Cristiano Ronaldo auf Gedenkmünze aus Portugal? Wirbel um einen KI-Fake
von Sebastian Wieschowski
Eine angebliche Sonderprägung zu Ehren der weltberühmten Fußball-Ikone macht Schlagzeilen. Doch Ronaldo und Co. werden wohl nie im Wechselgeld auftauchen – und dafür gibt es gute Gründe.
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Wenn kleine Jungs ganz ungeduldig ihre Eltern ausgerechnet nach einer neuen Sammlermünze fragen und Experten im Internet bereits Preise von bis zu 150.000 US-Dollar ausrufen, scheint eine Sternstunde der Numismatik bevorzustehen.
Cristiano Ronaldo, der als einer der besten und meistprämierten Fußballspieler der Geschichte gilt, soll auf einer offiziellen Gedenkmünze aus Portugal gewürdigt werden – so war es zumindest in den letzten Tagen in diversen überregionalen Medien zu lesen. Der Hype um die „CR7“-Münze (das Kürzel ist an die Initialen und die Rückennummer der Fußball-Legende angelehnt) hat inzwischen auch Deutschland erreicht und viele Fußball-Fans fragen nun, wann und wo man die Münze kaufen kann.
CR7-Münze wann und wo kaufen? Niemals. Und Nirgendwo.
Die „Banco de Portugal“, also die Zentralbank des Heimatlandes von Cristiano Ronaldo, ist alarmiert – und sie macht dies auf ihrer Website auch grafisch unmissverständlich mit einer roten Sirene deutlich. Dazu heißt es in einer offiziellen Mitteilung:
„Die Bank von Portugal hat Kenntnis von Falschmeldungen auf ausländischen Websites über die Ausgabe einer Sammlermünze im Wert von 7,5 Euro zu Ehren des Fußballspielers Cristiano Ronaldo durch die Bank von Portugal erhalten. In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass die Bank von Portugal keine Sammler- oder Gedenkmünze in Umlauf gebracht hat, die auf die betreffende Persönlichkeit anspielt, und dies auch nicht beabsichtigt.“
Außerdem stellt die Nationalbank klar, dass die Genehmigung des jährlichen Münzplans in die Zuständigkeit der „Imprensa Nacional-Casa da Moeda“ fällt, also der staatlichen Prägestätte des Landes. Auch dort gibt es keine Pläne, Cristiano Ronaldo auf eine Gedenkmünze zu bringen.
Digitale Zeitungsente entstand bereits vor Monaten
Sowohl bei der Nationalbank als auch bei der Prägestätte nimmt man den plötzlichen Medienhype um die angebliche Fußballer-Münze mit einiger Verwunderung zur Kenntnis. Bereits im September 2024 hatte ein Online-Sportportal, das sich selbst als „führendes Internetmagazin für das Geschäft und die Politik des Fußballs“ bezeichnet, die angebliche Entscheidung für die Prägung der CR7-Münze gemeldet. Ronaldo, der kurz zuvor die erste Person in der Menschheitsgeschichte geworden sei, die mehr als eine Milliarde Follower erreicht habe, sei für würdig befunden worden, mit seinem Gesicht auf einer Gedenkmünze zu erscheinen (im Oktober 2024 hatte Ronaldo auf den Plattformen Instagram, Facebook, Twitter – heute X – und YouTube sowie auf den chinesischen Social-Media-Kanäle Weibo und Kuaishou zusammengerechnet mehr als eine Milliarde Follower).
Erfahrene Numismatiker erkennen den Fake sofort
Dazu veröffentlichte das Sport-Magazin zwei Fotos der Vorder- und Rückseite der vermeintlichen Münze, die erfahrene Numismatiker sofort stutzig machen mussten: Auf beiden Seiten war der Kopf des Fußballers zu sehen, nicht aber das Ausgabeland und auch kein Nennwert in Euro. Die Zahl „7“ ist zu sehen, allerdings ist dies in Portugal kein geläufiges Nominal – die Gedenkmünzen, die in hoher Auflage geprägt werden, haben einen Gegenwert von 7,50 Euro. Zudem hat Portugal bislang keine offiziellen Kupfermünzen in Antik-Finish ausgegeben – kurzum: Die Bilder entstammen der Fantasie einer KI.
