Bulgarien und der Euro: Der aktuelle Stand
von Lisa Scheffert
Schon seit 2018 versucht Bulgarien, den Euro einzuführen, doch bisher vergeblich. Die viel zu hohe Inflation und die politische Instabilität Bulgariens verhindern den Beitritt des EU-Landes zur Währungsunion.
Inhalt
Zwischenstand der Eurozonen-Verhandlungen
Anfang des Jahres gab die bulgarische Finanzministerin Rossiza Welkowa bekannt, dass Bulgarien den Beitritt in die Eurozone zum Januar 2024 nicht wie geplant schaffen werde, wie die FAZ berichtete. Grund dafür seien die zu hohe Inflation und noch fehlende notwendige Gesetze zur Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption, die aufgrund der politischen Instabilität im Land noch nicht verabschiedet werden konnten.
Bereits zum fünften Mal in den vergangenen zwei Jahren wurde im April 2023 eine neue Regierung gewählt. Diese ist pro-europäisch und stellte nach der Wahl einen weiteren Vorschlag zur Einführung des Euro in Bulgarien vor. Demnach soll der Euro als Parallelwährung eingeführt werden. Das würde bedeuten, dass eine Regelung, die bisher nur für Unternehmen galt, auch bei privaten Transaktionen eingeführt wird. Die Beteiligten dürfen wählen, in welcher Währung bezahlt wird. Dafür ist die Zustimmung der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission notwendig.
Sollte der Euro tatsächlich als alleinige Währung eingeführt werden, wäre das nicht vor dem Januar 2025 möglich. Die Bulgarische Nationalbank bestätigt diesen Termin bisher.
Warum will Bulgarien unbedingt in die Eurozone?
Bulgarien erhofft sich von einem Beitritt größere Kreditsicherheit und mehr Investitionen. Doch das ist nicht der einzige Grund.
In Bulgarien gibt es eine prorussisch-nationalistische Bewegung, die der EU ablehnend gegenübersteht. Pro-europäische Parteien erhoffen sich von einem Beitritt zur Eurozone einen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Vorteile eines gemeinsamen Marktes sollten es prorussischen Parteien erschweren, die Uhr zurückzudrehen.
Wie sollen die bulgarischen Euro-Münzen aussehen?
Die Bulgarische Nationalbank gab Ende Juli 2023 bekannt, dass auf den kommenden Euro-Münzen die Motive der aktuellen Lew-Münzen reproduziert werden. Damit soll die neue Währung an die alte anknüpfen.
Auch die Inschriften der nationalen Seite sollen nach Vertretern der Nationalbank an die lange monetäre Tradition des Landes erinnern. Sie sollen in bulgarisch-kyrillisch verfasst sein. Auf allen Nominalen soll „Bulgarien“ stehen, dazu bei den Münzen zu 1 und 2 Euro das Wort „Euro“. Auf den Cent-Münzen soll der bulgarische Begriff „Stotinka“ zu lesen sein. Dabei handelt es sich um die bisherige Bezeichnung für die Kleinmünzen der Lew-Währung. Die Randinschrift der 2-Euro-Münzen lautet „Gott schütze Bulgarien“.
Der Reiter von Madara
Die 1-, 2- , 5-, 10- , 20- , und 50-Cent-Münzen werden den Reiter von Madara zeigen, der auch zuvor schon auf Münzen zu 1, 2, 5, 10, 20 und 50 Stotinki zu sehen war. Dabei handelt es sich um ein frühmittelalterliches Felsrelief eines Reiters, das zum Weltkulturerbe zählt. Dieser Reiter soll die glorreiche Vergangenheit der Bulgaren im Frühmittelalter repräsentieren.
Er datiert ins frühe achte Jahrhundert. Diese Zeit steht in Verbindung mit dem Triumph der Bulgaren über Byzanz. 681 besiegten sie den byzantinischen Kaiser, dies führte zur offiziellen Anerkennung des Bulgarischen Reiches. Im achten Jahrhundert dehnte sich das Reich stark aus. Es erstreckte sich im Süden vom Schwarzen Meer bis an das adriatische und ionische Meer und wurde durch den Fluss Mariza und die Stadt Adrianopel, heute Edirne, begrenzt. Im Norden umfasste es Gebiete des heutigen Ungarn und der Ukraine und grenzte an den Fluss Theiß, im Osten an den Fluss Dnister und im Westen wurde es durch das Reich Karls des Großen begrenzt.
