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Achtung Falle! Diese Fehlprägungen sind gar keine

von numiscontrol

Wie oft wohl haben wir in der Schulzeit den Satz gehört: „Bitte prägt euch das gut ein!“ Einprägen bedeutet also, dass wir uns eine wichtige Sache merken, um sie dauerhaft anwenden zu können. Bei der Herstellung von Münzen geht es da ähnlich zu, denn bei einer Münze wird das Münzbild ebenfalls eingeprägt und soll über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben.

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Viele Sammler fallen auf betrügerische Angebote mit angeblichen Fehlprägungen herein. Damit Sie nicht dazugehören, erklärt numiscontrol in diesem Artikel, wie Sie betrügerische Angebote ganz leicht selbst entlarven können. Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

Viele Sammler fallen auf betrügerische Angebote mit angeblichen Fehlprägungen herein. Damit Sie nicht dazugehören, erklärt numiscontrol in diesem Artikel, wie Sie betrügerische Angebote ganz leicht selbst entlarven können. Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

Wie oft wohl haben wir in der Schulzeit den Satz gehört: „Bitte prägt euch das gut ein!“ Einprägen bedeutet also, dass wir uns eine wichtige Sache merken, um sie dauerhaft anwenden zu können. Bei der Herstellung von Münzen geht es da ähnlich zu, denn bei einer Münze wird das Münzbild ebenfalls eingeprägt und soll über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben. Münzen müssen schon einiges aushalten, um nicht schon nach kurzer Zeit unschön auszusehen oder gar ausgetauscht zu werden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde daher viel mit Materialien experimentiert. Heute bestimmen hochmoderne Maschinen den Prägesaal einer Münzstätte. Der Prägevorgang selbst läuft dabei völlig automatisch ab, und schneller geht es natürlich auch. Einige hundert Münzen pro Minute kann eine Prägemaschine heutzutage prägen. Läuft beim Prägevorgang etwas schief, könnte es tatsächlich zu einer Fehlprägung kommen.

Angebote en masse

Hinter der großen Zahl der im Internet angebotenen Euromünzen, die dazu noch eine Menge Geld kosten sollen, stecken allerdings häufig ganz normale Münzen, die gar keine Fehlprägungen sind. Fast jede Art von Fehlprägung kann mit etwas Wissen über den Prägevorgang gedeutet und bestimmt werden. Dahinter stecken ganz logische Erklärungen – und darin unterscheidet sich das Wunder vom Betrug. Zudem haben die meisten Anbieter solcher Stücke anscheinen absolut keine Ahnung von der Materie, und das lässt sich an ihren Angebotstexten erkennen. Es geht den Anbieter ausschließlich um IHR gutes Geld und dabei wird mitunter ganz tief in die Fake-Kiste gegriffen. Gerade Anfang 2023 überschwemmten angebliche Euro-Fehlprägungen aus Kroatien die Onlineangebote. Es gibt genügend Trittbrettfahrer, die hier ihre Opfer suchen, obwohl die Ausgabe der ersten kroatischen Euromünzen erst ein paar Monate zurückliegt. Anhand einiger Beispiele möchte ich Ihnen erklären, warum es sich bei manchen Angeboten gar nicht um eine Fehlprägung handeln kann. Ich erläutere dabei auch, was tatsächlich dahintersteckt und wie es dazu kam.

Vorsicht bei solchen Angeboten

Über 6000 Angebote allein aus Deutschland finden sich unter dem Suchbegriff „Euromünzen Fehlprägung“ auf einer bekannten Internetauktionsplattform mit vier bunten Buchstaben. Überwiegend ist die Qualität vieler Stücke, um den Fachjargon der Numismatik zu verlassen, miserabel. Jeder Sammler würde solche Stücke als „nicht sammelwürdig“ bezeichnen. Besondere Vorsicht ist stets geboten, wenn die Beschreibungen überhaupt nicht auf die angebliche Fehlprägung eingehen. Sind die Fotos dazu noch unscharf oder verwackelt, lohnt sich das Weiterlesen ohnehin nicht. Nehmen Sie sofort Abstand, wenn Sie etwas lesen wie:

Seltene Fehlprägung, daher nur versicherter Versand. Die Ware wird unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft. Keine Rücknahme.

