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Buntes Metall aus Österreich: Die Niob-Münzen

von Daniel Baumbach

Eigentlich gibt es nicht sonderliche viele Metalle, aus denen Münzen hergestellt werden und wurden. Da sind zum einen die Klassiker: Gold, Silber und Kupfer/Bronze. Dazu kommen heute ab und an Platin, Palladium und selten Titan sowie eine Reihe unedler Metalle, allein oder in Legierungen: im wesentlichen Zinn, Zink, Aluminium, Nickel und Eisen. Die Einführung eines neuen Metalls für die Münzprägung ist also alles andere als alltäglich. Und eben das tat die Münze Österreich 2003, als sie erstmals eine Bimetallmünze mit einem Niob-Kern herausgab.

Inhalt

Warum sie Niob verwendete? Weil es sich auf eine spannende neue Art bearbeiten lässt, die man sich in Wien zunutze machte. 

Titan als Vorläufer von Niob

Gehen wir zurück in die Zeit um die Jahrtausendwende. 1992 erschienen die ersten Münzen mit Farbdruck. In den folgenden Jahren eroberten Farbmünzen den Markt und die Sammlerherzen. Doch viele Sammler haderten mit diesen neuen „angemalten“ Münzen. In der technisch stets versierten Münze Österreich suchte man nach einer anderen Möglichkeit, mehr Farbe auf die Münzen zu bringen. Etwa durch ein neues Metall. Die ersten Ergebnisse dieser Versuche erschienen im Jahr 2000. Man entschied sich für Bimetallmünzen mit einem Silberring und einem Titan-Kern. Das schwierig zu bearbeitende Metall war erst kurz zuvor erstmals in der Münzprägung eingesetzt worden, Österreich gehörte zu den ersten, die Titanmünzen ausgaben. 

Die erste Münze der Münze Österreich mit Titankern aus dem Jahr 2000: 100 Schilling, Kommunikation / Millennium. Foto: Münzhandlung Ritter.

Die erste Münze der Münze Österreich mit Titankern aus dem Jahr 2000: 100 Schilling, Kommunikation / Millennium. Foto: Münzhandlung Ritter.

Nun hat Titan nicht gerade eine aufregende Farbe, und auch ein neues ausgeklügeltes Bearbeitungsverfahren blieb hinter den Erwartungen zurück. Dennoch waren die 100-Schilling-Münzen von 2000 und 2001 zu den Themen „Kommunikation“ und „Mobilität“ technisch beeindruckend. 

Diese beiden Titan-Münzen werden von heutigen Niob-Sammlern oft übersehen, da sie im Gegensatz zu den Nachfolgern noch in Schilling-Zeiten geprägt wurden. Aber was Motive, Auflage und technische Spezifikationen angeht, sind diese innovativen Stücke eng mit den Niob-Münzen verwand und eine sinnvolle Ergänzung zur Sammlung österreichischer Niobprägungen.

Niob? Was ist Niob?

Auf der Suche nach einem besser geeigneten Metall arbeitete die Münze Österreich mit dem auf Metall spezialisierten Tiroler Hightech-Unternehmen Plansee zusammen. Und tatsächlich fand man nach vielen Experimenten ein Metall, dass sich sehr gut für die Münzprägung einsetzen ließ: Niob.

Stellen wir uns zunächst die Frage, die sich damals die meisten stellten: Was zum Kuckuck ist denn Niob? Niob ist ein seltenes Metall, das wie Titan hauptsächlich in der Raumfahrttechnik oder bei der Verarbeitung von Stahl verwendet wird. Der eigenartige Name leitet sich von Niobe ab, einer Königin von Theben aus der griechischen Mythologie. Warum das Metall nach der Königin benannt wurde? Weil es einem anderen Metall sehr ähnlich ist: Tantal, das wiederum nach Niobes Vater benannt wurde, Tantalos. Warum Tantal nach Tantalos benannt wurde? Kurz: Weil die Eigenschaften des Metalls den Chemiker, der es entdeckte, an eine Geschichte aus der griechischen Mythologie erinnerte. Falls es Sie genauer wissen wollen, kann Ihnen Wikipedia helfen.

Zurück zu Niob. Das ist von Natur aus eigentlich nur grau, was erst einmal nicht zu den gesuchten Färbemöglichkeiten zu passen scheint. Doch das Spannende an Niob ist: Man kann das Metall in verschiedensten Farben zum Erstrahlen bringen. Das erreicht man durch ein Verfahren namens Anodischer Oxidation. Dabei wird eine Oxidschicht auf der Oberfläche des Metalls erzeugt. Je nach Dicke dieser Schicht bricht das Licht anders und das Niob erhält eine andere Farbe. Bei früheren Experimenten mit Titan hatte man es nur zu verschiedenen Grautönen geschafft. Bei Niob aber, das dafür auch noch deutlich weniger hoch erhitzt werden muss, führt dieser Vorgang zu schillernden Farben aller Art.

