Die Münzen der Lucilla. In Purpur geboren
von Claire Franklin
Anna Galeria Aurelia Lucilla Augusta war die Tochter des Marcus Aurelius und sollte nach dessen Tod selbst Ehefrau des Kaisers sein. Doch stattdessen kam alles anders …
Los 319: Lucilla, (gest. 182). Denar, 164-169. Vorzüglich/Gutes sehr schön. Schätzung: 200 Euro.
Tochter und Ehefrau eines Kaisers
Kaiser Hadrian war im Jahr 138 am 10. Juli gestorben. Nachfolger als Kaiser wurde sein Neffe Marcus Aurelius, und Marcus Aurelius ernannte Lucius Verus, den Sohn des verstorbenen Kaiserkandidaten L. Aelius Caesar, zum Mitkaiser. Und hier kommt die Tochter des Marcus Aurelius und seiner Frau Faustina ins Spiel: Anna Galeria Aurelia Lucilla Augusta wurde im Jahr 148 oder 149 als ältere Schwester des Commodus „in Purpur geboren“, d. h. als Kind des damals regierenden Kaisers. Im Alter von 11 Jahren wurde sie, wie es damals bei den Römern üblich war, von ihren Eltern verlobt – mit Lucius Verus, dem Mitkaiser ihres Vaters.
Im Jahr 164 heirateten Lucilla und Lucius Verus. Lucilla war dadurch Tochter und Ehefrau eines Kaisers. Sie und Verus hatten Kinder: Die Münztypen IVNO LVCINAE, DIANA LVCIFERA und FECVNDITAS beziehen sich wohl auf die Geburten, da in der römischen Religion Juno Lucina und Diana Lucifera dafür sorgten, dass Kinder sicher ans Licht der Welt kamen. Fecunditas war die Personifikation der Fähigkeit, Kinder zu bekommen. Tatsächlich sind jedoch keine Kinder der Lucilla historisch überliefert.
Von 162 bis 166 war Lucius Verus mit Feldzügen im Osten gegen die Parther beschäftigt. Es gelang ihm, die Stadt Ctesiphon zu erobern, und er durfte einen Triumph in Rom feiern. In diesem Jahr 166 erhielten Commodus und Annius Verus, zwei Söhne des Marcus Aurelius, den Titel „Caesar“ und waren damit im Alter von fünf bzw. vier Jahren als Thronnachfolger vorgesehen.
Los 311: Marcus Aurelius, als Caesar, 138-161. Denar, 153-154. C. 673. Gutes vorzüglich. 200 Euro.
Verlust des Status
Im Jahr 168 überquerte Lucius Verus die Alpen, um gegen die Markomannen zu kämpfen. Er starb jedoch plötzlich 169 im Alter von 39 Jahren in Altinum, in der Nähe der Lagune von Venedig. Ein Schlaganfall, vielleicht auch die Pest, könnten die Todesursache gewesen sein, aber anscheinend gerieten Faustina und Lucilla unter Verdacht, etwas mit seinem Tod zu tun zu haben. Mit etwa 19 Jahren war Lucilla nun Witwe. Aber Marcus Aurelius fand einen neuen Ehemann für seine Tochter. Er verheiratete sie mit einem Senator, Tiberius Claudius Pompeianus, von syrischer Herkunft, und im Markomannenkrieg sein enger Unterstützer. Lucilla selbst hätte lieber Avidius Cassius geheiratet, der auch aus Syrien kam, aber das durfte sie nicht. (Avidus Cassius meuterte später gegen Marcus Aurelius, bzw. glaubte irrtümlich, der Kaiser sei tot, machte sich selbst zum Kaiser, und wurde 175 von einem seiner Offiziere ermordet).
Der Senator Pompeianus war kein Mitglied der kaiserlichen Familie, und so war Lucilla nun keine Kaiserin mehr. Das schien ein schwerer Schlag. Im Jahr 178 ging Marcus Aurelius auf einen Donaufeldzug, auf dem Lucilla und ihr zweiter Mann den Kaiser begleiteten. Ein Jahr später starb Marcus Aurelius in Wien, offenbar an einer Krankheit. Nach seinem Tod wurde Commodus, der jüngere Bruder Lucillas, in Rom zum Kaiser ausgerufen.
