Der Münzschatz von Merishausen
Das Museum zu Allerheiligen zeigt vom 15. März bis zum 19. Oktober 2025 ein Kabinett-Ausstellung zum Münzschatz von Merishausen. Damit wird publikumswirksam die Forschung rund um dieses interessante Ensemble präsentiert.
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Begonnen hat eigentlich alles bereits im September des Jahres 1922. Damals beabsichtigte der Merishauser Bauer Georg Meister, in seiner Scheune einen modernen Betonboden einzuziehen. Dafür musste er graben, und dabei stieß er auf ein Gefäß mit rund 1.087 Münzen aus Gold und Silber. Die Nachricht vom Fund verbreitete sich schnell. Schon am 22. September berichtete das Schaffhauser Intelligenzblatt darüber und versicherte seinen Lesern, dass der Fund wissenschaftlich recht wertvoll sei.
Wissenschaftlich wertvoll, das war das Schlüsselwort, denn das 1912 erlassene Schweizerische Zivilgesetzbuch unterschied zwischen „normalen“ Schätzen, bei denen sich Finder und Eigentümer den Wert mehr oder minder teilten, und Altertümern „von erheblichem wissenschaftlichem Wert“. In so einem Fall war vorgesehen, dass das Eigentum an den Kanton falle, Finder und Grundeigentümer aber „Anspruch auf eine angemessene Vergütung“ haben sollten.

Zeugnisse einer ersten wissenschaftlichen Bearbeitung des Fundes durch Eugen Tatarinoff. Staatsarchiv Schaffhausen, RRA 5/6 und Museum zu Allerheiligen Schaffhausen. Foto: Julius Hatt.
Was nun angemessen sein sollte, darüber hatte Georg Meister seine eigene Meinung. Er traute den Schaffhauser Beamten nicht, reinigte selbst – sehr unfachmännisch – das Material, um sich auf eigene Faust um eine Schätzung zu kümmern. Dummerweise machte der erste „Sachverständige“ ihm viel zu hohe Hoffnungen. Deshalb brauchte es Monate und mehrere zusätzliche Gutachten, bis sich Meister 1924 bereiterklärte, den gesamten Fund gegen einen „Finderlohn“ von 3.000 Franken an den Kanton abzutreten. Der Altertumsforscher Eugen Tatarinoff fertigte ein zwölfseitiges Inventar an, ordnete die Münzen in kleine Münztütchen und lieferte ein vorläufiges Vergrabungsdatum von nach 1554.
Eine neue Bearbeitung ein Jahrhundert nach dem Fund
Damals kam der Fund ins gerade gegründete Museum zu Allerheiligen, wo er mal ausgestellt, mal im Archiv rund ein Jahrhundert lag. Bis Adrian Bringolf, frischgebackener Kurator der numismatischen Sammlung des Museums zu Allerheiligen, sich entschied, diesen Schatzfund zum Thema seiner Masterarbeit zu machen. Schließlich waren die Münzen inzwischen zwar nach modernsten Vorgaben inventarisiert, aber nie wissenschaftlich ausgewertet worden. Und das obwohl der Fund von Merishausen schon wegen seines Umfangs und seines Werts zu den bedeutenden Hortfunden des Raums Süddeutschland – Schweiz gehört.
Er enthält 45 Goldmünzen, 20 Taler, 6 Halbtaler und über tausend kleinere Silbermünzen. Die meisten Stücke kommen aus dem süddeutschen Raum von Schaffhausen bis Salzburg, von Konstanz bis über Bayern hinaus. Dabei sind die Regionen, in denen Silber abgebaut wurde, wie Hall oder das Erzgebirge, besonders reich vertreten. Rund 30 Münzen stammen aus Italien. Die Goldmünzen sind mit wenigen Ausnahmen französisch. Den weitesten Weg legten je eine Münze aus Sevilla in Spanien, aus Lissabon in Portugal, aus Antwerpen, damals in den spanischen Niederlanden, und aus York in England zurück.
Was war der Münzhort zum Zeitpunkt der Verbergung wert?
Adrian Bringolf errechnet als Wert für den gesamten Hort einen Buchwert von 6.900 Rechnungskreuzern bzw. 115 Rechnungsgulden. Dabei entsprachen die Goldmünzen zwei Fünftel des Gesamtwerts, die Großsilbermünzen einem weiteren Fünftel, die über Tausend kleinen Silbermünzen den letzten beiden Fünfteln.
Für 115 Rechnungsgulden hätte man übrigens im Jahr 1554 rund 5.500 Liter Wein kaufen können – oder einen Weinberg – vielleicht sogar ein Häuschen in Merishausen; jedenfalls wechselte 1523 ein Haus in der Schaffhauser Brudergasse für 195 Gulden den Besitzer.
Der Schatzfund von Merishausen stellte also einen erheblichen Wert dar, vor allem in einer Zeit, in der nur ein Bruchteil des täglichen Geschäfts in Bargeld abgewickelt wurde.

Schweizer Söldner in der Schlacht von Novara. Glasgemälde um 1530. Berner Historisches Museum. Foto: KW.
Ein Söldner als Eigentümer des Schatzfundes?
Ein Gegenwert von 115 Rechnungsgulden in Gold, Groß- und Kleinsilber – angehäuft in verschiedensten Nominalen aus unterschiedlichen Gegenden mit Prägedaten zwischen ca. 1510 und 1553, dazu vier Schlussmünzen mit der Jahreszahl 1554: sieht so der Schatz eines Händlers aus? Adrian Bringolf meint: Eher nicht. Er schlägt eine typisch Schweizerische Variante vor: Das Hortprofil würde bestens zu den Ersparnissen eines Söldners passen. Und dass die Einwohner von Schaffhausen und Umland sich gerne als Reisläufer ein zusätzliches Einkommen verschafften, bestätigen die Urkunden. Besonders gut würde zum Beispiel Junker Spiegelberg passen. Er beteiligte sich 1512 an der Schlacht von Pavia, nahm 1525 als Hauptmann der Eidgenossen an einem Kriegszug gegen Ulrich von Württemberg teil und warb für den König von Frankreich Söldner an. 1554 starb Spiegelberg, also genau in dem Jahr, in dem die Schlussmünze des Hortfundes geprägt wurde.
All das ist natürlich kein Beweis, und das weiß Adrian Bringolf nur zu gut, aber es ist ein hübsches Gedankenspiel, das es uns ermöglicht, uns besser vorzustellen, wie der Schatzfund von Merishausen zusammengekommen sein könnte.

Blick in die Ausstellung „Der Münzschatz von Merishausen“ im Museum zu Allerheiligen / Schaffhausen. Foto: Jeannette Vogel
Eine Ausstellung als Resultat der Forschungen
Wer noch mehr über den Münzschatz wissen will und wer den Schatzfund gerne im Original sehen möchte, bevor er wieder im Archiv verschwindet, der sollte es nicht versäumen, die Ausstellung im Museum zu Allerheiligen zu besuchen. Sie ist vom 15. März bis zum 19. Oktober 2025 geöffnet und bietet ein hochinteressantes Rahmenprogramm mit vielen Führungen und Vorträgen. Wenn sie Ihre Familie mitbringen wollen, empfehlen wir den Sonntag, den 31. August 2025. Da gibt es unter dem Titel „Kleine Kiste für große Schätze“ ein Angebot für Klein und Groß. Aber auch sonst erhalten Kinder ab 5 Jahren an der Museumskasse ein Bastelset, mit dem sie selbst Gold- und Silbermünzen gestalten können.