Die erste Niob-Münze war der Stadt Hall in Tirol gewidmet. Foto: Emporium Hamburg.

Die erste Niob-Münze war der Stadt Hall in Tirol gewidmet. Foto: Emporium Hamburg.

Innovation und Tradition

Das Ergebnis dieser Experimente war die erste Niob-Münze der Welt, die 2003 ausgegeben wurde. Sie hatte einen Nennwert von 25 Euro, einen Silberring und einen Kern aus bläulichem Niob. Thematisch passte es sehr gut, dass die innovative Münze einem der großen Innovationszentren des Münzwesens gewidmet war: der Stadt Hall und ihrer 700-Jahrfeier. Unter anderem gelang hier im Spätmittelalter erstmals die serielle Herstellung von Großsilbermünzen, den ersten Talern – obwohl dieser Name erst später verwendet wurde. Das Negativ dieser ersten Großsilbermünze, des Guldiners Sigismund des Münzreichen von 1486, ist auf der Niob-Münze abgebildet. Wir sehen einen beeindruckenden Ritter hoch zu Ross in voller Rüstung. Auf der wortwörtlich anderen Seite präsentiert man moderne Technik: Wir sehen die Vermessung der Stadt Hall mit damals hochmoderner Satellitentechnik -– samt seinerzeit futuristischer Digitalwecker-Schrift, die heute schon eher zum nostalgischen Schmunzeln anregt.

Der Erfolg der ersten Niob-Münze war beeindruckend und überraschte wohl selbst die Münze Österreich. Die Münze erschien in einer Auflage von 50.000 Stück mit einem damaligen Ausgabepreis von 37,90 Euro. Sie war sehr schnell ausverkauft. Die Preise auf dem Zweitmarkt schossen ebenso schnell in die Höhe. Auch deshalb war das Interesse für die 2. Ausgabe ein Jahr danach so groß, dass die Münzen schon durch Vorbestellungen restlos ausverkauft waren. Infolgedessen wurde die Auflage ab der dritten Niob-Münze 2005 auf 65.000 erhöht und ist seitdem unverändert geblieben. Ab diesem Zeitpunkt war der erste Hype vorbei und die Nachfrage konnte befriedigt werden, die Wertsteigerung ist überschaubar. Die ersten Jahrgänge und vor allem die Hall-Münze hat jedoch einen hohen Sammlerwert und wird heute mit um die 450 Euro bepreist.

Die zweite Niob-Ausgabe wurde 2004 der Semmingbahn gewidmet, einem Meilenstein der Österreichischen Eisenbahngeschichte Foto: Emporium Hamburg.

Die zweite Niob-Ausgabe wurde 2004 der Semmingbahn gewidmet, einem Meilenstein der Österreichischen Eisenbahngeschichte Foto: Emporium Hamburg.

 Heute haben die Niob-Münzen weniger Bezug zu Österreich, wie die aktuelle Ausgabe „Leben im All“ von 2022 gut verdeutlicht. Foto: Emporium Hamburg.

Heute haben die Niob-Münzen weniger Bezug zu Österreich, wie die aktuelle Ausgabe „Leben im All“ von 2022 gut verdeutlicht. Foto: Emporium Hamburg.

Seit 2003 erscheint jährlich eine weitere Niob-Münze zu 25 Euro. Diese laufen nicht unter einem offiziellen Seriennamen, sind aber manchmal unter den Überschriften „Technologie in Österreich“ oder „Faszination Technik“ geführt. Frühe Ausgaben waren Eisenbahnen, der Luftfahrt oder Tunnelbauprojekten gewidmet. Inzwischen gehen die Motive mehr in Richtung Zukunftsvisionen und Science-Fiction, wie das klassische „kleine grüne Männchen“ auf der aktuellen Ausgabe „Leben im All“ deutlich zeigt.

Ab 2007 leuchteten die Farben der Niob-Kerne strahlender als zuvor. Ab diesem Jahr wurde das Gewicht des Kerns außerdem von 7,15 g auf 6,5 g reduziert. Foto: Emporium Hamburg.

Ab 2007 leuchteten die Farben der Niob-Kerne strahlender als zuvor. Ab diesem Jahr wurde das Gewicht des Kerns außerdem von 7,15 g auf 6,5 g reduziert. Foto: Emporium Hamburg.

Die erste zweifarbige Niob-Münze von 2014 mit dem Titel „Evolution.“ Foto: Emporium Hamburg.

Die erste zweifarbige Niob-Münze von 2014 mit dem Titel „Evolution.“ Foto: Emporium Hamburg.

