Technologiezentrum in Asien: Die Singapore Mint
Es ist der 26. März 2019, etwa 10.00. Ich stehe in der opulent eingerichteten Verkaufsstelle der Singapore Mint. An der Adresse 20 Teban Gardens Crescent Singapore 608928 werden nicht nur Münzen hergestellt, hier ist auch der größte von vier Läden zu finden, in denen die Singapore Mint ihre Produkte selbst vermarktet. Und nicht nur ihre eigenen Produkte. Sammler können hier auch die Münzen anderer Münzstätten kaufen.
Wo andere Angst haben mögen, ihre eigenen Produkte zu konkurrenzieren, setzt die Singapore Mint auf alles, was dem Münzenmarkt zu Gute kommt. Denn anders als in vielen Ländern der Welt kann sie sich nicht auf ein Jahrhunderte altes Netz von Münzsammlern, Münzhändlern und Münzkabinetten stützen. Ihr Münzstättendirektor Yip Pak Ling (wie in Singapur üblich, wird der Nachnahme übrigens zuerst genannt) ist vielmehr derjenige, der selbst Dinge in Bewegung setzen muss, um die kauffreudige und finanzkräftige Bevölkerung Singapurs – immerhin ist Singapur eines der reichsten Länder der Erde mit der höchsten Dichte an Millionären – zu Münzsammlern zu machen.
Aber von Anfang an. 2018 konnte die Singapore Mint ihren 50. Geburtstag feiern, denn sie ist engstens mit der Unabhängigkeit des kleinen Staates verbunden. Der 9. August 1965 wird offiziell als der Tag gefeiert, an dem Singapur selbstständig wurde. Damals zahlten seine Bewohner noch mit einer Währung, die sie sich mit Malaya und British Borneo seit 1953 teilten. Eine eigene Währung einzuführen, gehörte deshalb zu den Prioritäten des jungen Staates, auch wenn diese erste Währung erst einmal bis 1973 wertgleich mit den Münzen von Brunei und Malaysia war, und die drei Staaten eine Währungsunion bildeten.
1967 wurde mit dem Currency Act das Board of Commissioners of Currency von Singapur gegründet. Das wurde später mit der Monetary Authority of Singapore (MAS) zusammengelegt, und diese Behörde ist für die Ausgabe aller Münzen und Banknoten verantwortlich.
Doch bereits 1968 entschied der Finanzminister sich für eine eigene Münzstätte. Er gründete im selben Jahr die Singapore Mint.
Diese konzentriert sich auf die Ausgabe von Gedenkmünzen, hat jedoch auch einen Großteil der Umlaufmünzen Singapurs produziert. Dort unterscheidet man grundsätzlich drei verschiedene Serien: Die erste Serie, die von 1967 bis 1985 geprägt wurde, verzichtete auf das Porträt der Königin und thematisierte hauptsächlich die Unterwassertierwelt. 1985 folgte die Blumenserie. 2013 kam der Bruch: Die Natur verschwand fast völlig von den Umlaufmünzen und machte der unglaublichen Architektur der hypermodernen Stadt Platz.
Obwohl erst 1968 die Entscheidung gefallen war, war die Singapore Mint schon 1969 in Betrieb, so dass die anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Gründung der Stadt erste Gedenkmünze Singapurs bereits in der neuen Münzstätte geprägt werden konnte.
Hatte die Singapore Mint erst unter dem Label von Chartered Industries of Singapore agiert, wurde sie in den 80er Jahren zu einer privaten Aktiengesellschaft, deren Anteile vollständig von staatseigenen Unternehmen gehalten werden.
