Mark und Pfennige erben: Was sollten Hinterbliebene mit DM-Münzen tun?
Von Sebastian Wieschowski
Nach einer Erbschaft werden Hinterbliebene oft mit einzelnen Münzen und Banknoten oder mit ganzen Münzsammlungen konfrontiert, die aus der Zeit der Deutschen Mark stammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten viele Deutsche das Münzensammeln als Hobby und sicherten sich regelmäßig die neuesten Gedenkmünzen bei ihrer Bank oder hielten im Wechselgeld Ausschau nach seltenen Jahrgängen. Diese Münzen wurden über Jahrzehnte sorgfältig aufbewahrt und stellen heute eine Verbindung zu einer vergangenen Ära dar. Doch die Frage bleibt: Was sind diese alten Münzen tatsächlich wert?
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Die Realität ist für die meisten Erben ernüchternd. Trotz des emotionalen Wertes, den solche Sammlungen für manche haben mögen, besitzen die meisten Münzen aus der Zeit der Deutschen Mark keinen nennenswerten Sammlerwert. Die Gründe dafür sind vielfältig: Oft handelt es sich um Massenware, die in großen Stückzahlen geprägt wurde, oder um Gedenkmünzen, die zwar von historischen Ereignissen zeugen, aber aufgrund ihrer unedlen Legierung nicht besonders begehrt sind. Für die Erben stellt sich daher die Frage, was mit den Münzen geschehen soll.
Kleinmünzen in Pfennig und Mark: Endstation Bundesbank
Im Gegensatz zu den Menschen in den meisten anderen Euro-Ländern haben die Deutschen einen entscheidenden Vorteil, wenn sie auf Münzen aus der Zeit vor der Euro-Einführung stoßen: Die Bundesbank tauscht Münzen und Banknoten in DM unbegrenzt in Euro um. Dadurch landen die meisten Kleinmünzen aus der Ära der Deutschen Markt, die entweder fein säuberlich in Münzalben sortiert oder in Dosen aufbewahrt wurden, letztendlich in der Münzschmelze und im Metall-Recycling, statt in Sammlungen weitervererbt zu werden.
Dennoch lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Einzelne Stücke könnten aufgrund von besonderen Prägungen oder Jahrgängen doch einen gewissen Marktwert besitzen. Es empfiehlt sich daher, vor dem endgültigen Gang zur Bundesbank eine fachkundige Einschätzung einzuholen, um möglicherweise wertvolle Münzen nicht unbeachtet in den Schmelztiegel zu schicken.
Kleine Schätze in Opas Wechselgeld
Vor dem Eintauschen von Umlaufmünzen aus der Zeit der Deutschen Mark ist es ratsam, den Münz-Fundus nach kleinen und großen Raritäten zu durchsuchen. Dabei ist es ziemlich wahrscheinlich, dass Hinterbliebene auf die folgenden weit verbreiteten Mark-Stücke treffen:
- Die 1 DM Münze aus dem Jahr 1954 mit der Prägestätte „G“ wird wegen ihrer vergleichsweise geringen Erhaltung mit 5 bis 10 Euro gehandelt.
- Die 2-DM-Umlaufmünzen aus dem Jahr 1951 hatten eine kurze Lebensdauer, wegen der Verwechslungsgefahr mit den 1-DM-Münzen wurden sie nach wenigen Jahren aus dem Verkehr gezogen und heutzutage auch nicht mehr von den Bundesbanken eingetauscht. Das ist auch gut so, denn ihr Marktwert liegt je nach Erhaltung bei 10 bis 20 Euro pro Stück – obwohl die Auflage im zweistelligen Millionenbereich liegt.
- Alle 5 DM-Umlaufmünzen von 1951 bis 1974 enthalten (wie die Gedenkmünzen der damaligen Zeit) einen Feingehalt von 625/1000 Silber. Die „Silberadler“ werden somit zum gleichen Ankaufspreis bei Edelmetallhändlern bewertet wie die 5-DM-Sondermünzen bis 1979.
Top-Raritäten: Der Traum eines jeden Münzensammlers
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, dass sich eine der legendären Raritäten aus der numismatischen Epoche der Deutschen Mark in einer Hinterlassenschaft verbirgt, sollten Erben und Sammler besonders aufmerksam nach den folgenden Schätzen schauen:
- 2-Pfennig-Stück (1969 J): Eine Nadel im Heuhaufen ist ein Exemplar, das aus reinem Kupfer geprägt wurde. Es sollen nur rund 500 Stück existieren, während die Normalausführung in Eisen rund 40 Millionen Mal produziert wurde. Ein einfacher Versuch bringt Gewissheit: Stößt der Magnet die Münze ab, handelt es sich um die seltenen Kupfer-Stücke. Der Marktwert im Münzhandel: Zwischen 1.000 und 2.000 Euro.
- 5-Mark-Stück (1958 J): Mit einer Auflage von nur 60.000 Stück ist dieser Silberadler eine Rarität und mit etwas Glück in einem Silbermünzen-Fundus versteckt. Der Marktwert liegt in üblicher Umlauferhaltung bei rund 300 Euro, besser erhaltene Stücke sind äußerst selten.
