Friedrich III. von Dänemark und Eben Ezer
von Ursula Kampmann im Auftrag von SINCONA
Vom 21. bis zum 25. Oktober 2024 finden die SINCONA-Auktionen 92 bis 95 statt. Wir stellen in diesem Artikel eine von vielen Raritäten daraus vor. Es handelt sich um eine so genannte „Ebenezer-Prägung“ aus Dänemark. Der vierfache Dukat ist nicht nur äußerst selten, sondern auch historisch von höchstem Interesse.
Inhalt
Die so genannten Ebenezer-Prägungen gehören zu den großen Seltenheiten der dänischen Numismatik. Schon in Silber sind Ebenezer-Kronen extrem rar. Die vierfachen Dukaten sind noch wesentlich seltener. Derzeit kennt man sieben Stücke, von denen eines im Königlichen Münzkabinett von Stockholm liegt.
Eines dieser Exemplare wird von SINCONA in Auktion 94 am Nachmittag des 22. Oktobers 2024 versteigert. Es zeigt auf der einen Seite die Hand Gottes, die zum Schwert greift, um eine Hand, die nach einer Krone trachtet, abzuschlagen. Auf der anderen Seite finden wir das Monogramm Frederiks III. auf einem Stein mit der Umschrift EBEN EZER. Was steckt hinter dieser Darstellung? Das erfahren Sie in diesem Artikel.
Frederik III. und sein schwieriges Erbe
Am 8. Mai 1648 trat Frederik III. das Amt des Königs von Dänemark und Norwegen an. Sein Vorgänger hatte ihm schwere Altlasten hinterlassen. Da waren zum einen die hohen Schulden und damit verbunden der große Einfluss des Adels. Jedes Mal, wenn Frederik sich vom Adel Steuern bewilligen lassen musste, erpresste der zusätzliche Privilegien. Besondere Mühe machten Frederik die Adligen, die Christian IV. mit seinen unehelichen Töchtern verheiratet und in hohe Positionen befördert hatte. Corfitz Ulfeldt zum Beispiel sabotierte Frederik III., wo er nur konnte. Gerade Ulfeldt, der den Frieden von Brömsebro 1645 mit Schweden ausgehandelt hatte. Dieser Friede war Frederiks schwerstes Erbe. Durch ihn musste er nicht nur auf die reichen Einkünfte der Provinz Halland und der Inseln Gotland und Ösel (heute Saaremaa / Estland) verzichten, sondern auch auf den Zoll der schwedischen Handelsschiffe, die den Öresund passierten.
Ein missglückter Befreiungsschlag
Frederik III. war ein tatkräftiger Herrscher und begann sofort, ein Problem nach dem anderen anzugehen. Er klagte Corfitz Ulfeldt wegen Veruntreuung an, und vertrieb ihn so aus Dänemark. Danach machte er sich an die Rückeroberung der verlorenen Gebiete. Die Gelegenheit schien günstig: Der schwedische König Karl X. Gustav kämpfte in Polen. So waren seine Truppen weit genug entfernt, um einen Überraschungsangriff zu wagen.
Doch wieder funkte Corfitz Ulfeldt dazwischen. Er war mitsamt seinem Vermögen nach Schweden geflohen und warb mit 150.000 Reichstalern für den schwedischen König ein Heer an, dem er sich selbst als Ratgeber anschloss. Damit war Frederiks Kriegserklärung nach hinten losgegangen: Die Schweden plünderten Jütland. Damit nicht genug: Im Winter 1657/8 fror auf dem Höhepunkt der kleinen Eiszeit der Belt zu, so dass Karl X. Gustav völlig überraschend sein Heer aus Polen nach Dänemark und vor die Tore der Hauptstadt Kopenhagen führen konnte.
