektor. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum der Universität Stavanger.

Erlend Bore mit dem Goldfund und seinem Metalldetektor. © Anniken Celine Berger, Archäologisches Museum der Universität Stavanger.

Gemeinsames Kulturerbe

„Dies ist ein völlig einzigartiger Fund. Keiner der Archäologen in der Kommune Rogaland hat so etwas je erlebt, und es ist schwer zu beschreiben, wie aufgeregt wir waren, als wir diese Funde zum ersten Mal sahen“, sagte Marianne Enoksen, Leiterin der Abteilung für kulturelles Erbe in der Gemeinde Rogaland.

Alle Gegenstände aus der Zeit vor 1537 n. Chr. und Münzen, die vor 1650 n. Chr. entstanden sind, gelten in Norwegen als Staatseigentum und müssen gemeldet werden. Für archäologische Funde, die von Privatpersonen gemacht werden, ist die Regionalverwaltung die erste Anlaufstelle. Die Funde werden von der Verwaltung registriert, bevor sie an das Archäologische Museum übergeben werden.

„Wir möchten den Finder dafür loben, dass er alles richtig gemacht hat, als er diese außergewöhnliche Entdeckung machte. Er hat den Fundort markiert und die Suche sofort eingestellt. Er kontaktierte uns, und wir informierten das Archäologische Museum. So konnten wir kurz darauf an den Fundort zurückkehren und weitere Untersuchungen durchführen“, so Enoksen abschließend.

Dieses Video zeigt weitere Details vom Fund und Fundort:

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