Karl von Anjou und die Sizilianische Vesper
mit freundlicher Genehmigung der Firma Gorny & Mosch
Am 13. Dezember 1250 starb Friedrich II. von Sizilien, das Staunen der Welt, auf Castel Fiorentino. Er hatte 19 Kinder gehabt, doch nur zwei von ihnen erreichen politische Bedeutung. Sein Sohn Konrad starb schon vier Jahre später, belegt mit dem päpstlichen Bannstrahl. So übernahm dessen Halbbruder Manfred die Herrschaft. Er war der Sohn einer unbedeutenden Adligen aus dem Piemont, die sein Vater Friedrich noch auf dem Sterbebett geheiratet hatte, um Manfreds Legitimität zu garantieren. Doch auch auf Manfred fiel der Bann des Papstes, der die verhassten Staufer ein für alle mal aus Sizilien vertreiben wollte.
Um dies zu erreichen, suchte der Papst für Sizilien einen neuen Herrscher. Erst versprach er das reiche Königreich einem Sohn des englischen Königs. Doch der zeigte zu wenig Interesse daran, die Staufer von der Insel im Mittelmeer zu vertreiben. Also wandte sich Papst Urban IV. an Frankreich. Dort saß ein Bruder des Königs, dessen Ehrgeiz zu groß war für seinen kleinen Besitz.
Der Papst krönt Karl von Anjou zum Herrscher über Sizilien. Quelle: Wikipedia.
Karl von Anjou war ein jüngerer Bruder Ludwigs des Heiligen. Hinter ihm standen die Ressourcen des französischen Königreichs, damals die bedeutendste Militärmacht Europas. Kein Wunder, dass sich die Staufer nicht halten konnten. 1265 war Karls Belehnung mit Sizilien erfolgt, 1266 war Manfred tot, die Insel erobert, 1268 ließ Karl Friedrichs II. letzten Nachkommen, Konradin, öffentlich hinrichten. Damit hatte der Papst sein Ziel erreicht: Die Staufer waren ausgerottet.
Karl von Anjou. Reale d’oro, Barletta. Brustbild zwischen Lilie und Kreuz. Rv. Wappen. Spahr. Aus Auktion Gorny & Mosch 171 (2008), 4779.
Und Karl konnte sich in Sizilien einrichten. Doch wie er seine Herrschaft betrieb, das gefiel den Sizilianern nicht. Karl zog die Steuerschraube an und vergab alle einflussreichen Ämter ausschließlich an Franzosen. Viele Sizilianer fühlten sich rechtlos in ihrem eigenen Land.
Karl von Anjou. Saluto d’argento, nach 1278. Gespaltener Schild mit dem Wappen von Jerusalem und Frankreich. Rv. Verkündigungsszene, in der Mitte Lilie. Aus Auktion Gorny & Mosch 139 (2005), 3763.
Vielleicht wurde die Unzufriedenheit zusätzlich ein wenig aufgestachelt mit Hilfe von Bestechungsgeldern, welche die politischen Gegner Karls, der byzantinische Kaiser und der König von Aragon, reichlich zur Verfügung stellten.
Ausbruch der Sizilianischen Vesper. Ölgemälde von Francesco Hayez. Quelle: Wikipedia.
Wie auch immer, der Legende nach suchte eine Sizilianerin am 30. März des Jahres 1282 ihre Tochter. Sie war am Morgen zur Kirche gegangen, um dort zu beten. Die Mutter fand das Mädchen in der Kirche, doch nicht beim Gebet. Söldner Karls von Anjou hatten sie vergewaltigt. Voller Verzweiflung lief die Mutter durch die Straßen und schrie: „Ma fia! Ma fia!“ – Was im mittelalterlichen Dialekt „Meine Tochter“ bedeutet und einer populären, aber nicht sehr glaubwürdigen Interpretation nach der Ursprung des Wortes „Mafia“ gewesen sein soll. Ihre Klagen könnten den letzten Auslöser für den Aufstand der Sizilianer geliefert haben, der unter der Bezeichnung Sizilianische Vesper – er hatte zur Zeit des Vespergottesdienstes begonnen – in die Geschichte einging.
Karl I. von Anjou wurde von der Insel Sizilien vertrieben, er zog sich nach Unteritalien zurück, wo er und seine Nachkommen noch fast 200 Jahre lang die Herrschaft innehatten.