„S·E·S·A·M“ – Systematische Erfassung Sachsen-Anhaltischer Münzen
In Anknüpfung an die erfolgreichen Digitalisierungsprojekte der letzten Jahre, bei denen die eigenen Bestände des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA) sowie des Landesmünzkabinetts Sachsen-Anhalt im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) im Fokus standen, kann sich das LDA dank der Forderung des Landes Sachsen-Anhalt seit einem Jahr einer neuen Aufgabe widmen: der digitalen Erfassung und Erschließung von Fundmünzen, die sich heute in den kleinen und mittelgroßen Museen des Landes Sachsen-Anhalt befinden. Das zeitliche Spektrum reicht dabei von der Antike bis zum Inkrafttreten der Reichsmünzgesetze von 1871/73. Umfassende Informationen zum Projekt und zu den Möglichkeiten einer Beteiligung bietet nun eine neue Website.
Am 1. Juli 2022 konnte am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen- Anhalt (LDA) dank der Förderung des Landes Sachsen-Anhalt und der Unterstützung des Landesmünzkabinetts Sachsen-Anhalt im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) in Magdeburg und des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt e. V. das Projekt „S·E·S·A·M – Systematische Erfassung Sachsen-Anhaltischer Münzen“ seine Arbeit aufnehmen. Ab heute informiert eine eigene Website über das Projekt, die ersten Arbeitsergebnisse und die Möglichkeiten zu einer Beteiligung.
Das Projekt „S·E·S·A·M“ schließt sich an die erfolgreichen, durch das Land Sachsen-Anhalt beziehungsweise das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Digitalisierungsprojekte „Digital Heritage 2017/18“ und „Rares-Bares“ an. Im Rahmen dieser beiden Projekte konnten bereits große Teile der Fundmünzen Sachsen-Anhalts für die Forschung und die Allgemeinheit gesichert werden, indem die Sammlungen des LDA und des Landesmünzkabinetts Sachsen-Anhalt neu erschlossen und digital erfasst wurden.
Systematische Erhebungen ergaben, dass landesweit noch in mindestens 47 überwiegend kommunalen Museen bislang wenig bis gar nicht erschlossene und digitalisierte Münzsammlungen vorhanden sind. Durch die breitgefächerten Aufgaben der Museen fehlen oft die Kapazitäten und die technische Ausrüstung, solche Bestände zu erfassen. Das LDA bietet diesen Häusern nun die Möglichkeit, an einem effektiven, langfristig abgesicherten und durch Fachpersonal betreuten qualitativ hochwertigen Digitalisierungsprozess teilzunehmen. Die Ergebnisse der Digitalisierung werden in kompatiblen Datenformaten ortsunabhängig für die Forschung und die Allgemeinheit gesichert und einsehbar gemacht.
Die flächendeckende Erfassung und Dokumentation von Fundmünzen ermöglichen erst ihre wissenschaftliche Auswertung. Kaum eine andere Fundgattung lässt sich von der Herstellung bis zur Deponierung so sicher beschreiben wie Münzen. Sie stellen für die archäologische, landes- und wirtschaftsgeschichtliche Forschung eine der bedeutendsten Quellen dar, besonders für jene Epochen, aus denen nur wenige schriftliche Zeugnisse überliefert sind. Aufbauend auf den bereits erfolgten Digitalisierungsarbeiten ist es das Ziel des Projektes „S·E·S·A·M“, die Datenbasis zu vervollständigen. Münzhortfunde, die einst zwischen verschiedenen Sammlungen aufgeteilt wurden, können virtuell wieder zusammengeführt und ausgewertet werden. Miteinbezogen werden nun auch die antiken Fundmünzen, nachdem das Projekt „Rares-Bares“ auf Münzen aus Mittelalter und Neuzeit fokussiert hatte. Den zeitlichen Schlusspunkt der Erfassung bildet das Reichsmünzgesetz von 1871/73, nach dem alle Münzen einheitlich gestaltet werden sollten und die große Vielfalt an Münztypen ein Ende fand.
Die Digitalisierung erfolgt abermals mit dem „Optical System for Coin Analysis and Recognition“, kurz „O.S.C.A.R.“, das in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut IFF bereits im Rahmen des Digitalisierungsprojekts „Digital Heritage 2017/18“ entwickelt wurde. Dieses Erfassungsgerät erstellt, basierend auf etwa 1.000 optischen Merkmalen und in einer Zeit von nur fünf Minuten, einen „digitalen Fingerabdruck“ einer Münze. Zusätzlich wird ein 2 1⁄2D-Modell errechnet, das es erlaubt, Prägedetails der oft korrodierten Fundmünzen genauer zu betrachten. Das System wurde in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt und verbessert.
Die erzeugten Bilder und erhobenen numismatischen Objektdaten werden über die bewährte KENOM-Datenbank („Kooperative Erschließung und Nutzung der Objektdaten von Münzsammlungen“) erfasst und zugänglich gemacht. In dieser speziell für die Münzerfassung entwickelten Datenbank, die verschiedene Museen, Bibliotheken und Universitäten sowie Institutionen der Denkmalpflege und der Numismatik zur Bestandserschließung und -verwaltung nutzen, wird auch der Fundkatalog der Numismatischen Kommission verwaltet und aktualisiert. Hier werden Informationen zum Fundort und Fundkontext erfasst und gepflegt, die aus Inventarbüchern, Sammlungsverzeichnissen, Briefkorrespondenten und so weiter recherchiert wurden.
Bis heute konnten bereits über 13.500 Münzen mit „O.S.C.A.R.“ digital erfasst werden. Für etwa 5.000 von ihnen sind auch bereits die numismatischen Daten in der KENOM-Datenbank erfasst.
Das Projekt „S·E·S·A·M“, das noch bis Ende 2026 läuft, ist in der deutschen Fundmünznumismatik einzigartig. Nie zuvor wurde der Versuch unternommen, den Fundmünzbestand, der sich in verschiedenen öffentlichen Einrichtungen eines ganzen Bundeslandes befindet, flächendeckend systematisch zu erschließen und zu digitalisieren. Damit ist das Projekt richtungsweisend und kann neue Impulse für die Forschung geben.