Das Madara-Relief erinnert an diese Zeit, in der Bulgarien ein mächtiges und großes europäisches Reich war.
Das Gesicht auf der 1-Euro-Münze – Ivan Rilski
Ivan Rilski ist der Patron der Bulgaren, und bulgarisch-orthodoxer Heiliger. Sein Abbild ist seit 1999 auf der 1-Lew-Münze zu sehen. Zur Lebzeit des Ivan Rilski, im späten neunten bis frühen zehnten Jahrhundert, erlebte Bulgarien eine Periode der religiösen Stabilität und Unabhängigkeit sowie eine Blütezeit religiöser Architektur. 927 wurde die bulgarisch-orthodoxe Kirche vom ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel anerkannt.
Der Glaube spielt in Bulgarien immer noch eine große Rolle, was auch die Inschrift „Gott schütze Bulgarien“ zeigt, die auf dem Rand der 2-Euro-Münze stehen soll. Mit dieser 1-Euro-Münze wird auf die Anfänge der bulgarisch-orthodoxen Kirche hingewiesen. Immer noch ist die Mehrheit der Bulgaren bulgarisch-orthodox. Die Prägung steht damit für eine Säule der bulgarischen Identität: den Glauben.
Bis er 25 Jahre alt war, lebte Ivan Rilski der Legende nach als einfacher Hirte, bis er sich in das Rila-Gebirge zurückzog und dort das Rila-Kloster gründete. Schon zu seinen Lebzeiten war er bekannt, da er Menschen in Not half, Krankheiten heilte und Wunder vollbracht haben soll. Außerdem soll er Glauben, Liebe und Hoffnung gepredigt und zu einem bescheidenen, würdevollen Leben aufgerufen haben, wie er es selbst auch geführt haben soll. Zar Peter I. soll die beschwerliche Reise von der damaligen bulgarischen Hauptstadt Weliki Preslaw ins Rila-Kloster auf sich genommen haben, um Ivan zu sprechen. Laut der Legende brachte er ihm Früchte und Gold mit, doch Ivan lehnte das Gold ab und nahm nur die Früchte.
Nach seinem Tod soll er eines seiner bekanntesten Wunder gewirkt haben: Als seine Gebeine sich für kurze Zeit in Eztergom (Ungarn) befanden, weigerte sich der dortige Erzbischof, ihn als Heiligen anzuerkennen und verlor daraufhin seine Stimme. Erst als er sich vor den Gebeinen des Ivan verneigte, erlangte er diese wieder.
Paisius Hilendarski auf der 2-Euro-Münze
Paisius Hilendarski (1722-1773), ein Mönch und bekannter Geschichtsschreiber Bulgariens, gilt bis heute als der Autor, der mit seinem Hauptwerk den entscheidenden Anstoß für die Befreiung Bulgariens vom Osmanischen Reich gab. Sein Buch „Slawo-bulgarische Geschichte“, 1844 in Budapest erschienen, befeuerte vor dem Hintergrund der aufkeimenden bulgarischen Aufklärung das eigene Nationalbewusstsein der Bulgaren.
Zu dieser Zeit war die bulgarisch-orthodoxe Kirche dem ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel unterstellt. Hilendarski reiste in seiner Tätigkeit als Mönch viel und kam in der Region Athos mit Gelehrten und aufklärerischem Gedankengut in Kontakt. Die Klöster in den christlichen Balkanprovinzen des Osmanischen Reiches galten im 18. Jahrhundert als Zentren geistigen Lebens. Von diesem Umfeld geprägt, begann er 1760 an seinem Hauptwerk zu schreiben. Es machte ihn zu einer zentralen Figur der sogenannten Bulgarischen Nationalen Wiedergeburt, als der er bis heute verehrt wird.
Mit dem Beschluss über die Motive der bulgarischen Euromünzen ist das Land einen Schritt weiter auf dem Weg in die Währungsunion. Ob der Beitritt 2025 klappt, bleibt abzuwarten.