Ich verkaufe eine 2-Euro-Münze (seltene Fehlprägung) 2002 aus Österreich. Privatanbieter, keine Rücknahme.

RAR – Münze mit vielen Fehlprägungen, siehe Fotos. Keine Garantie und keine Rücknahme, da Privatverkauf.

5 Beispiele erklärt

Die folgenden fünf Beispiele zeigen, wann Sie sofort misstrauisch werden sollten.

Beispiel 1

Angeboten wird eine 2-Euro-Gedenkmünze aus Deutschland, 2020, J (Hamburg), 50 Jahre Kniefall von Warschau. Preis: 2.500 Euro. Die Beschreibung des Anbieters lautet: Seltene Fehlprägung! Ring und Pille wurden vertauscht und damit falsch herum zusammengefügt.

Aufklärung: Da die Münze in Deutschland geprägt wurde, kann es gar nicht zu einer solchen Verwechslung gekommen sein. Warum? Beim Prägen der 2-Eurostücke werden Ring und Pille im Prägeprozess in einem einzigen Schritt fest zusammengefügt und zeitgleich beiden Seiten das Motiv aufgeprägt. Genau das wusste der Anbieter offenbar nicht. Die Münze wurde also manipuliert, um eine Fehlprägung vorzutäuschen. Täter unbekannt. Wird die Manipulation erkannt, kann sie für den Gegenwert von 2 Euro eingetauscht werden. Doch ihren Wert als Zahlungsmittel hat die manipulierte Münze verloren. Dieses Stück muss und sollte auch niemand mehr in Zahlung nehmen. Kein Gewinn, sondern ein Verlust wäre hier beim Kauf vorprogrammiert.

Beispiel 2

Angeboten wird eine 2-Euro-Umlaufmünze aus Deutschland, 2014, A (Berlin). Preis: 10.000 Euro. Die Beschreibung des Anbieters lautet: Abgeschnittene Sterne, innen am Kern eine Vertiefung. Siehe dazu meine Fotos.

Aufklärung: Tatsächlich ist beidseitig zwischen Ring und Pille ein winziger Spalt erkennbar. Einige Spitzen der Eurosterne sind durch den Spalt unkenntlich geworden oder wirken abgetrennt. Dieses Phänomen ist gerade bei Münzen aus Deutschland recht häufig zu finden, weil Ring und Pille, wie schon im ersten Beispiel erklärt, erst beim Prägevorgang zusammengefügt werden. Dabei kann es zu einer minimalen Spaltbildung kommen. Das liegt jedoch im Normalbereich und weist keinesfalls auf eine Überschreitung der Toleranzvorgaben für den Prägeprozess hin. Es können auch kleinere Bereiche der Eurosterne betroffen sein, die dann optisch vom Spalt wie abgeschnitten erscheinen. Auch hier handelt es sich nicht um eine Fehlprägung, sondern eine Prägezufälligkeit. Die Preisvorstellung des Anbieters ist zudem absolut utopisch und nicht gerechtfertigt. Dieses Stück hat einen Wert von 2 Euro.

2-Euro aus Österreich mit der Fehlprägung aus Beispiel 3. Foto: Angela Graff

2-Euro aus Österreich mit der Fehlprägung aus Beispiel 3. Foto: Angela Graff

Beispiel 3

Angeboten wird eine 2-Euro-Umlaufmünze (Bertha von Suttner) aus Österreich, 2002. Preis: 1.300 Euro. Die Beschreibung des Anbieters lautet: Auf der Nase von Bertha von Suttner befindet sich ein großer Pickel. Die Oberfläche der Münze ist nicht mehr scharf erkennbar und wurde daher nur schwach geprägt.

Aufklärung: Hier liegt tatsächlich eine Fehlprägung vor. Der „Pickel“ (Materialüberschuss) auf der Münze stammt von einem kleinen Stempelausbruch. Durch den Ausbruch am Stempel entstand ein kleines Loch, in das beim Prägevorgang Münzmaterial fließen konnte. Der Stempelausbruch ist vermutlich durch Materialermüdung entstanden. Diese Fehlprägung, erkennbar am Materialüberschuss auf der Nase, gibt es aus dem Jahr 2002 recht häufig. Mit etwas Glück, ist sie sogar in den Geldbörsen zu finden. Was die Oberfläche der Münze betrifft, so sind starke Umlaufspuren erkennbar. Einige Details wirken verschwommen. Das ist für ein Stück von 2002 jedoch völlig normal. Ist ein Stück längere Zeit im Umlauf, nutzt sich jede Münze ab und das Prägebild erscheint nicht mehr scharf, sondern verschwommen. Warum der Anbieter hier von einer Prägeschwäche ausgeht, ist nicht nachvollziehbar. Wegen der schlechten Erhaltung liegt der Sammlerwert zwischen 6 und 10 Euro.

