Als Köln calvinistisch zu werden drohte
Damit war gemeint, dass ein Kirchenfürst sein Amt zurückgeben müsse, sollte er sich vom katholischen Glauben abwenden. Während der Kaiser diese Bestimmung im protestantisch dominierten Norden des Reichs nicht durchsetzen konnte – u. a. gingen Magdeburg und Bremen so der katholischen Kirche verloren –, sah die Sachlage anders aus, als Gebhard I., Truchsess von Waldburg und Erzbischof von Köln, beschloss, zum reformierten Glauben zu konvertieren.
Die Vorgeschichte: Die Wahl Gebhards zum Erzbischof
Am 13. September 1577 trat der Kölner Erzbischof Salentin von Isenburg von seinem Amt zurück, um zu heiraten. Damit war ein zentrales Amt der katholischen Kirche im Heiligen Römischen Reich vakant: Der Erzbischof von Köln kontrollierte nämlich nicht nur ein bedeutendes Gebiet entlang des Rheins, sondern gehörte auch zu den Kurfürsten, die den Kaiser wählten. Das war deshalb so entscheidend, weil bereits drei der sieben Kurfürsten sich zum protestantischen Glauben bekannten. Ein weiterer Protestant in diesem erlauchten Zirkel hätte die Vormachtstellung der katholischen Habsburger bedroht.
Es lag also im Interesse von Papst und Kaiser, das Amt des Kölner Erzbischofs mit einem möglichst überzeugten Katholiken zu besetzen. Doch sie hatten nur das Recht der Bestätigung. Die Wahl traf das Kölner Domkapitel. Und das entschied sich nicht für Ernst von Bayern, Sohn des bayerischen Herzogs, sondern für Gebhard I. von Waldburg, Abkömmling eines eher mediokren Adelsgeschlechts aus dem Schwäbischen. Domkapitel bevorzugten damals nicht ganz so machtvolle Bischöfe.
Gebhard gebärdete sich zunächst durchaus katholisch. Er ließ sich zum Priester weihen, was für einen Erzbischof schon lange nicht mehr selbstverständlich war, weil damit das Zölibat verbunden war. Doch Gebhard erreichte so, was er brauchte: Sowohl die kaiserliche und als auch die päpstliche Bestätigung. Am 29. März 1580 war Gebhard von Köln nicht nur gewählter, sondern auch bestätigter Erzbischof von Köln.
Ein einzigartiges Zeugnis für Gebhards Bestätigung
Ein äußerst seltener zweieinhalbfacher Dicktaler, den Künker in seiner Jubiläumsauktion 350 mit einer Schätzung von 100.000 Euro anbieten kann, erinnert daran: Die Vorderseitenlegende lautet in Übersetzung: Gebhard von Gottes Gnaden gewählter und bestätigter [Erzbischof] von Köln. Die Darstellung bewegt sich im Rahmen des Gewohnten: Wir sehen das persönliche Wappen des Bischofs mit dem aufgelegten kleinen Wappen der Waldburger in der Mitte, darüber den hl. Petrus mit dem Schlüssel. Er ist auch heute noch Namenspatron des Kölner Doms.
Die Rückseite erinnert daran, dass die rheinischen Kurfürsten auch im 16. Jahrhundert noch ihre Münzpolitik miteinander abstimmten. Die Umschrift lautet in Übersetzung: Neue Münze des Münzvereins der rheinischen Kurfürsten. Das Wappen der Rückseite besteht aus den Wappen all derer, die sich an dem Münzverein beteiligten.
Wir sollten uns bewusst sein, dass es im 16. Jahrhundert nicht selbstverständlich war, jedes Jahr Taler herauszugeben. Taler wurden dann geprägt, wenn man sie brauchte. Für Gebhard war das 1578 zur Feier der kaiserlichen Belehnung, 1581 zur Feier der päpstlichen Bestätigung – und dann in den Jahren 1582 und 1583 als er Söldner und Verbündete während des Krieges kaufen musste.
Der verliebte Erzbischof
Denn Gebhard hatte sich irgendwann in den Jahren 1579 und 1580 in eine protestantische Grafentochter verliebt, Agnes von Mansfeld auch bekannt als die schöne Mansfelderin. Nun waren die Mansfelder nicht irgendein Grafengeschlecht. Sie gehörten zu den prominentesten Unterstützern der Reformation und verfügten darüber hinaus über die finanziellen Ressourcen, tatkräftige Hilfe zu leisten. Ihnen gehörten ertragreiche Silberminen im Südharz. Das bedeutete für Gebhard, dass da nicht nur eine schöne Frau auf ihn wartete. Durch ihre verwandtschaftlichen Verbindungen gewann er darüber hinaus die Möglichkeit, seine geistliche in eine persönliche Herrschaft umzuwandeln, wie das vor ihm schon der Hohenzoller Gotthard Kettler mit dem Deutschordensstaat getan hatte. Das dürfte ihn überzeugt haben.
Gebhard konvertierte also am 19. Dezember 1582 zum reformierten Glauben und löste so einen Krieg aus.
Der Kölnische Krieg
Denn natürlich ließ sich der Kaiser diese Verletzung des geistlichen Vorbehalts nicht gefallen. Seine Herrschaft stand auf dem Spiel. Der einstige Konkurrent um das Amt, Ernst von Bayern, wurde zur Gallionsfigur der katholischen Fraktion. Das Kölner Domkapitel wählte ihn am 23. Mai 1583 offiziell und bat um bayerische und spanische Waffenhilfe.
Auch Gebhard fand Unterstützer, doch sein Bekenntnis zum reformierten Glauben war ein Fehler gewesen. Die reformiert-calvinistischen Christen galten damals als Extremisten. Deshalb verzichteten viele gemäßigte Protestanten darauf, ihn zu unterstützen. So konnte Gebhard auf Dauer weniger Unterstützung generieren als sein Konkurrent Ernst von Bayern. Der Ausgang des Kriegs war vorherzusehen. Er endete mit der Eroberung der Stadt Rheinberg im Februar 1590.
Und was danach geschah
Gebhard von Waldburg floh nach Straßburg, wo ebenfalls Protestanten und Katholiken um das Amt des Bischofs kämpften. Dort starb er bereits im Jahr 1601. Seine Gattin Agnes fand Zuflucht bei den Württemberger Herzögen und lebte dort bis zu ihrem Tod 1637. Ernst von Bayern wurde Erzbischof von Köln, genau wie von Freising, Hildesheim, Lüttich und Münster. Er gehörte damit genau zu den machtvollen Kirchenfürsten, die das Konzil von Trient eigentlich hatte verhindern wollen. Er schuf die Grundlage dafür, dass das Kölner Erzbistum zu einer bayerischen Secundogenitur wurde. Die Herrschaft des letzten Erzbischofs aus dem Geschlecht der Wittelsbacher endete im Jahr 1761.
Übrigens, natürlich hatte auch der neue Erzbischof Ernst von Bayern eine Geliebte. Sie gebar ihm zwei Kinder. Ernst lebte mit seiner Gertrud von Plettenberg viele Jahre auf Schloss Arnsberg zusammen. Er könnte sie sogar geheiratet haben.
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Lesen Sie hier, welche Rolle Gebhard I., Truchsess von Waldburg, bei der Belagerung von Straßburg spielte.
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