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Kroatiens erstes Jahr als Euroland: Eine neue Ära für Münzsammler und die Kroatische Münzstätte

von Sebastian Wieschowski, übersetzt von Maike Meßmann

Am 1. Januar 2023 führte Kroatien den Euro ein. Mit niedrigen Auflagezahlen und einigen Überraschungen im Gepäck hat das beliebte Urlaubsland seither viele neue Fans in der Münzwelt gewonnen. Doch hinter den Kulissen war die Einführung der neuen Währung mit einem enormen Aufwand verbunden.

Ivan Odrljin, Vertreter der Kroatischen Münzstätte, spricht über die ersten Schritte der Prägeanstalt in diesem neuen numismatischen Umfeld, über Herausforderungen und Chancen und über die Zukunftspläne Kroatiens.

Inhalt

530 Millionen Münzen wurden in nur vier Monaten geprägt. Foto: Kroatische Münzstätte.

530 Millionen Münzen wurden in nur vier Monaten geprägt. Foto: Kroatische Münzstätte.

Die Auswirkungen der Währungsumstellung auf die Arbeit der Münzstätte 

MW: Wie hat sich die Einführung des Euros auf die Arbeitsabläufe der Kroatischen Münzstätte ausgewirkt? 

Ivan Odrljin: Die Euro-Einführung war für uns ein umfassender und langwieriger Prozess. Die ersten Vorbereitungen begannen etwa zweieinhalb Jahre vor der Währungsumstellung. Zunächst mussten wir uns das nötige Wissen aneignen, Informationen einholen und sicherstellen, dass wir über alle erforderlichen Unterlagen verfügten. In einem nächsten Schritt folgten dann umfangreiche Investitionen in die Beschaffung neuer Gerätschaften wie Münzpressen, Sortiermaschinen und Münzverpackungsautomaten. Diese Umstellung war sehr komplex.

Die Münzproduktion begann am 20. Juli 2022. Und der 1. Dezember war der Stichtag, an dem die Münzen an die Nationalbank geliefert werden mussten. Das bedeutete, dass wir in nur viereinhalb Monaten 530 Millionen Münzen herstellen mussten. Das war eine ziemliche Herausforderung – vor allem wenn man bedenkt, dass sich unsere Produktionszahlen für Münzen der alten Kuna-Währung auf maximal 130 Millionen Münzen pro Jahr beliefen. Entsprechend war die Produktionsmenge für Euromünzen in diesen viereinhalb Monaten etwa viermal so hoch.

Um dieser knappen Frist gerecht werden zu können, wurde rund um die Uhr in drei Schichten produziert. Für Kroatien war diese Arbeit sehr wichtig, was sich daran zeigt, dass unser Premierminister am Tag des Produktionsbeginns unsere Münzstätte besuchte, um die Europroduktion offiziell zu eröffnen. Anschließend lief die Produktion während der gesamten Projektdauer ununterbrochen, um die rechtzeitige Lieferung der Münzen an die Nationalbank zu gewährleisten.

MW: Sie erwähnten bereits, dass neue Maschinen beschafft werden mussten. Mussten Sie all Ihre Gerätschaften ersetzen, oder konnten Sie vorhandene Maschinen anpassen und weiter nutzen?

Ivan Odrljin: Wir konnten einen Teil unserer Maschinen, die zuvor für Kuna-Münzen eingesetzt worden waren, weiterverwenden – angepasst werden mussten sie natürlich trotzdem. Der Schwerpunkt unserer Neuanschaffungen lag auf Maschinen für die Herstellung von Münzrollen, Verpackungsmaterial und Sortierautomaten. Einige dieser Maschinen wurden direkt gekauft, andere über Leasingsvereinbarungen erworben. Darüber hinaus nutzen wir weiterhin unsere Pressen und einige andere vorhandene Maschinen. Überschüssige Gerätschaften wurde zurückgegeben oder für den Verkauf vorgesehen.

Herausforderungen der Euro-Produktion

MW: Können Sie näher ausführen, welche Herausforderungen sich für eine Münzstätte aus einer Währungsumstellung ergeben? Auch wenn es den Anschein haben mag, dass die Münzen lediglich ein neues Aussehen erhalten und andere Rohlinge verwendet werden, ist dieser Prozess sehr komplex. Mit welchen besonderen Herausforderungen sahen Sie sich konfrontiert?

