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Tagungsbericht: Coining Values: Bronze between Money and Scrap

Von Claire Franklin Werz, übersetzt von Joachim Stollhoff

Eine Konferenz, die sich ausschließlich mit archäologischen Bronzefunden befasst, scheint auf den ersten Blick eine seltsame Idee. Aber die Absicht dieser faszinierenden Konferenz war es, Wissenschaftler aus ganz Europa zusammenzubringen, die die vielen Fundplätze und Gebiete an den äußeren Grenzen des römischen Reiches und noch weiter außerhalb in der Spätantike erforschen, wo offensichtlich Handel stattfand, wo aber „Geld“ im traditionellen Sinn nicht gebraucht wurde oder nur einen begrenzten Wert hatte.

Spätantike Bronzefragmente werden oft als Schrott oder Recyclingmaterial interpretiert – zurecht? Bild: Universität Bonn.

Spätantike Bronzefragmente werden oft als Schrott oder Recyclingmaterial interpretiert – zurecht? Bild: Universität Bonn.

In diesen Gegenden begegnet man vielen Bronzefunden, aber welchen Wert stellten sie dar? Wurde das Metall als wertvoller Rohstoff gesehen, und wenn das so war, wie drückt sich das dann in der Bearbeitung, dem Handel und der Lagerung aus? Es ist sicher schwierig, diese Fragen zu beantworten, vor allem in Gebieten, in denen die archäologischen Befunde spärlich und nur schwer interpretierbar sind. Die Redner waren alle erfahrene Forscher auf ihrem Gebiet, und sie kamen aus verschiedenen Ländern, darunter Deutschland, den USA, Großbritannien, Schweiz, Italien, Polen und der Ukraine, und sie untersuchten das Thema in ihren Referaten auf unterschiedliche Art.

Die Veranstalter selbst, Anna Flückiger und Jan Bemmann von der Universität Bonn, näherten sich dem Thema mit aufgeschlossener Haltung, umrissen die grundsätzlichen Probleme und erklärten, dass es sie interessiere, wie andere Wissenschaftler damit umgehen.

  • Nach der Einführung stellte Fleur Kemmers (Universität Frankfurt am Main) die Rolle des Geldes in der gesellschaftlichen Konstruktion von Wert dar: als Tauschmittel, seinen Gebrauchswert, seine soziale Bedeutung, und wendete diese anthropologischen Gedanken dann auf das frühe römische Bronzegeld aes rude an. Sie erklärte, die gesellschaftliche Akzeptanz sei das eigentlich Wichtige bei solchen „Währungen“, wobei es beim aes rude schwer zu erkennen sei, welche Autorität für die Herausgabe verantwortlich war.
  • Ralph W. Matheisen (University of Illinois) betrachtete die Rolle der unedlen Metalle im römischen Recht, in Verwaltung und Kultur aus einem philologischen Blickwinkel, untersuchte einige der antiken Begriffe für verschiedene Metalle und die schriftlichen Quellen für den Gebrauch von Metall: Die Gesetze von Diocletian und von Theodosius enthalten mehrmals Vorschriften zur Produktion und zum Gebrauch von Metallen, und in einigen Fällen können die Bezeichnungen für verschiedene Metalle auch die Münzprägung in diesen Metallen bezeichnen.
  • Anna Flückiger (Universität Basel / Bonn) untersuchte den Gebrauch von Hackbronze. Der Begriff „Hacksilber / hacksilver“ ist in der Archäologie gebräuchlich. Bronzeschrott wird bei archäologischen Ausgrabungen auch oft gefunden, und es ist möglich, dass er in bestimmten Gewichtseinheiten dazu benutzt wurde, das Geldsystem zu ergänzen, mit einer gewissen Überschneidung von Münzen und „Münz-Ähnlichem“.
  • Philip Smither (Portable Antiquities Scheme, Great Britain, und University of Kent) stellte spätrömische Bronzefunde von Richborough in Ost-Kent vor, (wo 43 n. Chr. die römische Eroberung Britanniens begann). Es wurden dort mehr als 50 000 Münzen ausgegraben, von denen sich viele in die Zeit von 388 bis 402 n. Chr. datieren lassen, zusammen mit spätrömischen Bronzefibeln und anderem Metallschrott, was darauf hinweist, dass dort Metallreste wiederverwertet wurden.
  • Fraser Hunter (National Museum of Scotland, Edinburgh) sprach über Hacksilberfunde in Britannien aus dem 2. bis 7. Jh. n. Chr., wo sie auf beiden Seiten der Grenze gefunden wurden, und zeigte, dass Silberplatten oft in Stücke geschnitten wurden, die bestimmten Gewichtseinheiten entsprachen.

Am Freitag wurde die Konferenz fortgesetzt.