Der Panikfrieden und die Belagerung von Kopenhagen
Das zwang Frederik III. zu Verhandlungen – ausgerechnet mit Corfitz Ulfeldt. Zähneknirschend musste er Bedingungen zustimmen, die dem Vertrag den Namen Panikfrieden eingetragen haben. Am 8. März 1658 unterzeichnete Frederik ein Dokument, in dem Dänemark ein Drittel(!) seines Gebietes aufgab. Selbst das genügte Karl X. Gustav nicht. Im Rahmen des Gottorper Reichstags vom 7. Juli 1658 gab er bekannt, er werde nicht ruhen, bis er den dänischen Monarchen von seinem Thron vertrieben habe.
Logistisch war das kein Aufwand: die schwedischen Truppen lagen noch vor Kopenhagen. Als ein erster Angriff auf die Hauptstadt scheiterte, verhängte Karl X. Gustav den Belagerungszustand, um Kopenhagen auszuhungern. Doch das verhinderten die Niederländer. Sie sahen ihren profitablen Handel im Baltikum in Gefahr, sollte Schweden die gesamte Region übernehmen. So sandten sie eine Flotte, die den Nachschub für Kopenhagen sicherte. Und damit blieb Karl X. Gustav nichts anderes übrig, als Kopenhagen noch einmal zu stürmen.
Der Angriff auf Kopenhagen in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 1659
Der erste Angriff fand am Abend des 9. Februar 1659 statt. Dabei mussten die Schweden eine ihrer Sturmbrücken zurücklassen. Diese Sturmbrücken spielten bei Angriffen auf befestigte Städte eine zentrale Rolle. Mit ihnen überquerte man die unvermeidlichen Wassergräben. Die zurückgelassene Sturmbrücke gab den Dänen die Möglichkeit, dieses genormte Teil zu messen. Es maß 36 Fuß. Sofort begann die Besatzung von Kopenhagen, das Eis an den Rändern der Motten und Gräben so weit zu entfernen, dass eine 36 Fuß lange Sturmbrücke nicht genügte, um das Wasser zu überqueren.
Um 4 Uhr morgens bliesen die Schweden erneut zum Angriff. Eine Stunde später traten sie den Rückzug an. 600 gefallene Soldaten blieben vor den Stadtmauern. Noch mehr Männer waren im eiskalten Wasser ertrunken.
Israels Kampf gegen die Philister
Dieser Sieg wird normalerweise herangezogen, um Frederiks Ebenezer Prägung zu erklären. Die eine Seite zeigt nämlich eine deutliche Anspielung auf die politische Situation: Die Hand des schwedischen Königs greift nach der dänischen Krone. Doch die Hand Gottes schlägt die schwedische Hand ab und rettet so die Krone. Soli Deo Gloria – nur Gott allein gebührt die Ehre, kommentiert die Darstellung.
Doch der nach diesem Sieg geschlossene Frieden von Kopenhagen war alles andere als eine Revanche. Darin musste Frederik nämlich ganz Ostdänemark und das Kernland Schonen aufgeben. Dazu erinnerten sich all seine Untertanen an das Eingreifen Gottes zu Gunsten der Schweden, als er den Belt zufrieren ließ, um dem schwedischen König den Übergang zu ermöglichen. Wer so biblisch dachte wie die Menschen des 17. Jahrhunderts assoziierte damit Moses und seinen Durchzug durch das Rote Meer.
Darauf musste Frederik in seiner Propaganda antworten, und er zog dafür das Alte Testament heran. Darin findet sich im 1. Buch Samuel 4,1-7,1 die Erzählung von der schrecklichsten Stunde Israels, als die Bundeslade verloren ging:
Israel erlitt nämlich einst eine vernichtende Niederlage gegen die Philister. Die Ältesten zweifelten an Gott und wollten ihn zur Hilfe zwingen. Sie holten die Bundeslade aus Schilo und zogen mit ihr erneut in den Kampf. Doch wieder siegten die Philister. Im Triumpf führten sie die Bundeslade heim und stellten sie in den Tempel des Dagon von Aschdod. Als sie am nächsten Morgen den Tempel betraten, lag die Statue Dagons auf dem Boden. Sie richteten sie wieder auf, nur um sie am nächsten Morgen zerschmettert zu sehen. Am dritten Tag wurde ganz Aschdod von einer Beulenpest heimgesucht. Das gleiche geschah in Gat und Ekron, wohin die Bundeslade danach gebracht wurde. Nun erst beschlossen die Philister, die Bundeslade nach Israel zurückzuschicken.
