Online-Kompendium macht mittelalterliche Texte nutzbar
von Annika Backe
11. Januar 2018 – Was macht ein moderner Mensch, wenn er auf der Suche ist nach mittelalterlichen Texten? Er befragt das Internet. Um dann zu verzweifeln, weil die Quellen oft leider nicht in Übersetzung verfügbar sind. Oder nur ein kümmerliches Zitat für ein Buch gegeben wird, das erst in der nächsten Bibliothek einsehbar ist.
„Global Medieval Sourcebook – A Digital Repository of Medieval Texts“.
Die altehrwürdige Universität von Stanford hat den Handlungsbedarf erkannt und eine kostenlose und frei zugängliche Datenbank für Texte aus dem Mittelalter ins Leben gerufen. Unter dem Titel „Global Medieval Sourcebook – A Digital Repository of Medieval Texts“ bietet sie aktuell 24 Quellen an, doch es sollen noch viel mehr hinzukommen.
Übersicht bislang aufgenommener Textquellen.
Ein ganzes Jahrtausend literarischer Produktion soll im GMS erfasst werden, aus dem europäischen Raum, aber auch aus Nordafrika, dem Nahen Osten und Asien von 600-1600 n. Chr. Bewusst werden solche Quellen aufgenommen, die von übersichtlicher Länge und für verschiedene Nutzergruppen interessant sind.
Suche in einzelnen Kategorien.
Die Suche gestaltet sich sehr einfach. Man kann sich entweder alle Texte anzeigen lassen, um seine Wahl zu treffen. Oder man startet eine gezielte Suche nach Autor, Sprache, zeitlicher Einordnung, Schlagwörtern oder Textgattung. Klickt der Nutzer in eines dieser Felder, bietet sich ihm eine Auswahl der schon vorhandenen Schlagwörter.
Eintrag für Meister Eckardts „Sermo de adventu domini“.
Hat man sich dann für, sagen wir, Meister Eckardts „Sermo de adventu domini“ entschieden, kommt man zum Haupteintrag. Nach einer Illustration der Manuskriptquelle und der standardisierten Einordnung folgt eine kurze Einführung zu Leben und Werk des deutschen Theologen und Philosophen (1260-1328). Informationen zum eigentlichen Textmanuskript schließen sich an, gefolgt von einer kurzen Auswahl meist englisch-sprachiger Sekundärliteratur und den Angaben zu Bearbeitern und Übersetzern.
Übersicht mit Transkription, Übersetzung und textkritischen Anmerkungen.
Die besondere Stärke des Global Medieval Sourcebook offenbart sich, wenn man den Reiter „Notes“ anklickt. Musste man in Buchform bislang mühsam zu den Fuß- oder gar Endnoten blättern, kann man sich die textkritischen Anmerkungen hier übersichtlich neben der transkribierten Quelle und ihrer Übersetzung anzeigen lassen.
Gerichtet ist das Online-Kompendium an Schüler, Studenten, Lehrer, Wissenschaftler und alle Interessierten. Forscher auf der ganzen Welt werden dazu aufgerufen, sich aktiv zu beteiligen und Texte einzureichen. Die Transkriptionen, Übersetzungen und Kommentare im GMS werden erstellt bzw. geprüft von Wissenschaftlern der Mediävistik der Universität Stanford.
Wer also bislang verzweifelte auf seiner Internet-Suche nach mittelalterlichen Textquellen in neuer englischer Übersetzung, bekommt mit dem Global Medieval Sourcebook ab sofort ein bedienerfreundliches Lehr- und Forschungsinstrument an die virtuelle Hand.
Um sich das GMS anzusehen, klicken Sie hier.
Direkt zum Eintrag von Meister Eckardts „Sermo de adventu domini“ kommen Sie hier.
Und wenn Sie selber Texte einreichen möchten, können Sie das über diesen Link tun.