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Queen Anne: Großbritannien auf dem Weg zur Weltmacht

von Ursula Kampmann

Am 26. Mai 2025 versteigert SINCONA als Teil 6 der British Collection die Medaillen. Was für Schätze sich darunter finden, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel. Er beschäftigt sich mit Queen Anne, unter der sich Großbritannien zur bedeutendsten Handelsmacht Europas entwickelte.

Inhalt

Was wissen Sie eigentlich über Queen Anne? Numismatiker werden sofort an den Raubzug von Vigo denken und an die englischen Münzen, die daraufhin aus spanischem Silber geprägt wurden. Kunstliebhaber assoziieren einen Baustil, Antiquitätenhändler bestimmte Möbel, Cineasten Olivia Colman und das war’s.

Doch all das wird Queen Anne nicht gerecht. Sie war eine Frau, der es das Leben nicht leicht gemacht hat. Und trotzdem besaß sie großen Einfluss auf Großbritanniens Weg in die Zukunft. Davon erzählen wir Ihnen in diesem Artikel anhand ihrer Medaillen.

Krönungsporträt von Queen Anne, um 1702 von John Costerman. National Portrait Gallery / London.

Krönungsporträt von Queen Anne, um 1702 von John Costerman. National Portrait Gallery / London.

Die Vorgeschichte

Fragen wir uns erst einmal, warum Queen Anne überhaupt an die Herrschaft kam. Dazu ist ein Blick auf ihre Abstammung notwendig. Annes Vater war Jakob II., jüngerer Bruder von jenem Karl II., der nach Cromwells Tod den väterlichen Thron zurückgewann. Da Karl II. keine Kinder hatte, erbte Jakob nach ihm den Thron. Doch er war sehr unbeliebt bei der Oberschicht. Das lag vor allem an einem Interessenskonflikt: Jakob wollte herrschen. Das wollte die Oberschicht auch. Die Religion war da nur ein prachtvoller Vorwand, um die eigenen Machtgelüste zu bemänteln. Also warf die Oberschicht Jakob seine Konversion zum Katholizismus vor und seine zweite Ehe mit einer Katholikin. Folgen hatte das kaum, solange die Kinder aus dieser Ehe regelmäßig starben. Doch dann gebar die Königin einen Sohn, der überlebte und damit rechtskräftiger Thronfolger war.

Ein dynastisch unzweifelhaft legitimierter Thronfolger hätte den Einfluss der Oberschicht auf das Königsamt drastisch beschränkt. Und dann war er auch noch katholisch! Welches der beiden Argumente wohl die sieben britischen Adligen motivierte, nur zwanzig Tage nach seiner Geburt William von Oranien das Königsamt anzubieten? William war nicht nur kalvinistisch, sondern auch noch Gatte Marias, der ältesten Tochter Jakobs aus erster Ehe. Man konnte also einen Anspruch auf den Thron konstruieren. So brachten William und Maria das niederländische Heer mit; Jakob floh mit Weib und Thronprätendent; und am 11. April 1689 hatte England einen neuen König samt Königin. Es war das passiert, was die Propaganda später als Glorious Revolution verherrlichte, man wohl aber besser als Staatsstreich bezeichnen sollte.

Goldmedaille auf die Landung von William von Orange bei Torbay im Jahr 1688, geschaffen von R. Arondeaux. 49,3 mm. 58,41 g. Vorzüglich. Taxe: 15.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 134.

Goldmedaille auf die Landung von William von Orange bei Torbay im Jahr 1688, geschaffen von R. Arondeaux. 49,3 mm. 58,41 g. Vorzüglich. Taxe: 15.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 134.

Medaillen wie diese trugen zum Mythos der Glorious Revolution bei. Wir sehen auf der Rückseite eine weibliche Personifikation, die auf ihrem Kopf die drei Kronen von England, Schottland und Irland trägt. Sie verneigt sich vor dem im Stil eines römischen Kaisers gekleideten William und heißt ihn durch Handschlag willkommen. Für die Allianz steht auch der Orangenbaum, den englische Rosen und schottische Disteln umranken. Im Hintergrund geht die Sonne auf und weist so auf die neue, ruhmvolle Zukunft des Landes hin, während darunter der alte König flieht.

Die Deutung liefert die Umschrift: Mit Gott als Beschützer und der Gerechtigkeit als Begleiterin. Auf der Rückseite sehen wir die niederländischen Invasionstruppen, die, wie die Umschrift behauptet, gegen das Kind des Verderbens und für die englische Freiheit kämpfen. Mit historischer Wahrheit hat diese Propaganda natürlich nichts zu tun.