Auch die 2-Euromünze aus Griechenland 2002 hat das „S“ im Stern. Foto: Angela Graff

Auch die 2-Euromünze aus Griechenland 2002 hat das „S“ im Stern. Foto: Angela Graff

Beispiel 4

Angeboten wird eine 1-Euro-Umlaufmünze aus Griechenland, 2002, geprägt in der Münzstätte von Finnland (S). Preis: 309 Euro. Die Beschreibung des Anbieters lautet: 1-Euro-Münze Griechenland – Jahr 2002. Im unterem Stern wurde aus Versehen ein „S“ eingedruckt. Bei der Eule gibt es auch einen Druckfehler – die Augen, der Flügel, die Figur sowie der gesamte Hintergrund drumherum sind falsch gedruckt. DIE GESAMTE MÜNZE IST EIN FEHLDRUCK.

Aufklärung: Eine Fehlprägung liegt hier nicht vor. Das „S“ unten auf dem Stern ist mit Absicht eingeprägt worden und steht für „Suomi“, also Finnland. Einige griechische Euromünzen wurden 2002 von ausländischen Prägestätten hergestellt. Das steht in jedem Münzkatalog. Leider verrät der Anbieter nicht, was an den Augen der Eule, dem Flügel, der Figur und am Hintergrund falsch sein soll. Ich konnte jedenfalls keine Fehler finden, alles liegt im grünen Bereich. Das Stück hat starke Umlaufspuren. Doch diese Spuren sind normal und nicht schon beim Prägevorgang entstanden. Das Stück hat damit keine einzige Fehlprägung und einen Wert von 1 Euro.

Beispiel 5

Angeboten wird ein 10-Centstück aus Österreich, 2007. Preis: 509 Euro. Die Beschreibung des Anbieters lautet: RARITÄT! 10-Cent-Euromünze, noch mit alter Landkarte geprägt, UNIKAT aus Österreich von 2007, seltene Fehlprägung. RARITÄT!

Aufklärung: Es handelt sich um eine ganz normale 10-Centmünze aus Österreich aus dem Jahr 2007. Österreich prägte 2007 noch die Karte (alte Karte) mit den fünfzehn Einzelstaaten der EU, was völlig korrekt ist. Erst ab 2008 erscheint auf den 10-Centmünzen aus Österreich die neue Karte des europäischen Kontinents. Somit ist dies keine Fehlprägung. Von diesem Stück wurden über 81 Millionen Exemplare geprägt und in den Umlauf gegeben. Das Stück hat einen Wert von 10 Cent.

Fazit

Um es gleich vorwegzunehmen, wer als Sammler keinen Münzkatalog besitzt, der ist selber schuld, wenn er auf derartige Angebote hereinfällt. Viele der in den Aufklärungen genannten Argumente werden in jedem Münzkatalog erklärt. Auch das angeblich „geheimnisvolle S“ auf den Eurosternen einiger Stücke aus Griechenland wird dort beschrieben und erklärt. Für prägetechnische Dinge braucht es natürlich Wissen und Erfahrung. Eine jahrzehntelange Sammlerleidenschaft ist dafür eine gute Basis. Die Diskussion sowie der ständige Austausch mit Gleichgesinnten bringt weiteres Wissen. Wer sich mit seinen Münzen regelmäßig befasst und dabei jede gefundene Auffälligkeit am Stück hinterfragt, der lächelt irgendwann nur noch müde über derartige Angebote. Doch auch das finde ich unangemessen, besonders, wenn das Ganze nach absichtlicher Irreführung und materieller Gier riecht. Für mich handelt es sich bei vielen Angeboten um einen glatten Betrugsversuch, rechtlich gesehen sogar um eine Straftat, denn „ignorantia legis non excusat“ – Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!

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