Für staatliche Ausgabestellen wie die Imprensa Nacional-Casa da Moeda galt bislang ein ungeschriebenes Gesetz: Lebende Persönlichkeiten der Zeitgeschichte werden nicht auf offiziellen Münzen abgebildet. Zu groß ist die Gefahr, dass über diese Personen des öffentlichen Interesses nach Veröffentlichung der Münze schlechte Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangen. Wie wäre es beispielsweise, eine Münze mit einem mutmaßlichen Sexualtäter an der Supermarktkasse zu erhalten – in Europa ist dies möglich, denn Frankreich hat im Jahr 2012 den erst fünf Jahre zuvor verstorbenen Priester Abbé Pierre zum 100. Geburtstag mit einer Auflage von einer Million Stück auf 2-Euro-Münzen gewürdigt – im Sommer 2024 wurden schwere Vorwürfe gegen den Armenpriester öffentlich.
Weltfußballer als Sammlerstück? Das kann teuer werden!
Dazu kommt: Die meisten Stars und Sternchen wachen aufmerksam über ihre Persönlichkeitsrechte und lassen sich diese gut bezahlen – und das Management von „CR7“ würde wohl kaum eine Münze seines Klienten als gemeinnütziges Projekt verstehen. Im Jahr 2016 hatte sich ein Milliardär aus Singapur gleich für sechs Jahre die Bildrechte an Ronaldo gesichert. Das Kürzel „CR7“ wurde im Jahr 2017 von Cristiano Ronaldo als Markenzeichen angemeldet – unter anderem für Produkte mit Edelsteinen, Perlen und Edelmetallen.
Die Copyright-Falle kennen inzwischen auch die Betreiber der großen KI-Plattformen – so lehnt ChatGPT beispielsweise ab, eine 2-Euro-Münze zu Ehren von Christiano Ronaldo zu gestalten, „weil es gegen die Richtlinien verstoßen würde, reale Personen ohne entsprechende Genehmigung darzustellen.“
Ganz abwegig ist die Zeitungsente rund um eine Gedenkmünze zu Ehren von Cristiano Ronaldo allerdings nicht – denn wenn überhaupt, wurden in der Vergangenheit vor allem lebende Sportler auf Gedenkmünzen verewigt: So gab beispielsweise im Jahr 1987 der Inselstaat Niue gleich vier Sammlermünzen zu den Olympischen Spielen von Seoul heraus, die Boris Becker zeigen und auch der europäische Kleinstaat Andorra brachte Boris Becker auf eine amtliche und kursgültige Tennis-Sondermünze. Zwischen 1987 und 1989 kamen zudem nicht weniger als 16 Gedenkmünzen heraus, auf denen Steffi Graf abgebildet war.
Das jüngste Beispiel für eine Sportler-Gedenkmünze zu Ehren einer Legende, die glücklicherweise noch unter uns weilt, kommt aus der Schweiz: Das Land würdigte im Jahr 2020 den ehemaligen Schweizer Tennisspieler Roger Federer mit einer Gedenkmünze zu 20 Franken. In einer Medienmitteilung nannte die Swissmint Federer damals „den wohl bedeutendsten Schweizer Einzelsportler und den perfekten Botschafter der Schweiz“. Als Gründe für die Ehrung mit einer Gedenkmünze verwies die Swissmint auf „seine sportlichen Erfolge, sein soziales Engagement, seine Natürlichkeit und Bodenständigkeit“. Wer sich damals die Roger-Federer-Münze gesichert hat, kann sich über einen stattlichen Wertzuwachs freuen.
Der Erfolg der Swissmint mit der Darstellung eines nationalen Sporthelden auf einer offiziellen Gedenkmünze macht also deutlich: Es gibt einen großen Bedarf an numismatischen Sport-Memorabilia – und in einer Zeit, in der zunehmend auch Marken aus der Pop-Kultur zu einem Teil der modernen Numismatik werden (wer hätte gedacht, dass David Bowie oder Elton John jemals auf Münzen der altehrwürdigen Royal Mint erscheinen?), könnte auch ein ungeschriebenes Gesetz wie das Tabu lebender Persönlichkeiten auf Münzen zunehmend hinterfragt werden – wobei die Verantwortlichen in den Prägestätten dann mit der dauerhaften Gefahr leben müssten, dass sich die Helden von heute doch eines Tages daneben benehmen.