  • Eckhard Wirbelauer (Université de Strasbourg, Frankreich) zeigte „argentei minuti“ aus einem Gräberfeld bei Niedernai im Elsass aus spätrömischer bis früh-mittelalterlicher Zeit.
  • David Wigg-Wolf (Frankfurt am Main / DAI) fragte, was in Deutschland geschah, nachdem die Münzstätten zur Spätrömerzeit zu prägen aufgehört hatten. Er diskutierte einige theoretische Erklärungen von Geld und Handel in Bezug auf soziale Strukturen der spät- und nachrömischen Zeit.
  • Rahel Otte (Universität Bonn) stellte einen Fund von Rheindalen (Rheinland) vor und untersuchte den Geldumlauf in der Region: Eine große Zahl von „barbarous radiates“ wurde in einer ländlichen Siedlung hinter dem Limes gefunden, in einer Gegend, in der sich zahlreiche Hinweise auf germanische Siedler und auch auf lokale Herstellung von „radiate coins“ finden.
  • Markus Peter (Universität Basel / Augusta Raurica, Schweiz) sprach über einige Schweizer Münzfunde, darunter die von Ueken und Kallnach. Die Funde enthalten „radiate coins“ aus der Zeit vor der Münzreform des Diocletian 293/4, und es scheint, dass der Eigentümer diese Münzen beiseite legte, um auf einen besseren Umtauschkurs zu warten – der dann nie kam.
  • Marcus Zagermann (Universität Freiburg) präsentierte die umfangreichen Funde von Schrott, der von antiken Bewohnern einer abgelegenen spätantiken Hügelsiedlung in San Martino (Lomaso, Trentino) gesammelt wurde. Es gibt dort auch Hinweise auf Metallverarbeitung.
  • Alessandro Bona (Università Cattolica del Sacro Cuore, Milan) sprach über den Münzumlauf in Mailand im 5. Jh. n. Chr. und zeigte einige Funde spätrömischer Münzen aus Teilen der antiken Stadt.
  • Giulia Bison (University of Leicester, UK) erforschte die Situation in der Stadt Rom, die Veränderungen in der Benutzung und der Wahrnehmung öffentlicher Räume im späten Kaiserreich, und sprach über die Wiederverwertung von Bronzestatuen und anderer Gegenstände und den Altmetallhandel in der Hauptstadt.
  • Holger Komnick (Universität Bonn) betrachtete die Fundverteilung spätrömischer Bronze-Kleinmünzen von der 2. Hälfte des 4. Jh. n. Chr. in Mittel- und Ostdeutschland.
  • Aleksander Bursche, Kirill Myzgin und Anna Zapolska (Universität Warschau) gaben gemeinsam einen Überblick über römische Bronzemünzen im Osten des Mittel-Barbaricum, und wie römische Münzen und Metallobjekte in Funden östlich des Limes, in Ostdeutschland, in Polen und der Ukraine vertreten sind.
  • In Fortsetzung des Themas des Münzumlaufs außerhalb des römischen Reiches im östlichen Barbaricum sah sich Anna Zapolska die Münzfunde an, den Gebrauch der Münzen und ihre Funktion in westbaltischen Gemeinschaften.
  • Peter Bray (University of Reading, UK) sprach einige der Probleme an, die sich für Metallurgiker bei der Untersuchung römischer und frühmittelalterlicher Metalllegierungen ergeben, wenn sie durch die Metallzusammensetzung die Herkunft und die Geschichte von Objekten bestimmen wollen. Er erwähnte besonders den britischen Cunetio Hoard von „radiate coins“ des 3. Jh. n. Chr. und wies auf Unterschiede in der Metallzusammensetzung zwischen den Münzen des Gallischen Reiches und des Römischen Reiches hin.
  • Thomas Schierl (Universität Marburg) behandelte die sozio-ökonomischen Aspekte von Bronze in der mitteldeutschen Bronzezeit – außerhalb der Grenzen des römischen Reiches – anhand von Bronzefibeln in Thüringen, wo lokale Gemeinschaften den römischen Stil kopierten.

Diese Tagung war eine lebhafte, umfangreiche und inhaltsreiche Zusammenkunft an den Schnittflächen von Metall-Gebrauch und Münzen als Währung. Sie brachte internationale Forscher in Kontakt, die an sehr unterschiedlichen archäologischen Zusammenhängen arbeiten. Einige Beiträge behandelten theoretische Annäherungen an das Material, während andere ganz konkrete Metallfunde von einem bestimmten Fundort oder einer Landschaft beschrieben. Bei einem derartig weit gesteckten Rahmen war es schwer, eine Synthese aus allen angesprochenen Themen zu finden, aber für mich als Numismatikerin war es interessant, über die Beziehungen zwischen (Bronze-) Münzfunden und Funden von anderen Metallobjekten nachzudenken. Alles in allem bewiesen die Vorträge, dass die europäische Erforschung der unterschiedlichen Landschaften der spätrömischen und nach-römischen Welt lebendig und aktiv ist.

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