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Ein numismatischer Kongress, der in Erinnerung bleibt

von Johannes Nollé

Das renommierte ‹Forschungszentrum für die Kulturen des Mittelmeerraums› (AKMED) der Koç University/Suna & İnan Kıraç-Stiftung richtete in Antalya für die Zeit vom 1. bis 4. April 2024 den ‹3. Internationalen Kongress zur Geschichte des Geldes und der Numismatik› aus. Oğuz Tekin, der Direktor von AKMED, Professor an der Koç University, Doktorvater vieler türkischer Numismatiker und ein äußerst produktiver Wissenschaftler – z.B. ist er der Initiator der ‹SNG Turkey› und des ‹Corpus Ponderum Antiquorum et Islamicorum› – konnte viele namhafte Numismatiker, aber auch zahlreiche vielversprechende Nachwuchswissenschaftler in Antalya um sich versammeln.

Inhalt

Glückliche Kongressteilnehmer. Foto: Johannes Nollé.

Glückliche Kongressteilnehmer. Foto: Johannes Nollé.

Grandiose Gastfreundschaft und perfekte Organisation

Der Kongress wird jedem Teilnehmer durch die grandiose türkische Gastfreundschaft und die perfekte Organisation unvergesslich bleiben. Überall schien auf, wieviel Organisationstalent, Disziplin und Großzügigkeit hinter der Durchführung dieser Veranstaltung stand. Nach meinen Erfahrungen ist es in den meisten europäischen Ländern und in den USA nahezu unmöglich geworden, einen Kongress derart großzügig und opulent zu gestalten, da nicht selten Geisteswissenschaftler und deren Zusammenkünfte von den dortigen universitären Bürokratien als lästige wie auch unnütze Verursacher von Kosten betrachtet werden. Es ist wenig erfreulich, feststellen zu müssen, dass der Respekt gegenüber Geisteswissenschaftlern in jenen Ländern, wo sie einst entstanden sind, auf ein beschämendes Niveau abgesunken ist, während Gelehrte in der Türkei, wo diese Disziplinen auf eine viel kürzere Tradition zurückblicken können, weitaus mehr geschätzt werden.

Ein kompetentes Teilnehmerfeld

Der Kongress umfasste mehr als 40 zwanzigminütige Beiträge und eine sich unmittelbar anschließende zehnminütige Diskussion. Positiv anzumerken ist, dass nahezu alle Vortragende die ihnen zur Verfügung stehende Redezeit einhielten, so dass der Kongress genau nach Zeitplan abgelaufen ist. Der hohen Kompetenz der Teilnehmer ist es zu danken, dass die Diskussionszeit voll ausgenutzt wurde und die Debatten äußerst ergiebig waren. Erfreulich war auch, dass alle Diskussionen kollegial, freundschaftlich und sachbezogen verliefen.

Oğuz Tekin bei der Kongresseröffnung. Foto: Johannes Nollé.

Oğuz Tekin bei der Kongresseröffnung. Foto: Johannes Nollé.

Dieser Kongress war nicht nur quantitativ von Gewicht, sondern auch qualitativ einer der besten numismatischen Kongresse, die ich je besucht habe. Während die vom International Numismatic Council veranstalteten periodischen Kongresse durch ihre Übergröße zerfasern und vielen schlechten wie auch unausgegorenen Vorträgen eine Bühne bieten, so dass ich die dringende Notwendigkeit sehe, ihre Gestaltung zu reformieren, brachte Oğuz Tekins Kongress kompetente Wissenschaftler zusammen, die mittels der Vorträge tiefschürfend Probleme ihrer Disziplin diskutierten und die großen Fortschritte auf dem Gebiet der Numismatik erfahrbar machten. Oğuz Tekins sachverständige Auswahl der Teilnehmer bot auch guten Nachwuchswissenschaftlern die Gelegenheit, sich und ihre Fähigkeiten zu präsentieren.

Beiträge und Themenschwerpunkte

Die meisten Beiträge waren kleinasiatischen Themen gewidmet. Das mag man beklagen, doch sollte man bedenken, dass dies nicht nur dem Veranstaltungsort, sondern auch der Bedeutung des anatolischen Geldwesens geschuldet ist. Die Konferenzsprache war ausschließlich Englisch.