Warum bestieg Queen Anne den Thron?

Maria starb 1694 kinderlos an den Pocken, also mit nur 32 Jahren. Bis zum 29. Juni 1700 war das kein Problem. Denn sie hatte ihre jüngere Schwester Anne, die nach dem Tod Williams den Anspruch auf den Thron erben konnte; und Anne hatte trotz zwölf Fehlgeburten und dem Verlust von vier Kindern einen Sohn übrig behalten, der inzwischen stolze 11 Jahre alt war und nach ihr den Thron erben würde. Doch an dem besagten 29. Juli starb der Junge an den Pocken. Das war nicht nur für die Mutter eine Tragödie, sondern auch für die englischen Adel. Denn die gerade so mühsam begründete neue Herrscherlinie war damit unzweifelhaft beendet. Die Macht drohte an Jakob II. zurückzufallen. Eine Katastrophe! Nicht weil er katholisch war, sondern weil er alle, die an seiner Vertreibung beteiligt waren, entmachtet hätte.

Was folgte, war der so genannte Act of Settlement, schon wieder ein Euphemismus. Denn es handelte sich um keine Einigung, sondern um einen weiteren Rechtsbruch. Das Parlament beschloss am 24. Juni 1701, Jakob II. und seinen Nachkommen alle Rechte auf den Thron abzuerkennen und sie auf Sophie von der Pfalz – über ihre Mutter eine Enkelin von Jakob I. – zu übertragen.

Der Beschluss kam gerade rechtzeitig. Denn William starb am 19. März 1702 an den Folgen eines Reitunfalls, und damit wurden Anne (nicht aber ihr Gatte Georg!) gekrönt.

Goldmedaille auf die Krönung von Queen Anne im Jahr 1702. 35,4 mm. 18,57 g. Vorzüglich. Schätzung: 10.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 197.

Goldmedaille auf die Krönung von Queen Anne im Jahr 1702. 35,4 mm. 18,57 g. Vorzüglich. Schätzung: 10.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 197.

Die Krönung von Queen Anne

Das ist bemerkenswert. Fürchtete das Parlament, sich noch einmal mit einem so entscheidungsfreudigen König auseinandersetzen zu müssen wie William es war? Tatsächlich versuchten die Parlamentarier, die Macht der Königin auch anderweitig zu beschneiden. Sie erließen eine Fülle von Gesetzen, die fast die moderne Gewaltenteilung vorwegnahmen.

Umso interessanter ist die Darstellung, die Queen Anne für ihre Krönungsmedaille wählte. Sie erscheint darauf als Pallas Athena, die mit dem Blitz einen Giganten erschlägt. Die Umschrift lautet: Sie ist die Vize-Regentin des Donnerers. Eine auf den ersten Blick merkwürdige Darstellung und Umschrift. Doch die englische Oberschicht hatte noch zu gut eine andere Medaille in Erinnerung, die Annes Großvater, Charles II., im Jahr 1660 anlässlich seiner Rückkehr auf den Thron gestalten ließ: Hier schleudert Zeus, mit dem sich Charles II. assoziiert, seine Blitze auf die Erdgeborenen, Symbol für die Männer, die seinem Vater Amt und Leben raubten.

Anne sprach mit dieser Darstellung eine deutliche Warnung an ihre politischen Gegner aus, sie und ihre Herrschaft ernst zu nehmen. Tatsächlich gelang es ihr schon in den nächsten Monaten, ihre Position gegenüber dem Parlament deutlich zu stärken.

Goldmedaille auf den Sieg von Höchstädt im Jahr 1704 von J. Boskam. 44 mm. 49,91 g. Schätzung: 15.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 205

Goldmedaille auf den Sieg von Höchstädt im Jahr 1704 von J. Boskam. 44 mm. 49,91 g. Schätzung: 15.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 205

Der Herzog von Marlborough

Dazu trugen auch die Mitarbeiter, mit denen sie sich umgab, bei. Ihren wohl wichtigsten Unterstützer verdankte sie noch ihrem Vorgänger. William hatte John Churchill, Earl of Marlborough, zum Oberkommandierenden seiner Streitkräfte ernannt.

Diese Maßnahme war eine Reaktion auf den Tod des spanischen Königs Karl II, der am 1. November 1700 kinderlos verstorben war. Mit seinem Tod stand das spanische Weltreich zur Disposition. Natürlich erhoben die österreichischen Habsburger Ansprüche. Aber auch das aufstrebende Frankreich unter Ludwig XIV. hätte sich diesen Brocken zu gerne einverleibt. Das hätte allerdings unkalkulierbare Folgen für den Welthandel gehabt, und die fürchteten vor allem England und die Niederlande. Trotzdem war es ein Geniestreich Churchills, sowohl den Habsburger Kaiser Leopold I. als auch die niederländischen Generalstaaten zu überzeugen, gemeinsam gegen Frankreich vorzugehen – diplomatisch, aber vor allem militärisch.