Ivan Odrljin: Die Währungsumstellung war eine ziemliche Veränderung für uns und ging mit der Abkehr von Produktionsprozessen einher, die wir seit drei Jahrzehnten durchgeführt hatten. Während der grundlegende Prägeprozess weitgehend unverändert blieb, mussten Anpassungen auf verschiedensten Ebenen durchgeführt werden. Beispielsweise was den Durchmesser der Münzen, die Zusammensetzung des Prägemetalls oder die Stempelproduktion angeht. Die größte Herausforderung war jedoch, dass wir unser Produktionsvolumen erheblich nach oben schrauben mussten. Ein vergleichbares Prägevolumen gab es zuvor nicht. Daher war dies eine gewaltige Aufgabe, die eine beträchtliche Ausweitung unserer Kapazität erforderte.

Der schiere Umfang dieses Vorhabens wirkte sich auf unsere Münzproduktion aus. Das gesamte Team der Münzstätte widmete sich sechs Monate lang ausschließlich der Euro-Produktion, was zur Folge hatte, dass andere Projekte verschoben werden mussten. Mit der uns zur Verfügung stehenden Arbeitskraft konnten wir nicht mehrere Projekte gleichzeitig schultern. Daher mussten wir unsere Ressourcen sorgfältig einteilen und künftige Vorhaben genaustens planen. Strategische Voraussicht und Ressourcenmanagement waren daher unabdingbar, um diese Übergangsphase erfolgreich zu meistern.

Die Prägestempel der 1-Euro-Münze werden poliert. Foto: Kroatische Münzstätte.

Die Prägestempel der 1-Euro-Münze werden poliert. Foto: Kroatische Münzstätte.

Das Interesse an kroatischen Sammlermünzen

MW: Haben Sie angesichts der Euro-Einführung in Kroatien ein gestiegenes Interesse aus anderen europäischen Ländern beobachtet? Vor allem bei Euro-Sammler, die zuvor keine Kuna-Münzen gesammelt haben, aber nun ihre Sammlung mit kroatischen Euros vervollständigen wollen? 

Ivan Odrljin: Ja. Die Nachfrage, insbesondere nach 2-Euro-Münzen und Kursmünzensätzen, ist deutlich gestiegen. Sammler kommen dabei vor allem aus europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. Die Ausgabe unseres ersten Kursmünzensatzes stieß weltweit auf großes Interesse, und aus verschiedensten Teilen der Welt gingen Anfragen ein. Dieses große Interesse war angesichts der Neuheit kroatischer Euro-Münzen zu erwarten gewesen, aber das Ausmaß der Resonanz übertraf unsere ursprünglichen Erwartungen.

Die öffentliche Wahrnehmung der Euro-Einführung

MW: Können Sie näher ausführen, wie Kroatien die Euro-Einführung erlebt hat? Schließlich ist solch ein Übergang von einer nationalen Währung zu einer Gemeinschaftswährung ein großer Schritt. In der Vergangenheit herrschten in anderen Euroländern gemischte Gefühle vor, da eine nationale Währung oft identitätsstiftend ist. Wie war die Stimmung in Kroatien als der Euro eingeführt und neue Münzen in Umlauf gebracht wurden?

Ivan Odrljin: Die Euro-Einführung hat in Kroatien zahlreiche Emotionen ausgelöst, die den einzigartigen historischen und kulturellen Hintergrund unseres Landes widerspiegeln. Kroatien ist ein relativ junges Land und seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 war der 1993 eingeführte Kuna das Symbol nationaler Identität und Souveränität. Für viele Menschen war der Kuna ein greifbares Symbol für die hart erkämpfte Unabhängigkeit.

Daher lösten die Diskussionen über die Einführung des Euro bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Reaktionen aus. Viele Kroaten – vor allem in der Wirtschaftswelt – standen dem Euro positiv gegenüber, erkannten die wirtschaftlichen Vorteile und begrüßten eine Angleichung an europäische Partner. Auf der anderen Seite gab es aber auch kritische Stimmen, die die Euro-Einführung als eine Abkehr von nationalen Symbolen und Zeichen der Unabhängigkeit betrachteten. Diese Stimmung konnten in der Vergangenheit auch in anderen neuen Ländern der Eurozone beobachtet werden.

Trotz anfänglicher Bedenken wurden die Vorteile des Euros jedoch nach und nach sichtbar. Kroatien ist von Ländern der Eurozone umgeben. Daher erleichterte die Euro-Einführung den Handel und verringerte Wechselkosten. Die beträchtlichen Einsparungen, die sich durch den Wegfall der Wechselkosten von über einer Milliarde Euro pro Jahr ergaben, unterstrichen die wirtschaftlichen Argumente für den Währungswechsel. Zudem macht der Euro Kroatien attraktiver für internationale Investoren, fördert die Öffnung der Wirtschaft und führt zu mehr Zusammenarbeit auf dem europäischen Markt. Obwohl die Umstellung Anpassungen erforderte und nostalgische Gefühle hervorrief, überwogen letztendlich die Vorteile der Euro-Einführung gegenüber der emotionalen Bindung an die frühere Landeswährung.

