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Münzen verkaufen bei eBay und Co.: Ist die Panik um das PStTG gerechtfertigt?

von Sebastian Wieschowski

Drei, zwei, eins, meins – dieser deutsche Slogan des US-amerikanischen Auktionsplattform-Betreibers „eBay“ ist längst in den alltäglichen Sprachgebrauch übergegangen. Und es ist zum Motto für viele Münzensammler geworden, die über das Internet weitere Münzen für ihre Sammlung kaufen oder doppelte Exemplare versteigern. Bereits seit Anfang des Jahres 2023 ist die Stimmung in der Bucht jedoch getrübt, denn durch ein neues Gesetz mit dem sperrigen Namen „Plattformen-Steuertransparenzgesetz“ (PStTG) müssen Betreiber digitaler Plattformen die Transaktionsdaten ihrer Nutzer an die zuständigen Steuerbehörden melden – jetzt wird es ernst für eBayer hierzulande: Bis Ende März müssen die Plattformen die Daten aus 2023 melden. 

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Illustration: „highyou“ / Canva Pro.

Illustration: „highyou“ / Canva Pro.

Nicht zuletzt durch regelmäßige Berichte in überregionalen Medien mit Überschriften wie „Dann schmeiß’ ich es eben weg – Verkauf auf Ebay kann teuer werden“ (Münchner Merkur) oder „eBay verpfeift euch ans Finanzamt“ (Netzwelt.de) ist die Verunsicherung auch bei Münzensammlern groß, künftig in den Fokus des Fiskus zu geraten. Und diese Sorge ist durchaus berechtigt, denn die Freigrenzen von 30 Verkäufen oder einem Gesamterlös von 2.000 Euro können auch Hobby-Sammler leicht erreichen. Ein paar doppelte Zwei-Euro-Münzen einzeln einstellen? Da kommen schnell 30 Verkäufe zusammen. Oder eine Gold-Unze versteigern? Sofort ist die 2.000-Euro-Grenze überschritten.

Keine Panik in der Bucht für echte Privatverkäufer

Bei genauerer Betrachtung ist die Panik bei eBay-Nutzern jedoch größtenteils unnötig – denn für die allermeisten Privatverkäufer ändert sich nichts. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) nicht erfunden wurde, um das gelegentliche Verkaufen von privaten Gegenständen zu verhindern, so wie es beispielsweise auf einem guten alten Flohmarkt völlig normal ist. 

Das Gesetz zielt vielmehr auf den gewerblichen Handel auf jeglichen Onlineplattformen – dazu gehört beispielsweise die Vermietung von Wohnraum bei Airbnb. Wer seine unangemeldete Ferienwohnung hier regelmäßig zur Vermietung anbietet, hatte schon vor der Einführung des „PStTG“ ein dauerhaftes Problem. 

Und auch so genannte „Scheinprivate“ bei eBay lebten schon immer gefährlich – das Bundeszentralamt für Steuern durchforstet seit vielen Jahren mithilfe einer Software namens Xpider die gängigen Online-Marktplätze, um gewerblichen Händlern auf die Schliche zu kommen. Dazu kommt die latente Gefahr einer Abmahnung durch „echte“ Händler wegen einer möglichen Wettbewerbsverzerrung.

Neu ist dagegen die Verpflichtung der Plattformbetreiber, ihre Nutzer bei Überschreiten bestimmter Freigrenzen routinemäßig an die Finanzbehörden zu melden. eBay hat dies nach eigenen Angaben im Januar 2024 erstmals getan und will künftig jeweils im Januar die Daten des Vorjahres übermitteln. Dazu gehört der Gesamtumsatz aus allen Transaktionen des letzten Geschäftsjahres, abzüglich Verkaufsgebühren, Rückerstattungen und anderen Gebühren. Außerdem werden die persönlichen Daten inklusive des Bankkontos, auf das die Verkaufserlöse gezahlt oder dem sie gutgeschrieben wurden, sowie die steuerliche Identifikationsnummer übermittelt. So soll sichergestellt werden, dass auch Nutzer mit mehreren eBay-Konten erfasst sind.

Wird das Finanzamt in jedem Fall tätig?

Mit der Übermittlung dieser Daten haben eBay und Co. ihrer Pflicht aus dem Plattformen-Transparenzgesetz genüge getan – und der Ball liegt im Feld der Finanzverwaltung, genauer gesagt beim Bundeszentralamt für Steuern. Dort gehen die Listen von eBay ein, aber auch von Airbnb und allen anderen Plattformen, die unter das Gesetz fallen. Das Bundeszentralamt für Steuern gibt diese Daten an das zuständige Finanzamt vor Ort weiter.

Was eines Tages die Finanzbeamten mit den erhobenen Daten machen, kann je nach Finanzamt durchaus unterschiedlich ausfallen. Aus einzelnen Finanzämtern war bereits zu vernehmen, dass schlicht die personellen Kapazitäten fehlen, um die Datenberge nach steuerrechtlich relevanten Fällen zu durchforsten. Zudem dürften die Finanzämter, die diesen Aufwand betreiben, die betroffenen Steuerzahler zuerst auffordern, ihre Einkünfte zu erklären.