- 50-Pfennig-Stück (1950 G mit dem Schriftzug „Bank Deutscher Länder“): Eigentlich sollte diese Beschriftung nach 1949 nicht mehr zum Einsatz kommen und die deutschen Münzen sollten mit „Bundesrepublik Deutschland“ beschriftet werden. Rund 30.000 Stück weisen jedoch noch die alte Bezeichnung auf. Marktwert in Umlauf-Erhaltung: 100 bis 200 Euro.
Doch Vorsicht: Bis heute wird um diese Ausnahme-Erscheinungen in Online- und Printmedien ein regelrechter Hype aufrechterhalten und es wird suggeriert, dass solche Schätze mit wenig Aufwand in jedem Sparschwein gefunden werden können. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um einen numismatischen Sechser im Lotto, der sehr unwahrscheinlich ist.
Gedenkmünzen zu 5 DM von 1952 bis 1964: Die „ersten Fünf“
In einer Zeit, in der wohl kaum jemand an das Münzensammeln dachte, wurde die Numismatik in Deutschland wiedergeboren: Die berühmte 5-DM-Silberprägung „Germanisches Museum“ aus dem Jahr 1952 entwickelte sich zum Symbol für das Sammelgebiet der deutschen Münzen nach dem Zweiten Weltkrieg, es folgten die Silber-Gedenkmünzen zu Ehren von Friedrich von Schiller (1955), dem Markgraf von Baden (1955) und Joseph Freiherr von Eichendorff (1957).
Wer diese Münzen in einer Hinterlassenschaft findet, kann sich glücklich schätzen – denn die Erstausgabe aus dem Jahr 1952 bringt im Weiterverkauf rund 250 bis 300 Euro, während die übrigen Gedenkmünzen aus den fünfziger Jahren rund 100 Euro pro Stück erlösen. Dies liegt vor allem an der geringen Prägeauflage von unter 200.000 Stück in Stempelglanz.
Mit der Erhöhung der Prägezahlen im Jahr 1964 auf insgesamt 500.000 Stück, darunter 5.000 Stück in „Polierte Platte“, brach auch der Sammlerwert der Gedenkfünfer ein: Die fünfte Gedenkmünze zum 150. Todestag von Johann Gottlieb Fichte hat einen Wiederverkaufswert von rund 20 Euro.
Auch wenn der Marktwert für die deutschen Gedenkmünzen seit vielen Jahren kontinuierlich zurück geht, gibt es für die so genannten „Ersten Fünf“ weiterhin Abnehmer – darunter beispielsweise Sammler, für die ein „Germanisches Museum“ in der Kindheit unerschwinglich war und die sich jetzt ihre numismatischen Träume erfüllen können.
Gedenkmünzen zu 5 DM von 1966 bis 1979: Eine Hinterlassenschaft zum „Versilbern“
Im Jahr 1966 überschritt die Auflage der deutschen Gedenkmünzen erstmals die Millionen-Marke – und wurde nach kurzer Zeit weiter drastisch erhöht.
Die Folge: Die Münzen zum 250. Todestag von Gottfried Wilhelm Leibniz (1966) und 200. Geburtstag von Wilhelm und Alexander von Humboldt (1967) werden nur noch knapp über dem Silberpreis gehandelt, bei allen darauf folgenden Münzen bis 1979 ist der Silberwert ausschlaggebend.
Die Münzen haben ein Raugewicht von 11,2 Gramm und eine Legierung, die zu 625/1000 Teilen aus Silber besteht – macht ein Feingewicht von 7 Gramm. Um den aktuellen Silberwert zu ermitteln, muss der Preis einer Feinunze also durch 4,44 geteilt werden. Ein Beispiel: Liegt der Silberpreis bei 30 Euro pro Feinunze, bringt Gedenk-Fünfer also circa 6,75 Euro – und damit mehr als das Doppelte des Nennwertes, der umgerechnet bei 2,56 Euro liegt.
Allerdings müssen Erben dafür einen Edelmetallhändler aufsuchen, der Silbermünzen zum Metallwert ankauft, bei den Bundesbanken wird das Edelmetall nicht extra berechnet – allerdings weisen die freundlichen Schalterbeamten ihre Kunden in den allermeisten Fällen freundlich darauf hin, dass sie einen höheren Erlös erziehen, wenn sie ihre Gedenkmünzen bis 1979 anderweitig „versilbern“.
Das Ende der Silbermünzen wurde übrigens Ende der Siebziger Jahre besiegelt, nachdem im Jahr 1978 der Silberpreis durch die Silberspekulation der Brüder Hunt stark gestiegen war – damals überstieg der Metallwert den Nennwert und die 5-DM-Gedenkmünzen wurden von einer 625/1000-Silberlegierung auf eine unedle Metallmischung umgestellt.