Im Gegenteil: Die Singapore Mint ist stolz darauf, dass die Produkte, die sie herstellt, das in die Welt tragen, wofür das Land steht. Ein gutes Beispiel dafür sind die Orchideen, die in der Kultur Singapurs eine ganz besondere Rolle spielen. Natürlich ist die Nationalblume Singapurs eine Orchidee. Und eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt ist der National Orchid Garden mit 1.000 Arten und 2.000 hybriden Züchtungen, die in allen Farben des Regenbogens blühen. Seit 1859 werden hier Orchideen gezüchtet, eine Tatsache, die von der UNESCO mit der Aufnahme unter das Welterbe der Menschheit gewürdigt wurde.
Die Singapore Mint hat eine Vielzahl ihrer Produkten dieser Facette des Landes gewidmet. Seit 2006 gibt es die Serie „Native Orchids of Singapore“. Sie ist den einheimischen Orchideenarten gewidmet. Dass sich die Singapore Mint darüber hinaus diesem Welterbe verpflichtet fühlt, sieht jeder Besucher des Orchideengartens. Er findet dort ein großes Schild, das ihm mitteilt, dass die Singapore Mint Mittel bereit gestellt hat, um einen Teil des Gartens zu finanzieren.
Überhaupt, der Orchideengarten ist ein „Muss“, auch für Numismatiker. Wie vielfältig diese phantastischen Blumen wirklich sind, merkt man erst, wenn man die natürlichen Vorbilder der Münzbilder sucht.
Aber kommen wir zurück zu ein paar Fakten. Die Singapore Mint hat sich in den vergangenen Jahren zu einem global Player entwickelt. Sie arbeitet weltweit mit mehr als 20 Ländern zusammen, darunter vor allem ASEAN Nationen, also Länder, die zur Association of South East Asian Nations gehören. Aber auch exotische Destinationen wie Bhutan, Kambodscha, Macau und Nepal gehören zu den Kunden – nicht zu vergessen einige Direct-Marketing-Gesellschaften in Deutschland und anderen europäischen Ländern, die das technische Knowhow in Singapur nutzen, um numismatische Produkte für ihre Kunden herstellen zu lassen.
In der Singapore Mint wird nämlich immer noch jede einzelne Münze mittels eines Gipsmodells geschaffen. Nicht dass die begabten Designer deswegen auf modernste Technik verzichten würden, im Gegenteil.
Zunächst wird der zweidimensionale, gezeichnete Entwurf mittels branchenüblicher Software auf dem Computer in einen dreidimensionalen Entwurf umgesetzt.
Dann wird in einer Zwischenstufe der Gipsentwurf von einer Fräsmaschine mittels der Daten angefertigt, die der Computer liefert. Alle feineren Details des Münzdesigns werden sorgfältig von den Chefgraveuren der Mint of Singapore in den Gips graviert – wie man es Jahrhunderte lang in allen Münzstätten machte. Die Singapore Mint ist stolz auf die Fähigkeiten und dsa Talent ihrer Graveure und betrachtet deshalb diesen Teil der Arbeit als einen unverzichtbaren Bestandteil eines Schaffensprozesses, der jedem Objekt den typisch menschlichen Touch verleiht. So entstehen erst aus diesem von Hand gravierten Gips Matrize und Patrize.
Auch bei anderen Arbeiten, die von den ganz großen Münzstätten mittlerweile voll maschinell erledigt werden, setzt die Singapore Mint ganz bewusst auf die menschliche Arbeitskraft. So werden die Stempel immer noch per Hand von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen poliert, die seit Jahrzehnten in der Münzstätte arbeiten.
In der Singapore Mint setzt man also auf eine Mischung von Handarbeit mit modernster Hochleistungstechnologie. Denn das ist die andere Seite der perfekten Beherrschung des Handwerks. Eine Mitarbeiterin der Münzstätte, die uns durch die technische Abteilung führte, verriet uns, dass hier jeder nervös wird, wenn der „Chef“, Münzstättendirektor Yip Pak Ling, eine Vision hat. Denn dann ruht er nicht, bis die Techniker sie in ein reales Produkt umgesetzt haben. Und das ist gelegentlich mit vielen Versuchen nach dem Trial-and Error-Verfahren verbunden.