Dann geht in den meisten Fällen sowohl für die Finanzbeamten als auch die Steuerzahler die Arbeit erst richtig los: Belege für die verkauften Gegenstände müssten vorgebracht und Tabellen mit allen Verkäufen und dem jeweiligen Anschaffungszeitpunkt und dem ursprünglichen Kaufpreis erstellt werden. Wer seine Hausaufgaben in Form einer lückenlosen Dokumentation seiner eBay-Verkäufe in der Hinterhand hat und zudem den gesunden Menschenverstand walten lässt, kann auch künftig ruhig schlafen – und abwarten, ob sich der Finanzbeamte wirklich den Stress macht, diese Unterlagen genau zu untersuchen, oder nicht doch lieber seine Zeit in Verdachtsfälle zu investieren, bei denen eine größere Steuerschuld zu holen ist. 

Hat jemand dagegen als Dauerbeschäftigung ein Versandgeschäft mit täglichem Warenausgang als Privatverkäufer laufen, steigt künftig die Gefahr, erwischt zu werden – und je absurder und offensichtlicher der Schwarzhandel ist, desto eher dürften die Finanzämter genau hinsehen und unangenehme Fragen stellen. 

Vorsicht vor Spekulationsgewinnen und Umsatzsteuerpflicht

Grundsätzlich sind bei der steuerlichen Betrachtung von privaten Verkäufen von Sammlerstücken wie Münzen einige Leitplanken zu beachten, die mit den Freigrenzen von 30 Verkäufen oder einem Gesamterlös von 2.000 Euro aus dem Plattformen-Transparenzgesetz nicht unbedingt etwas zu tun haben. Einerseits ist zu prüfen, ob der Weiterverkauf innerhalb der so genannten „Spekulationsfrist“ von einem Jahr erfolgte. 

Dann wäre dieser „Spekulationsgewinn“ in der Steuererklärung anzugeben und mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz zu versteuern – es sei denn, der Gewinn liegt unter 600 Euro. Zwar dürfte diese Schallmauer bei vielen Münzen leicht erreicht werden, doch die allermeisten Sammler besitzen Münzen normalerweise länger als ein Jahr, bevor sie sich von einem Stück aus der Sammlung trennen – sie dürfen den Gewinn also steuerfrei vereinnahmen.

Problematisch wird es erst, wenn die Verkäufe regelmäßig erfolgen – dann kann der Verdacht entstehen, dass es sich eigentlich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt. In diesem Falle haben Privatverkäufer alle Rechte und Pflichten wie der Münzhändler um die Ecke: Sie müssen im Internet ein ordentliches Impressum samt Widerrufsbelehrung vorweisen, Umsatzsteuer abführen und für die Echtheit ihrer angebotenen Münzen geradestehen. 

Zusätzlich erschwert wird die Prüfung der Gewerblichkeit, weil dafür keine verbindlichen Regeln gelten. Gewerblich ist laut Gesetz jede nachhaltige Tätigkeit, um Einnahmen zu erzielen – das heißt also, dass jemand auch dann gewerblich tätig sein kann, wenn er ständig Münzen mit Verlust verkauft. Und die Frequenz der Verkäufe ist nicht einzig entscheidend, auch die Beschaffenheit der Ware: Wer ständig neue Kursmünzensätze oder immer wieder dieselben 2 Euro Münzen aus der Rolle verkauft, wird dies wohl kaum als private Sammlungsverwaltung schönreden können.

eBay bietet kostenlose Beratung an und klärt auf

Auf den ersten Blick sollte es also keinerlei Anlass zur Sorge für die meisten Münzensammler geben, die in erster Linie ihrem Hobby nachgehen und in unregelmäßigen Abständen einzelne Stücke aus ihrer Sammlung verkaufen. Dennoch ist die Verunsicherung groß – eBay hat aus diesem Grund seinen Nutzern kostenlose Beratungen angeboten und veranstaltet mit Steuer-Bloggern regelmäßig Webinare. Im Gespräch mit dem Podcast „Graded Moments“ hat Tilmann Kuhla, Legal Director bei eBay Deutschland, eine einfache Formel parat: „Ich würde mir ganz ehrlich die Frage stellen: Mach ich das hier, um Gewinn zu machen, oder weil es ein Hobby ist?“ Die allermeisten Nutzer, die sich gegenwärtig Sorgen machen, tun dies nach Einschätzung von Kuhla zu Unrecht.

Der Steuerberater „Steuern mit Kopf“, der die Einzelberatungen für eBay-Nutzer auf Kosten der Online-Auktionsplattform anbietet, stellt klar: „Ziel des PStTG ist u.a. das Erkennen von Steuervermeidung. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie für Ihre private Verkaufstätigkeit Steuern zahlen müssen. Der private Verkauf von privaten Gegenständen auf eBay, zum Beispiel beim Aussortieren von alten Sachen, führt in Deutschland nicht zu einer Steuerbelastung.“ Oliver Klinck, Chef von eBay Deutschland, betonte im Interview mit dem Hamburger Abendblatt im November 2023: „Mit Sachen, die man aus dem Keller und vom Dachboden verkauft“, macht man in der Regel keinen Gewinn im gewerblichen Sinn. 

Zudem gibt es eine wichtige Einschränkung, die der oberste eBay-Jurist Tilmann Kuhla wiederholt betonte: In der ersten Melderunde für das Jahr 2023 waren nur eBay-Konten betroffen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes eröffnet wurden, also ab dem 1. Januar 2023. Alle anderen eBay-Nutzer, deren Konto vor 2023 eingerichtet wurde, bleiben vorerst verschont – sie müssen sich darauf einstellen, dass erstmals die Umsätze aus 2024 im kommenden Jahr gemeldet werden.

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