Thematisch gab es mehrere Schwerpunkte. Die ersten Vorträge waren Datenbanken gewidmet, die zunehmend wichtiger für Fortschritte der Numismatik werden. Neben anderen Beiträgen seien François de Callataÿs Vortrag über eine Gegenstempel-Datenbank (GOD = Greek Overstrikes Database), ferner Leah Lazars Gedanken zu einer Datenbank über anatolisches Kleingeld erwähnt. Extrem nützlich ist auch die Realisierung einer Datenbank, die jene Fundmünzen zusammenstellt, die bei Grabungen in der Türkei gefunden wurden (Zeynep Çizmeli Öğün & Koray Konuk). Das ambitionierteste Projekt ist das von Chris Howgego, der sämtliche Münzhorte aus der Zeit des Römischen Kaiserreiches erfassen und zugänglich machen möchte.

Eine Serie von Vorträgen galt einzelnen Münzen oder Münztypen der archaischen, klassischen und hellenistischen Zeit: Karische, samische, pisidische Geldstücke, aber auch Münzen und Gewichte aus der Troas wie aus Thrakien wurden diskutiert und in größere Zusammenhänge eingeordnet. Annalisa Polosas erhellender Vortrag über die Rolle von Itanos im Rahmen der kretischen Münzprägung, Ömer Tatars fundierter und gelehrter Beitrag über die Funde und Prägungen ptolemäischer Münzen in Pamphylien sowie Ute Wartenbergs interessanter Versuch, eine bisher unzugeschriebene Serie von Stateren mit dem karischen Städtchen Idyma in Verbindung zu bringen, seien hier genannt.

Dem Münzumlauf und den ökonomischen Rückschlüssen, die aus ihm zu ziehen sind, waren Beiträge von Tolga Tek (Münzfunde in Tripolis am Mäander), Aliye Erol (Münzen von Kyzikos aus den Grabungen von Daskyleion) und Jaroslaw Bodzek (Nea Paphos) gewidmet.

Drei kleine, aber sehr interessante Sigloi-Funde, die sich im Museum von Burdur befinden, stellte Hüseyin Köker vor. Hoffnung auf ein Corpus der Münzen des lydischen Philadelpheia machte İnci Türkoğlu. Es wäre für die Geschichte dieser bedeutenden lydischen Stadt ein weiterer großer Fortschritt, wenn wir nach den archäologischen Forschungen von Recep Meriç und dem epigraphischen Corpus von Georg Petzl nun auch ein numismatisches Corpus in die Hand bekämen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Kongresses waren Studien zu ikonographischen Themen: Chris Lightfoot referierte über Münzen mit Dioskurendarstellungen, Achim Lichtenberger trug wesentlich zum Verständnis der Stadtprägungen von Tyros im 3. Jhdt. bei, Fabrice Delrieux unterzog die kaiserzeitlichen Anfangsprägungen von Mylasa à la Louis Robert einer in die Tiefe gehenden Untersuchung und Ulrike Peter hielt einen meisterlichen Vortrag über das Motiv des sitzenden Herakles auf thrakischen Münzen. Ich selbst widmete mich den Darstellungen von Giganten auf kleinasiatischen Münzen und warf dabei die Frage nach dem Hintergrund des Gigantenfrieses auf dem Pergamonaltar auf.

Zeitlich ging der Kongress über die Antike hinaus, indem Ceren Ünal über Münzen des Kaiserreiches von Trapezunt und Betül und Gültekin Teoman Ergebnisse ihrer Forschungen zu Münzen des Beyliks der Aydınoğulları vorstellten.

Die in diesem Vortrag nicht namentlich genannten Referenten mögen ihre Nichterwähnung nicht als Werturteil über ihre Vorträge ansehen. Oğuz Tekins sehr treffliche Auswahl von Referenten führte dazu, dass es keine auffallend schlechten Vorträge bei diesem Kongress gab. Für den Zweck der Vorstellung des Kongresses in der ‹MünzenWoche› musste ich aus Raumgründen eine Auswahl treffen.

Da Oğuz Tekin den Abgabetermin der schriftlichen Fassung auf Ende Mai 2024 festgesetzt hat, dürfte sichergestellt sein, dass jeder interessierte Numismatiker alle Beiträge des Kongresses schon bald lesen kann und dann die Möglichkeit hat, sich selbst ein Urteil zu bilden.

Johannes Nollé

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