So wurden hier in der Singapore Mint eine ganze Reihe von Technologien entwickelt, die in keiner anderen Münzstätte angewendet werden. Deshalb gab es auch einige Bereiche in der Fertigung, die für den Foto „off limits“ waren. So zum Beispiel der speziell von der Singapore Mint entwickelte Drucker, der den einzigartigen, emailleartigen Farbauftrag produziert.
Ein hervorragendes Beispiel dafür, was mit Hilfe von präziser handwerklicher Tüchtigkeit und Ideen entwickelt werden kann, ist die Puzzle Coin, von der es mittlerweile schon drei Exemplare gibt. Sie besteht aus dreizehn einzelnen Münzen und bildet so den chinesischen Kalender mit den zugehörigen Jahren ab. Es ist eine Kunst, die Ronden in Form von Puzzleteilchen so genau zu prägen, dass man sie am Ende tatsächlich zu einer Münze zusammensetzen kann!
Die Singapore Mint ist in der Lage, folgende Techniken anzuwenden: Ronden-Sonderformen, spezielle Farbeffekte, dynamische Hologramm-Effekte, Teilplattierung in Gold, Latentbilder, Inlays, spezielle Effekte im UV & Röntgenlicht, Antique-Finish und Ultra-Hochrelief.
Dafür wurde die Singapore Mint auch schon öfter ausgezeichnet, so zum Beispiel 2012 von der Mint Directors Conference für ihre Prägung mit ausgefeilter Latentbild-Technologie.
Und die Herstellung von Gedenk- und Umlaufmünzen ist nur eine von vielen Aufgaben, die in der Singapore Mint erledigt werden. Hier ist ein Zentrum für Münzlogistik – also für Prüfung, Neuverpackung und Recycling von Umlaufmünzen. Hier finden Münzstätten aus aller Welt Dienstleistungen im Bereich Consulting. Hier werden Medaillenprogramme entwickelt und Vertriebswege geschaffen. Last but not least hatte die Singapore Mint ein eigenes Geldmuseum, das leider derzeit geschlossen ist.
Wir hätten an diesem 26. März auch gar keine Zeit mehr gehabt, das Geldmuseum zu besuchen, denn mittlerweile ist nach der Besichtigung der Produktionsanlagen der Nachmittag schon weit fortgeschritten. Ich habe viel gesehen, viel gehört, viel gelernt und fange allmählich an zu begreifen, welche wichtige Rolle die Singapore Mint hier in Asien spielt.
„Unser Engagement für Innovation und Qualität bestimmt unser Handeln, wenn wir unser Vermächtnis für die Zukunft prägen“, so sagt abschließend Münzstättendirektor Yip Pak Ling über die Rolle der Singapore Mint.
Und tatsächlich ist die Münzstätte von Singapur so bestens gerüstet, schnell und unkompliziert auf die Anforderungen des weltweiten Marktes zu reagieren.
Hier kommen Sie zur Website der Singapore Mint.
Im Shop können sie deren Produkte online bestellen.
Wir besuchten die Singapore Mint, als wir Ende März an der Singapore International Coin Fair teilnahmen.
Wir haben Ihnen eine Fülle von Neuerscheinungen der Singapore Mint im Laufe der Zeit vorgestellt.
Mein Favorit ist – ich gebe es zu – die Gedenkmünze zum 75. Geburtstag von Bruce Lee.
Die Singapore Mint ist natürlich auch auf Facebook dabei. 12.527 Personen haben den Kanal schon abonniert.
Verkaufsläden der Singapore Mint finden sich in verschiedenen prominenten Shopping Malls der Stadt, so hier in der City Square Mall.
Hier erfahren Sie mehr über den von der Singapore Mint gesponserten Heritage Orchid Garden.
Diese Seite über den bezaubernden Singapore Zoo gibt dem Ausdruck „Tiere auf Münzen“ eine ganz neue Bedeutung…