So ist der Sieg von Höchstädt, den die Alliierten am 13. August 1704 errangen, eine Frucht der Begabungen Churchills, was auf dieser Medaille zum Ausdruck kommt. Churchill beherrscht hoch zu Ross das Geschehen. Auch die Umschrift ist auf ihn ausgerichtet: Unter dem Kommando von Marlborough wurden die Franzosen und die Bayern an der Donau noch einmal besiegt, wobei die ungeheure Armee des Feindes zerschlagen wurde.

 Goldmedaille auf den Sieg von Höchstädt im Jahr 1704 von J. Crocker. 34,4 mm. 25.13 g. Fast unzirkuliert. Schätzung: 10.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 206

Goldmedaille auf den Sieg von Höchstädt im Jahr 1704 von J. Crocker. 34,4 mm. 25.13 g. Fast unzirkuliert. Schätzung: 10.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 206

Der Sieg von Höchstädt

Die feindliche Armee wurde zerschlagen. Das ist richtig. Denn zwei militärische Genies hatten hier zusammengewirkt: Churchill und Prinz Eugen von Savoyen. Sie schädigten mit der Schlacht von Höchstädt – oder von Blenheim, wie die Engländer sagen – den Nimbus der französischen Unbesiegbarkeit nachhaltig. Das verkündet diese Goldmedaille in ihrer Umschrift: 36.000 Männer von den Franzosen und Bayern bei Blenheim gefangen und getötet; 163 Feldzeichen erbeutet.

Zu sehen ist die auf einem Globus thronende Britannia mit Speer und Victoria. Zu ihren Füßen kniet ein nackter Krieger auf den erbeuteten Waffen und einigen Schlüsseln. Diese stehen für die vielen Städte, die nun unter kaiserliche Herrschaft kamen. Max Emanuel musste ins Exil; sein Bayern wurde besetzt; Frankreich verlor jeglichen Einfluss in Süddeutschland.

Goldmedaille auf die Schlacht von Ramillies im Jahr 1706 von J. Crocker. 34,9 mm. 24,28 g. Sehr schön bis vorzüglich. Schätzung: 5.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 214.

Goldmedaille auf die Schlacht von Ramillies im Jahr 1706 von J. Crocker. 34,9 mm. 24,28 g. Sehr schön bis vorzüglich. Schätzung: 5.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 214.

Der Sieg von Ramillies

Zwei Jahre später errang Churchill einen weiteren großen Sieg nahe dem belgischen Ramillies. Wieder beklagten seine Gegner nicht nur große Verluste – diesmal gab es 13.000 Tote und 6.000 Gefangene – sondern auch die Rückeroberung der Spanischen Niederlande mit den reichen Handelsstädten Brügge, Antwerpen und Gent durch die feindlichen Streitmächte.

Wie Crocker das auf dieser Medaille darstellt, ist innovativ: Wir sehen die betroffenen Provinzen auf einer Landkarte, die zwei Famae, Götterbotinnen mit langen Trompeten, zwischen sich halten.

Der Act of Union von 1707

Und doch waren es nicht diese großen Siege, die 1707 den Weg zum Act of Union – der Vereinigung Englands und Schottlands zu Großbritannien – frei machten, sondern eine Mischung aus Zufall, wirtschaftlicher Fehlplanung und der politischer Interessenslage.

Schließlich kokettierte das schottische Parlament sehr zum Missfallen der englischen Politiker immer wieder mit der alternativen Erbfolgeregelung zu Gunsten Jakobs II. Als unabhängiges Königreich mit einem eigenen Parlament hätte es in einem Worst Case Szenario durchaus zu einer Abspaltung Schottlands unter einem eigenen Herrscher kommen können, vor allem während Englands militärische Kräfte im Ausland gebunden waren.

Doch dann geriet die schottische Wirtschaft in eine Schieflage. Da waren zunächst die Sieben Mageren Jahre, unter denen die einfache Bevölkerung entsetzlich litt. Missernten brachten Hungersnöte, die zwischen 5 und 15% aller Schotten das Leben kosteten.