Gedenkmünzen zu 5 DM von 1979 bis 1986: Massenware aus Magnimat
Mit der Sonderprägung zum 100. Geburtstag von Otto Hahn begann im September 1980 eine neue Ära in der Geschichte der deutschen Gedenkmünzen – und aus Sicht vieler Sammler ist es keine Sternstunde: Anstelle von Silber kam eine Legierung zum Einsatz, die zu etwa 3/4 aus Kupfer und zu 1/4 aus Nickel mit einem Reinnickelkern (Magnimat) bestand.
Die hohen Prägeauflagen (zu Beginn der 80er Jahre waren es noch 5 Millionen, zum Ende der Prägung der 5-Mark-Münzen wurde die Auflage auf 8 Millionen Stück gesteigert) in Verbindung mit dem unedlen Metall sorgen dafür, dass alle deutschen Gedenk-Fünfer ab 1979 heutzutage als Massenware gelten und bei den Bundesbanken zum Nennwert eingetauscht werden können – immerhin gibt es also noch 2,56 Euro pro Münze.
Gedenkmünzen zu 10 DM von 1972 bis 1997 und von 1998 bis 2001: Ein numismatischer Silberstreif am Horizont
Für viele Münzensammler begann die Leidenschaft für die Numismatik zu Beginn der siebziger Jahre, als 10-DM-Gedenkmünzen zur Finanzierung der Olympischen Spiele 1972 in München ausgegeben wurden. Nach den Spielen wurde das Nominal zu 10 Mark als Nachfolger der beliebten 5-Mark-Münzen im Jahr 1987 wiederbelebt. Bis 2001 gab es insgesamt 43 verschiedene 10-DM-Gedenkmünzen. Für die Wertermittlung ist das Jahr 1997 bedeutsam – denn zum Ende des Jahres kam es zu einer Anpassung des Silbergehaltes:
- Alle Silber-Zehner bis zur Jahreszahl 1997 wiesen einen Silbergehalt von 625/1000 auf und erzielten somit bei einem Rauhgewicht von 15,5 Gramm ein Feingewicht von 9,69 Gramm (oder ungefähr 1/3 einer Feinunze). Um den Metallwert zu ermitteln, muss der gegenwärtige Preis einer Feinunze Silber durch 3,2 geteilt werden. Beispiel: Liegt der Silberpreis bei 30 Euro pro Feinunze, haben die 10-Mark-Münzen bis 1997 einen ungefähren Marktwert von 9,35 Euro.
- Von 1998 bis 2001 kam Sterlingsilber (925/1000) zum Einsatz, sodass das Feingewicht auf 14,34 Gramm erhöht wurde (oder etwas weniger als eine halbe Unze Feinsilber). Die Faustformel zur Wertermittlung: Silber-Unze geteilt durch 2,2 gleich Marktwert für 10-Mark-Silbermünzen der Jahrgänge 1998 bis 2001. In unserem Beispiel mit einem Silberpreis von 30 Euro pro Feinunze können Erben also mit rund 13,80 Euro pro Münze rechnen.
Die wichtigste Erkenntnis für Erben: Alle Silber-Zehner aus der Bundesrepublik, egal ob vor oder nach 1997 geprägt, liegen deutlich über dem Nennwert, der umgerechnet bei 5,11 Euro liegt, und sollten nicht bei den Bundesbanken umgetauscht werden.
Fazit: DM-Münzen als Erbe – eine Hinterlassenschaft jenseits des Wechselkurses
Alle Angaben beziehen sich auf Münzen in üblichem Umlauf-Zustand, also mit Gebrauchsspuren. Wenn Münzen in unzirkulierter Erhaltung vorliegen, kann der Marktwert in ganz anderen Regionen liegen – in diesem Fall bietet ein Münzkatalog eine erste Orientierung und ein Abgleich mit den Ergebnislisten renommierter Auktionshäuser oder den Angebotspreislisten des Münzhandels letzte Gewissheit.
Bei aller nüchterner Bewertung von Münzen aus Erbschaften sollte nicht vergessen werden, dass diese Sammlung weit mehr als nur einen materiellen Wert repräsentiert. Sie ist das Ergebnis der Leidenschaft eines geliebten Menschen, der viel Mühe, Zeit und oft auch Geld investiert hat, um seine Sammlung zusammenzutragen. Diese Münzen sind Zeugnisse seiner Hingabe und seines persönlichen Interesses, die über Jahre hinweg gepflegt wurden. Daher verdienen sie auch nach seinem Tod eine Wertschätzung, die über die rein finanzielle Betrachtung hinausgeht.
Jeder Erbe sollte deshalb ernsthaft in Erwägung ziehen, ob er die Sammlung nicht fortführen möchte, unabhängig vom monetären Wert der einzelnen Münzen. Das Weiterführen der Sammlung könnte eine schöne Möglichkeit sein, das Andenken an den verstorbenen Menschen lebendig zu halten und gleichzeitig eine eigene Beziehung zu diesem besonderen Hobby aufzubauen. Selbst wenn die Münzen keinen hohen Marktwert haben, tragen sie doch eine Geschichte in sich, die es wert ist, bewahrt und weitergegeben zu werden.