Zwischen England und Frankreich – Der Beginn des 100jährigen Krieges
Jener Moment, als der auf dem Scheiterhaufen brennende Großmeister der Templer, Jacques de Molay, den französischen König Philipp den Schönen verflucht, gehört zu den eindrücklichsten Mythen der Weltgeschichte. Denn nur mit einem Fluch konnten es sich die Menschen des 14. Jahrhunderts erklären, wie schnell nach jenem Philipp seine Söhne dahinstarben: Den ältesten Sohn holte nach zwei Regierungsjahren das Fieber. Sein gerade neugeborener Erbe lebte nur vier Tage, ehe der zweitälteste Sohn Philipps die Herrschaft übernahm, um nach vier Jahren, im Alter von 28, an der Ruhr dahinzusiechen. Karl IV., der letzte der Brüder, regierte 6 Jahre, ehe auch ihn eine Krankheit hinwegraffte. Und damit gab es im Jahr 1328 keine französischen Kapetinger mehr. Die Frage lautete nun: Wer sollte nun die Herrschaft über Frankreich ausüben?
Philipp VI., 1328-1350. Pavillon d’or, o. J. (8. Juni 1339). Duplessy 251. Vorzüglich. Aus der Sammlung Dr. Edoardo Curti, kommende Auktion Künker (März 2013), Nr. 2443. Schätzung: 10.000 Euro.
Le Roi trouvé, „den gefundenen König“, so nannten die Franzosen selbst jenen Philipp VI., der am 1. April 1328 die Herrschaft antrat. Zwar gab es ein Kind seines Vorgängers, doch dabei handelte es sich um eine Tochter, und in Frankreich wandte man das salische Recht an, dem zufolge keine Frau einen Thron erben konnte. Philipp von Valois war beliebt, stammte aus einer angesehenen Dynastie und erntete zunächst reichlich Zuneigung. Selbst seinen schärfsten Konkurrenten im Kampf um die Krone konnte er zunächst überzeugen: Eduard III., König von England und Herzog von Aquitanien war in direkter Linie ein Enkel Philipps IV. von Frankreich, allerdings über dessen Tochter. Er kam persönlich nach Paris, um Philipp VI. für seine französischen Besitzungen den Lehnseid zu leisten.
Edward III., 1327-1377. Noble o. J. (1356-1361), London. Seaby 1490. Vorzüglich. Aus der Sammlung Dr. Edoardo Curti, kommende Auktion Künker (März 2013), Nr. 2418. Schätzung: 7.500 Euro.
Zu diesem Zeitpunkt war Eduard III. zwar selbst bereits König, stand aber völlig unter der Kontrolle seiner Mutter Isabella, der Tochter Philipps des Schönen, und ihres Geliebten Roger Mortimer. Die beiden hatten gemeinsam Eduards Vater, den eigentlichen König Englands, entthront und danach hinrichten lassen. Erst am 19. Oktober 1330 gelang es dem jungen Herrscher, sich der beiden zu entledigen.
„Il piccolo re d’Inghilterra“ – der kleine König von England, so nannte ein italienischer Chronist Eduard III. Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass dieser Mann einmal historische Bedeutung erlangen würde. Vor allem, weil es schien, dass der junge Herrscher im eigenen Land genug zu tun haben würde. Die Schotten machten wieder einmal Probleme. Und Schottland war traditionell mit Frankreich verbündet, ein guter Grund also, die von Eduard beherrschten Gebiete ausführlich zu plündern. Viele französische Adlige machten hier großartige Profite. 1337 zog Philipp VI. sogar Aquitanien ein, das die Plantagenets seit der Ehe Eleonores mit Heinrich II. im Jahr 1152 beherrscht hatten. Ein unglaublicher Affront!
Eduard musste etwas unternehmen – natürlich einen Feldzug. Nur fehlte das Geld dazu, weshalb er auf die finanzielle und militärische Hilfe seiner Vasallen angewiesen war. Und die wiederum waren ihm nur dann Gefolgschaft schuldig, wenn er einen gerechten Krieg führte. Aus dieser Notlage heraus begann Eduard zu argumentieren, er hätte das bessere Anrecht auf den französischen Thron. Und tatsächlich gewann er die Unterstützung italienischer Bankiers, seiner Vasallen, und konnte auch einen Teil der traditionell England wohlgesinnten Adligen der Normandie und der Bretagne auf seine Seite ziehen.
Auch die Kaufleute in Flandern mochten den englischen König. Schließlich bezogen sie die Wolle, mit der sie ihre berühmten Tuche webten, von der Insel. Doch Flandern war ein französisches Lehen. Dort war man erst bereit, ihn zu unterstützen, wenn er sich offiziell zum König von Frankreich erklärt hatte. Dies tat Eduard III. am 26. Januar 1340.
Philipp VI., 1328-1350. Couronne d’or o. J. (Februar bis April 1340). Von größter Seltenheit. Vorzüglich bis Stempelglanz. Aus der Sammlung Dr. Edoardo Curti, kommende Auktion Künker (März 2013), Nr. 2444. Schätzung: 35.000 Euro.
Wie die französische Reaktion darauf aussah, darüber informiert uns eine höchst seltene Prägung Philipps VI., die vermutlich in den drei Monaten nach der Annahme des französischen Königstitels durch Eduard III. geprägt wurde. Es handelt sich um eine prachtvolle Goldmünze, die auf der Vorderseite eine bildfüllende, mit Lilien verzierte Krone zeigt. Um die Krone herum sehen wir sechs Lilien, die den französischen Königen seit dem hohen Mittelalter als ein Zeichen der ganz besonderen Gunst galten, mit der der Himmel ihnen das Königtum verliehen hatte. Philipp, von Gottes Gnaden König von Frankreich, so lautet die Umschrift der Vorderseite.
Während die Rückseite den „normalen“ Prägungen Philipps ähnelt, zeigt die Vorderseite eine ansonsten ungewöhnlich einfache Darstellung. Sie untermauert den Anspruch des Valois der einzig wahre Herrscher Frankreichs zu sein, gekrönt in Reims und gesalbt mit dem heiligen Öl.
Und als Goldmünze zeigte sie den Reichtum des französischen Königs, der im Vergleich zu den finanziellen Möglichkeiten Eduards, der seine Kriege über Kredite finanzieren musste, immens war. 600.000 bis 900.000 Florin hatte das florentinische Bankhaus der Bardi vorgestreckt, 400.000 bis 600.000 die Peruzzi. Sie verloren alles. Der erste Feldzug gegen Frankreich ruinierte nicht nur Eduard, sondern auch die beiden Bankhäuser.
Bankrott nach dem ersten Feldzug! Kein Zeitgenossen hätte damals gedacht, dass dieser misslungene Start der Beginn einer Auseinandersetzung sein würde, die als Hundertjähriger Krieg in die Geschichte eingehen sollte und erst 1453 endete. Die letzten Ansprüche auf den französischen Thron gaben die englischen Könige übrigens erst im Jahr 1820 auf.
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