MenschenGesichter Teil 34: Der „schreckliche“ Papst


mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich

Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.

Julius II., bürgerlich Giuliano della Rovere, Papst (1503-1513). Giulio, Rom. Brustbild des Papstes n. r. Rs. Petrus mit Schlüsseln und Buch frontal sitzend, unter den Schlüsseln Dreizack als Zeichen der Fugger aus Augsburg, die die päpstliche Münzstätte kontrollierten. © MoneyMuseum, Zürich.

„Il pontifice terribile“, so nannten die Zeitgenossen Giuliano della Rovere, der im Jahre 1503 als Julius II. den Papststuhl bestieg. Zehn Jahre nur herrschte er über den Kirchenstaat, und doch entdeckt der Rombesucher noch heute auf Schritt und Tritt Spuren des großen Mannes.

„Raus mit den Barbaren“, das war eine der Maximen dieses Papstes, der mit dem Schwert genauso gewandt umging wie mit dem Krummstab. Unter seiner persönlichen Führung wurden die Städte Bologna und Perugia für den Kirchenstaat zurückgewonnen und der französische König aus dem Land vertrieben.

Raffael, Porträt Papst Julius‘ II., 1511-1512 Quelle: Wikicommons.

So eine offensive Kriegführung kostete Geld. Und die vielen Künstler, die Julius beschäftigte, taten ein Übriges, um die päpstliche Kasse zu ruinieren. Michelangelo schuf die Fresken der Sixtinischen Kapelle, die Pietà und den Moses, Raffael malte, und Bramante begann im Jahre 1506 den Neubau von St. Peter. Dieses Projekt sprengte den Finanzrahmen des Vatikan. Hier musste man zu anderen Mitteln greifen, um die Kosten aufzubringen. Julius tat das, indem er einen Ablass ausschrieb.

Eigentlich war diese Form der intensivierten Beichte ursprünglich durchaus sinnvoll: Sie stellte dem Sünder Vergebung in Aussicht, indem er bereute und dazu ein tätiges Werk der Reue vollbrachte. Diese Wiedergutmachung konnte in einer Spende bestehen, die einem kirchlichen Projekt zu Gute kam, zum Beispiel dem Bau des Petersdoms.

Ablassbrief im Namen Leos X., 1515. Quelle: Wikicommons.

Doch dieses ursprünglich sinnvolle Instrument war schon längst mit einer anderen Finanzpraxis gekoppelt worden. Schließlich brauchte der Papst das Geld ja sofort. Deshalb nahm er die Summe bei einem Bankhaus auf, erteilte dafür die Erlaubnis zum Ablasshandel, und das Bankhaus zog den Verkauf nach den damals modernsten Erkenntnissen des Vertriebes durch. An den Vatikan wurde lediglich ein bestimmter Prozentsatz des Ertrags überwiesen. Doch der war immer noch groß genug, dass das Handelshaus der Fugger, das den Verkauf von Ablässen im deutschen Reich organisierte, dafür bereits 1495 eine Filiale in Rom eingerichtet hatte. Die Fugger arbeiteten so zuverlässig und erfolgreich, dass Julius II. ihnen im Jahre 1510 sogar die römische Münzstätte verpachtete.

Die damals entstandenen Münzen tragen – wie unser Stück – das Handelszeichen der Fugger, einen Dreizack. So ist diese Münze nicht nur ein Zeugnis für den großen Papst Julius II., sondern auch für die Vermengung von Wirtschaft, Religion und Politik, die in der Renaissance gang und gäbe war und die Martin Luther mit seinen 95 Thesen kritisierte.

Einflussreiche Frauen waren in der frühen Neuzeit selten, noch seltener waren sie auf Münzen verewigt. Isabella von Kastilien ist eine Ausnahme und um sie geht es in der nächsten Folge.

Alle Teile der Reihe „MenschenGesichter“ finden Sie hier.

Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.