Die PP-Münze in einer Coincard, die für Stempelglanz-Münzen vorgesehen wasr (links) war eine der numismatischen Überraschungen Kroatiens im ersten Jahr als Euroland. Foto: Wieschowski.

Die PP-Münze in einer Coincard, die für Stempelglanz-Münzen vorgesehen wasr (links) war eine der numismatischen Überraschungen Kroatiens im ersten Jahr als Euroland. Foto: Wieschowski.

Lehren für die Zukunft

MW: Rückblickend konnte Kroatien in seinem ersten Jahr als Euroland bemerkenswerte Erfolge feiern. Zum Beispiel die erfolgreiche Einführung des Kursmünzensatzes in Stempelglanz, der große Aufmerksamkeit erregte und schnell ausverkauft war. Doch es gab auch Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der Qualitätskontrolle von 2-Euro-Gedenkmünzen im Blister. Gibt es rückblickend Punkte, die Sie verbessern möchten, oder Lektionen, die Sie für künftige Unternehmungen gelernt haben?

Ivan Odrljin: Sicher. Wir sind zwar stolz auf den Erfolg von unseres Stempelglanz-Kursmünzsatzes und der Umlaufprägungen, doch wir wissen, dass wir uns in einigen Bereichen verbessern müssen. Insbesondere muss die Qualität unsere Münzen und Blister einheitlicher werden. Hier gab es Abweichungen zwischen den angekündigten Standards und der tatsächlichen Produktqualität. Diese Inkonsistenz werden wir bei künftigen Produktionen korrigieren. Wir haben wertvolle Lehren aus unserem ersten Großprojekt gezogen, und sind entschlossen, Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, um die Qualitätssicherung zu verbessern.

Was die Produktionsmenge angeht, so sind wir uns der begrenzten Verfügbarkeit von PP-Kursmünzensätzen und Stempelglanz-Münzen bewusst, von denen nur 500 resp. 5.000 Stück hergestellt wurden. Trotz der Nachfrage ist keine wesentliche Erhöhung der Produktionsmengen vorgesehen. Doch für reguläre Umlaufgedenkmünzen werden die Ausgabezahlen in diesem Jahr leicht abnehmen, und zwar von aktuell 250.000 auf 200.000 Stück. Zusätzlich wollen wir in Zukunft zwei 2-Euro-Gedenkmünzen pro Jahr ausgeben.

Limitiert auf 500 Stück: Der erste Kursmünzensatz in Stempelglanz wurde für knapp 100 Euro verkauft und ist nun etwa 500 Euro wert. Foto: Kroatische Münzstätte

Limitiert auf 500 Stück: Der erste Kursmünzensatz in Stempelglanz wurde für knapp 100 Euro verkauft und ist nun etwa 500 Euro wert. Foto: Kroatische Münzstätte

MW: Können Sie uns einen Ausblick auf Ihre Pläne für die kommenden Jahre geben?

Ivan Odrljin: Wir sind noch dabei, unser Münzprogramm mit der Nationalbank zu koordinieren. Aber ich kann Ihnen bereits unser allgemeines Vorgehen erläutern. Jedes Jahr werden wir voraussichtlich vier bis sechs Prägungen ausgeben, vor allem Gold- und Silbermünzen. Von diesen Ausgaben werden ein oder zwei in sehr begrenzter Auflage erscheinen, wobei die übrigen Ausgaben höhere Produktionszahlen haben werden. Unser thematischer Schwerpunkt liegt weiterhin auf der kroatischen Geschichte, unserem nationalen Erbe und der kroatischen Kultur.

Zu unseren 2-Euro-Gedenkmünzen kann ich schon ein paar Details verraten. Die erste Ausgabe soll im Juni erscheinen und ist der Stadt Varaždin im Norden Kroatiens gewidmet. Die zweite Ausgabe ist für Oktober oder November geplant, wird ein ähnliches Format haben und in Coincards und Proof-Sets erhältlich sein. Apropos Proof-Set: Wir wollen im April einen weiteren Kursmünzensatz mit einer begrenzten Auflage von 500 Stück ausgeben. Außerdem haben wir bereits unseren Kursmünzensatz 2024 in Stempelglanz ausgegeben, der die Stadt Pula und das berühmte Amphitheater zeigt.

Genaue Details werden in Kürze bekanntgegeben, aber unser übergreifendes Ziel bleibt es, das kroatische Erbe und die kroatische Geschichte mit Prägungen zu würdigen, die von Sammlern und Kroatien-Fans gleichermaßen geschätzt werden.

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