Lucillas Ende
Lucilla scheint mit dieser Wahl unzufrieden gewesen zu sein. Möglicherweise hatte sie geglaubt, ihr Mann Pompeianus könne Kaiser werden; vielleicht entdeckte sie die ersten Zeichen von Labilität an Commodus. Historiker haben auch auf mögliche Spannungen zwischen Lucilla und der Gattin des Commodus, Bruttia Crispina, hingewiesen. Was auch immer der genaue Hintergrund gewesen sein mag, im Jahr 181/182 (im RIC wird 183 genannt) wurde ein Komplott zur Ermordung des Commodus aufgedeckt. Geführt wurde es vom Neffen des Pompeianus. Lucilla wurde verdächtigt, ihn unterstützt zu haben, und wurde auf die Insel Capri verbannt, wo sie schließlich hingerichtet wurde. Da war sie gerade Mitte dreißig. Commodus wurde immer exzentrischer und regierte bis 192, dann fiel er einem anderen Mordkomplott zum Opfer und wurde von dem Athleten Narcissus erwürgt.
Portraits auf Münzen
Soweit die bekannten „Tatsachen“ über Lucilla. Da nur sehr wenige zuverlässige historische Quellen für diese Zeit überliefert sind, haben Historiker Informationen aus den oft ungenauen oder phantasievollen Darstellungen des Herodian oder anderer Schreiber gesammelt, und genaue Daten sind oft nur Vermutungen.
Los 313: Lucius Verus, 161-169. As, 166-167. RIC 329,1464. Aus The New York Sale XXVIII (2012), 1067. Fast vorzüglich. 250 Euro.
Die Münzen selbst wurden wohl alle während der Ehe Lucillas mit Lucius Verus geprägt (etwa 164-169). Die Umschriften nennen LVCILLA AVGVSTA oder LVCILLAE AVG ANTONINI AVG F, also „Lucilla Augusta, Tochter des Kaisers Antoninus“ – mit Antoninus war natürlich Marcus Aurelius gemeint. Sie geben keine Hinweise auf die turbulenten Geschehnisse. Sie tragen das Portrait der jungen Kaiserin in verschiedenen Varianten. Die Art der Frisur ist immer ähnlich, die Haare geflochten und dann am Hinterkopf in einem Dutt zusammengebunden. Aber es gibt da viele kleine Unterschiede mit senkrechten oder waagerechten Zöpfen, manchmal mit einem dünnen Zopf über die Stirn und mit dekorativen Wellen am Hinterkopf. Auch ihre Portraitbüsten, z. B. die in Erlangen und Ostia, stellen sie mit einem Haarknoten dar.
Los 342: Lucilla, (gest. 182). Denar. 164-169. RIC III,276,791. Sehr schön. 120 Euro.
Lucillas Rolle als Kaiserin auf den Münzen
Die Rückseiten spiegeln Lucillas Rolle als Kaiserin wider. Diese Bilder hatten sich über einige Zeit entwickelt und ähneln denen, die für andere Kaiserinnen geprägt wurden.
Los 333: Lucilla, (gest. 182). Aureus, 164-169. RIC III,276,783. Erworben von M. Brandt, Stuttgart. Sehr schön. 3.500 Euro.
Auf einem Aureus der Lucilla ist die Göttin Venus abgebildet mit einem Zepter und einem Apfel, einer Anspielung auf den goldenen Apfel, den Paris ihr in dem mythischen Wettstreit als schönste Göttin zusprach, nachdem Venus ihn bestochen hatte mit dem Versprechen, ihm die schönste Frau der Welt zur Frau zu geben, die schöne Helena, was den Krieg um Troja auslöste. Venus-Darstellungen sind bei den Münzen Lucillas besonders häufig. PVDICITIA, die einen Schleier vor ihr Gesicht zieht, und PIETAS, die an einem Altar opfert, beziehen sich auch auf Tugenden, die eine Kaiserin besitzen musste; während Pudicitia, die Sittsamkeit, in den Augen der Römer besonders mit dem idealen Verhalten einer Frau verknüpft war, war Pietas eine typisch römische Tugend, die die Pflichterfüllung gegenüber den Göttern, gegenüber der Familie sowie die Fürsorge der Kaiserin für das Volk von Rom miteinander verband. VOTA PVBLICA bezieht sich auf die kollektiven Gelübde des römischen Volkes für das Wohlergehen der kaiserlichen Familie.
Eine Spezialsammlung von Münzen der Lucilla wird von der Münzen & Medaillen GmbH, Weil am Rhein, am 25. November 2016 in Stuttgart versteigert. Der Katalog ist bei Biddr und Sixbid zu sehen.
Den ausführlichen Auktionsvorbericht lesen Sie hier in der MünzenWoche.