Darunter berührte die Oberschicht zwar kaum, aber auch sie hatte wirtschaftliche Sorgen. Man hatte sich verspekuliert. Die schottischen Investoren hatten im Welthandel mitspielen wollen und zu diesem Zweck eine Handelsgesellschaft gegründet. Die sollte ausgerechnet am Darién Gap eine Handelskolonie betreiben. Das Problem war der Umfang der Investitionen. Etwa 20% des gesamten Geldbestands Schottlands war in dieses Projekt geflossen. Als die Handelsgesellschaft nun krachend scheiterte und alle Investoren den kompletten Einsatz verloren, drohte Schottland eine unkontrollierbare Wirtschaftskrise. Und in dem Moment lockte das englische Parlament mit Vereinigung und den umfangreichen Geldmitteln, die in einem solchen Fall nach Schottland fließen würden. Der Handel kam zustande. Und noch heute besingen schottische Folksänger die Horde Schurken, die die schottische Freiheit für englisches Gold verkauften.

 Silbermedaille auf die Union zwischen England und Schottland im Jahr 1707 von J. Croker. 47,2 mm, 42,11 g. Vorzüglich. Schätzung: 300 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 218.

Silbermedaille auf die Union zwischen England und Schottland im Jahr 1707 von J. Croker. 47,2 mm, 42,11 g. Vorzüglich. Schätzung: 300 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 218.

Eine Silbermedaille erinnert daran. Sie zeigt auf der Rückseite den (gekrönten!) englischen Löwen mit einem Schild, auf dem die schottische Distel zu sehen ist. Zu seiner Linken finden wir das schottische Einhorn. Es trägt um den Hals eine Krone, daran die übliche Kette und präsentiert eine Frühform des Union Jack. Darauf überlagert das englische Georgskreuz das schottische Andreaskreuz.

Bitte betrachten Sie aufmerksam die Büste der Königin, denn Sie werden Kleid und Krone gleich auf einer undatierten Goldmedaille wiedererkennen, die deshalb etwa gleichzeitig entstanden sein muss.

Goldmedaille auf die Union zwischen England und Schottland im Jahr 1707, unsigniert von J. Croker. 70,5 mm Durchmesser. 272,08 g. Gutes sehr schön. Schätzung: 25.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 219.

Goldmedaille auf die Union zwischen England und Schottland im Jahr 1707, unsigniert von J. Croker. 70,5 mm Durchmesser. 272,08 g. Gutes sehr schön. Schätzung: 25.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 219.

Es handelt sich um eine schwere Goldmedaille, die nicht auf ein historisches Ereignis anzuspielen scheint, sondern die Rolle Annes im neuen, vereinigten Königreich beschreibt. Sie greift dabei das Thema der Krönungsmedaille wieder auf. Wir sehen eine wehrhafte Athena mit Speer und Medusenschild. Die Umschrift lautet: Das Palladium des neuen Troja.

Nun war das Palladium der heiligste Kultgegenstand im antiken Rom. Wie wir aus Vergils Aeneis wissen, glaubten die Römer, ihr Urvater Aeneas habe es aus dem brennenden Troja gerettet, weil keine Stadt untergehen könne, solange sie ausschließlich gerechte Kriege führe und das Palladium in ihren Mauern berge. Er brachte das Palladium nach Rom, wo es die Vestalinnen es hüteten.

Durch die Verbindung zu diesem Mythos beanspruchte Anne die Rolle einer Sicherheitsgarantin im neuen Großbritannien, das durch die Vereinigung von England mit Schottland entstanden war.

Wir sollten bei dieser Gelegenheit auch daran denken, dass Gold- und Silbermedaillen im beginnenden 18. Jahrhundert weniger als Sammelobjekte hergestellt wurden, sondern vor allem als Geschenke mit hohem Geldwert im diplomatischen Verkehr dienten. Wir können uns durchaus vorstellen, dass Queen Anne mit diesen noblen Präsenten im Zuge der Neuordnung des vereinten Parlaments Anhänger für ihre Politik gewinnen wollte.

Goldmedaille auf den Frieden von Utrecht 1713, von J. Croker. 59,3 mm. 122 g. Vorzüglich bis Stempelglanz. Schätzung: 15.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 245.

Goldmedaille auf den Frieden von Utrecht 1713, von J. Croker. 59,3 mm. 122 g. Vorzüglich bis Stempelglanz. Schätzung: 15.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 245.

