Eine Medaille Dürers als offizielles Geschenk der Stadt Nürnberg für Karl V.
Der Einzug eines Herrschers war seit der Antike ein zentrales Ereignis in der Geschichte einer Stadt. So ein offizieller Besuch wurde monatelang vorbereitet. Und als Karl V. am 23. Oktober 1520 in Aachen zum deutschen König gekrönt wurde, begannen die Nürnberger sofort mit den Planungen. Schließlich war es Brauch, dass der erste Reichstag jedes neuen Königs in der freien Reichsstadt Nürnberg stattfand. Nürnberg galt damals zusammen mit Köln und Prag als die größte und reichste Stadt des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Sie war mit dem Kaisertum besonders eng verbunden, da die Reichskleinodien hier aufbewahrt wurden.
Vorbereitungen auf den Besuchs des jungen Königs
Für die Stadtväter begann eine arbeitsreiche und kostspielige Zeit. Zunächst musste natürlich das Gebäude vorbereitet werden, in dem der Reichstag zusammenkommen sollte. So ließ man die Fassade des Rathauses bemalen, und für den Schmuck des Innenraums heuerte man den damals bekanntesten Künstler der Stadt Nürnberg an: Albrecht Dürer. Dieser entwarf für den Festsaal das damals größte Wand- und Deckengemälde Europas.
Aber auch auf andere Dinge mussten die Stadtväter achten. So erfolgte der Einzug des Kaisers immer nach demselben Zeremoniell: Die Honoratioren von Nürnberg würden an der Spitze von Fahnen schwenkenden, aufwändig gekleideten jungen Männern Karl V. mit den wichtigsten Heiltümern ihrer Stadt entgegenziehen. Sie brachten den kostbaren Baldachin, den sie über den König spannten, damit dieser unbelästigt von jedwedem Wetter in die Stadt einreiten konnte. Bevor der König die Stadt betrat, überreichten ihm die Stadtväter den Schlüssel zur Burg. Und nicht nur das. Bei jedem Einzug war ein Geschenk fällig. Und so zerbrachen sich die Ratsherren den Kopf darüber, womit sie den jungen König Karl V. beeindrucken würden können.
Eine Schale voller Medaillen
Albrecht Dürer war wie gesagt der bekannteste Künstler Nürnbergs. Ihm hatte im Jahr 1518 bereits Maximilian I. Modell für ein Porträt gesessen. Was lag also näher, als Albrecht Dürer mit einem Porträt des Enkels von Maximilian I. zu beauftragen? Natürlich kein Porträt aus Holz und Farben. Jeder wusste, wie verschuldet der Kaiser nach seiner Wahl zum deutschen König war. Karl V. hatte den Kurfürsten Zahlungen in Höhe von 851.918 Gulden geleistet!
Deshalb entschied der Stadtrat, 100 schwergewichtige Silbermedaillen beim Einzug zu übergeben. Jede einzelne von ihnen wog rund 200 Gramm, so dass sich das städtische Geschenk auf 20 Kilo Silber summierte. Eine beeindruckende Ehrengabe!
Um diese Silbermedaillen zu schaffen, arbeitete der Künstler Albrecht Dürer mit den besten Archivaren Nürnbergs zusammen. Johannes Stabius, Willibald Pirckheimer und Albrecht Dürer hatten schon für das Bildprogramm der Ehrenpforten und Triumphbauten zusammengewirkt, die anlässlich des Einzugs Kaiser Maximilians I. errichtet worden waren. Nun wurde die Zusammenarbeit wiederbelebt, um die aufwändige Medaille zu schaffen, die auf der Vorderseite das lebensnahe Porträt des Kaisers, auf der Rückseite den Reichsadler und darum herum die Wappen des Reichs, in dem die Sonne nie unterging, darstellen sollte.
Die Prägung selbst wurde von Hans Krafft ausgeführt. Es handelte sich um eine technische Meisterleistung, die hinsichtlich Größe und Dicke der Schrötlinge keine vergleichbaren Beispiele kennt. Dies schlug sich auch in der Zahlung nieder. Hans Krafft erhielt für die Produktion des Stempels 150 Gulden. Dies war enorm. Normalerweise wurden pro Stempel zwei bis fünf Gulden bezahlt!
Der Stadtrat gab 167 Stücke in Auftrag – 100 für den Kaiser, die restlichen für weitere Geschenke, wie sie im Rahmen eines Reichstages fällig wurden.
Die große Enttäuschung
Und dann wurde Nürnberg von der Pest heimgesucht. Der Kaiser verlegte seinen Reichstag nach Worms, und Luther sprach sein berühmtes „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.“ nicht in Nürnberg, sondern in der Nibelungenstadt.
Natürlich war ganz Nürnberg enttäuscht. Der Stadtrat diskutierte erst, ob er die aufwändig hergestellten Medaillen dem Kaiser in Worms übergeben sollte. Doch dazu kam es nie. Die Gründe dafür kennen wir nicht. 1537 wurde der größte Teil der Medaillen eingeschmolzen – immerhin war ihr Silberwert beträchtlich. Auf einer Aufstellung aus dem Jahr 1613 sind noch 24 Stück dokumentiert, eine Zahl die später zu 16 korrigiert wurde.
Eines von vier auf dem freien Markt erhältlichen Stücken
Wir kennen heute nur noch dreizehn Originale dieser kostbaren Stücke. Neun von ihnen liegen in den wichtigsten Münzkabinetten der Welt, nur vier sind in privater Hand und damit für Sammler zugänglich. Eines davon weist so schwere Einhiebe auf, dass die ästhetische Wirkung darunter leidet. Das letzte Mal, dass so ein Stück versteigert wurde, 2009 in London, zahlte ein Kenner dafür 280.000 britische Pfund.
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