Schaut man sich die Niob-Münzen seit 2003 an, merkt man deutlich, was in dieser Zeit für Fortschritte in der Entwicklung gemacht wurden. Die optimale Bearbeitung von Niob wurde weiter erforscht. Ab 2007 war man daher in der Lage, strahlendere Farbeffekte als zuvor zu erzielen. Auch die Motive wurden immer komplexer und detailreicher. Ein besonderer Meilenstein wurde 2014 erreicht, als für die Ausgabe „Evolution“ erstmals ein mehrfarbiger Niob-Kern präsentiert werden konnte – übrigens eine der Münzen, für die ebenfalls eine gewisse Wertsteigerung zu verzeichnen ist. Seit 2014 werden alle Niobmünzen der Münze Österreich zweifarbig gestaltet.

 Coty-Preisträger 2022 als beste Bimetallmünze: Gläserner Mensch von 2020. Foto: Emporium Hamburg.

Coty-Preisträger 2022 als beste Bimetallmünze: Gläserner Mensch von 2020. Foto: Emporium Hamburg.

 Coty-Preisträger 2010 als innovativste Münze: Faszination Licht von 2008. Foto: Emporium Hamburg.

Coty-Preisträger 2010 als innovativste Münze: Faszination Licht von 2008. Foto: Emporium Hamburg.

Coty-Preisträger 2013 als beste Münze auf ein zeitgenössisches Ereignis: Robotik/Mars-Roboter von 2011. Foto: Emporium Hamburg.

Coty-Preisträger 2013 als beste Münze auf ein zeitgenössisches Ereignis: Robotik/Mars-Roboter von 2011. Foto: Emporium Hamburg.

Rezeption

Auch nach bald 20 Jahren erfreuen sich die Niob-Münzen großer Beliebtheit bei den Sammlern. Die Fachwelt honoriert die technische Leistung dahinter regelmäßig bei den Coin-of-the-Year-Awards. Allein bei den letzten acht Awards (2015-2022) wurden Niob-Münzen der Münze Österreich sechs Mal (!) als beste Bimetall-Münzen ausgezeichnet. Den Preis für die innovativste Münze erhielt die Niob-Reihe seltsamerweise erst für die fünfte Niob-Prägung aus dem Jahr 2008.

Eine Niob-Münze der Münze Österreich für Luxemburg: 5 Euro, Bourscheid, 2012. Foto: Münzhandlung Ritter.

Eine Niob-Münze der Münze Österreich für Luxemburg: 5 Euro, Bourscheid, 2012. Foto: Münzhandlung Ritter.

Eine Niob-Münze der Münze Österreich für Lettland: 1 Lats, Mondphasen, 2010. Foto: Münzhandlung Ritter.

Eine Niob-Münze der Münze Österreich für Lettland: 1 Lats, Mondphasen, 2010. Foto: Münzhandlung Ritter.

Eine Niob-Münze aus Kanada: 5 Dollar, Ice Fishing, 2013. Der Niob-Teil ist hier lediglich eine einseitige Einlage. Foto: Royal Canadian Mint.

Eine Niob-Münze aus Kanada: 5 Dollar, Ice Fishing, 2013. Der Niob-Teil ist hier lediglich eine einseitige Einlage. Foto: Royal Canadian Mint.

Eine zweifarbige Titanmünze von Pobjoy für die British Virgin Islands: 5 Dollars, Flamingo, 2021. Foto: Pobjoy Mint.

Eine zweifarbige Titanmünze von Pobjoy für die British Virgin Islands: 5 Dollars, Flamingo, 2021. Foto: Pobjoy Mint.

Man kann allerdings nicht davon sprechen, dass sich Niob sonst etabliert hätte, was vielleicht auf das anspruchsvolle Herstellungsverfahren zurückzuführen ist. Es gibt noch Münzen mit Niobkern aus Lettland und Luxemburg, in beiden Fällen produziert von der Münze Österreich. Weiterhin hat die Royal Canadian Mint, die dafür bekannt ist, Innovationen aus der ganzen Welt für ihre Münzen aufzugreifen, seit 2011 einige Niob-Münzen geprägt. Auch auf Non Circulating Legal Tender für Inselstaaten findet man ab und an Niob. Die ursprünglich von der Münze Österreich verworfene Verfärbung von Titan wird inzwischen ebenfalls erfolgreich umgesetzt: Der British Pobjoy Mint beispielsweise gelingen inzwischen auch mit diesem Metall zweifarbige Ausgaben.

Niob-Münzen haben als eine Alternative zu Münzen mit Farbdruck begonnen. Die Reihe der Münze Österreich läuft seit bald 20 Jahren erfolgreich. Eine wirkliche Konkurrenz zum inzwischen fast allgegenwärtigen Farbdruck ist die Technik freilich nie geworden. Und natürlich produziert auch die Münze Österreich AG inzwischen Münzen mit Farbdruck. Dennoch ist ihr mit der technisch spannenden Niob-Reihe eine Bereicherung der Münzwelt gelungen, die diese ein Stückchen bunter gemacht hat.

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