Der Frieden von Utrecht

Denn auch wenn Anne nominell die Königin war, schränkte das Parlament ihre Kompetenzen drastisch ein. Und dieses Parlament wurde – ähnlich wie heute – von Parteien beherrscht, die nicht nur ihre eigene Weltsicht hatten, sondern auch auf den Vorteil ihrer Zielgruppe hinarbeiteten. Da kämpften die Whigs unter John Churchill gegen die Tories, die endlich den teuren Krieg um die Spanische Erbfolge beenden und das Steuersäckel entlasten wollten. Die Tories gewannen 1710 die Wahl und begannen daraufhin sofort, mit Frankreich wegen eines Sonderfriedens zu verhandeln. Sie erreichten es, dass am 29. Januar 1712 der große Friedenskongress in Utrecht begann. Er führte bereits am 11. April 1713 zu wichtigsten Einigungen zwischen Briten und Franzosen. Denn die Briten waren Ludwig XIV. sehr entgegengekommen! Die Vertragskonditionen spiegelten in keiner Weise der militärischen Realität.

Denn Großbritannien erkannte den Enkel Ludwigs XIV. als neuen Herrscher Spaniens an, solange der versprach, dass Frankreich und Spanien nie in Personalunion unter einem Bourbonen vereinigt sein würden. (Was er übrigens angesichts des Salischen Erbfolgerechts gar nicht versprechen konnte.) Im Gegenzug verzichtete Ludwig XIV. auf jede weitere Unterstützung der Nachkommen Jakobs II.

Von den Besitzungen Spaniens sicherte sich Großbritannien einige Filetstückchen, so Gibraltar, Menorca und das Monopol auf den einträglichen Sklavenhandel mit den spanischen Kolonien in Amerika. Dazu kamen große Gebiete in Nordamerika, die zum profitablen Herzstück der britischen Kolonie werden sollten. Großbritannien verließ den Verhandlungstisch als die bedeutendste Handelsmacht Europas, was die hier gezeigte Medaille zum Ausdruck bringt: Neben Britannia sehen wir nämlich eine Fülle von unterschiedlichen Schiffstypen, die alle im Handel eingesetzt wurden.

Annes Tod

Während die Diplomaten in Utrecht an den letzten Feinheiten des Friedens feilten, war Anne mit einer ernsthaften Regierungskrise konfrontiert. Der bisherige Lord Treasurer Robert Harley verlor selbst bei seinen engsten Freunden den Rückhalt. Auch Anne war über sein Benehmen äußerst aufgebracht. Sie selbst war schwer krank, häufig bettlägerig, gesundheitlich verbraucht, und musste sich mit einem Lord Treasurer herumschlagen, der seine Geschäfte vernachlässigte, häufig zu spät, ja gar betrunken zu Sitzungen kam, sich ihr gegenüber respektlos benahm und die Lage anscheinend nicht mehr im Griff hatte. Am 27. Juli 1714 entzog Anne Robert Harley ihr Vertrauen. Er musste sein Amt zurückgeben. Doch danach gelang es der Königin auch nach zwei Krisensitzungen nicht, eine neue Regierung zu bilden. Eine Situation, die sie schwer belastete.

Sie erlitt am 30. Juli 1714, kurz vor der dritten Krisensitzung, einen Schlaganfall, der sie ihrer Sprachfähigkeit beraubte. Sie starb am 1. August 1714 um 7.30 morgens. Wir wissen, was ihr Leibarzt darüber an einen Freund schrieb: „Ich glaube, dass einem müden Reisenden der Schlaf nie willkommener war als ihr der Tod.“ (I believe sleep was never more welcome to a weary traveller than death was to her.) Anne wurde nicht einmal 50 Jahre alt!

Goldmedaille auf die Machterhebung Georgs I. am 12. August 1714 von E. Hannibal. 66,8 mm. 172,97 g. Vorzüglich bis Stempelglanz. Schätzung: 30.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 255.

Goldmedaille auf die Machterhebung Georgs I. am 12. August 1714 von E. Hannibal. 66,8 mm. 172,97 g. Vorzüglich bis Stempelglanz. Schätzung: 30.000 CHF. Aus Auktion SINCONA 96 (26. Mai 2025), Nr. 255.

Der Deutsche auf dem englischen Thron

Damit war der Erbfall eingetreten. Ganz England wettete darauf, wer nun die Herrschaft übernehmen würde: ein Stuart oder dieser deutsche Kurfürst aus Hannover, der nicht mal richtig Englisch konnte? Wir wissen, wie es weiterging. Das Haus Hannover sollte bis 1901 über England herrschen, ehe es durch das Haus Sachsen-Coburg und Gotha abgelöst wurde, das sich mitten im Ersten Weltkrieg in Haus Windsor umbenannte.

Die Jakobiten? Die versuchten noch mehrmals ihren britischen Thron zu erobern. Gelungen ist es ihnen nicht.

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