Zwanzig Jahre zogen ins Land. Die Bundeslade war zwar zurückgekehrt, aber immer noch bedrängten die Philister Israel. Da fragte das Volk Samuel, wie man den Sieg über die Philister erwerben könne. Er riet dazu, die fremden Götter zu entfernen und nur dem Herrn die Ehre zu geben. Und tatsächlich: Als das Heer der Philister heranrückte, ließ der Herr einen Donner erschallen, der die Philister verwirrte und in die Flucht trieb. Samuel nahm daraufhin einen Stein, stellte ihn auf und nannte ihn Eben Ezer: Stein der Hilfe.
Dieser Stein ist auf der Münze verbunden mit dem Monogramm Frederiks III. zu sehen.
Eine uralte biblische Botschaft als Rechtfertigung für zeitgenössische Politik
Frederik setzte die tiefe Demütigung, die Dänemark erlitten hatte, mit der Situation Israels im Kampf gegen die Philister gleich. Für ihn war die gescheiterte Eroberung von Kopenhagen noch nicht der endgültige Sieg. Dafür war der Vertrag von Kopenhagen für alle Dänen zu schmerzend. Seine Münzprägung ist auf die Zukunft gerichtet: Nur wenn die Dänen ihm die absolute Herrschaft zuerkennen und den Adel entmachten, dann ist ihnen der Sieg gewiss. Diese ist die sinnvollste Erklärung der Verbindung zwischen Eben Ezer und dem Königsmonogramm. Die Umschrift „Der Herr wird dafür sorgen“ interpretiert die Entwicklung der kommenden Monate als gottgewollt, nicht als menschliche Entscheidung.
Der König hatte nämlich dank seiner positiven Rolle während der Verteidigung von Kopenhagen nur wenig an Prestige eingebüßt. So gelang es ihm, die gesamte Verantwortung dem Adel aufzubürden. Damit hatte er einen prachtvollen Sündenbock. Die Vernichtung des Adels wurde zur sittlichen Umkehr, auf die Frederik mit der Abbildung des Eben Ezer anspielte. Im Oktober 1660 entmachtete er in einem revolutionären Akt die Ständeversammlung.
Natürlich gab es dagegen Widerstand. Corfitz Ulfeldt, den die Schweden wegen seiner zu „milden“ Bedingungen im Panikfrieden als Verräter vertrieben hatten, intrigierte wieder in Dänemark. Als der Kurfürst von Brandenburg Frederik informierte, dass Ulfeldt ihm die dänische Krone angeboten habe, war dessen Todesurteil gesprochen. Doch Ulfeldt gelang die Flucht. Er schaffte es bis Basel, wo er sich im kleinen Vorort Riehen versteckte. Als man dort erfuhr, dass sein Kopf 20.000 Taler wert war, versuchte Ulfeldt mit einem Schiff über den Rhein zu entkommen. Ob er dabei plötzlich starb oder sich unter falschem Namen absetzte? Wir werden es wohl nie wissen.
Ein absoluter Herrscher qua Gesetz
Was wir aber wissen, ist, dass Frederik III. den Kampf gegen den Adel gewonnen hat. Er ließ sich am 14. November 1665 per Gesetz zum absoluten Herrscher erklären. Was das bedeutete, verrät uns Artikel 26 des Königsgesetzes: „Was im Vorhergehenden zur Alleinherrschaft des Königs, seiner Macht und Hoheit gesagt oder nicht ausdrücklich gesagt wurde, kann mit diesen wenigen Worten erklärt werden: Der König Dänemarks und Norwegens ist ein freier, absoluter und souveräner Erbkönig.“
Damit ist Dänemark das einzige Land Europas, das per Gesetz den Absolutismus eingeführt hat – und zwar ohne dass danach ein Aufstand losbrach. Dass Frederik trotzdem den Frieden von Kopenhagen nicht revidieren konnte, steht auf einem anderen Blatt.