Was kostet die Burg?
Was mag es um 1400 gekostet haben, einen Wohnturm zu errichten? Und was würde der gleiche Bau heutzutage kosten? Diese Frage haben sich Wissenschaftler gestellt, als sie eine Ausstellung über Ritterburgen vorbereiteten.
Oberhausmuseum (Passau). Ansicht der Veste Oberhaus (15. Jhdt.). Foto: Wolfgang Sauber / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Ihre Kalkulation begann natürlich mit der Bauzeit. Zwei von einander unabhängige Fachleute schätzten sie gleich, nämlich auf etwa zwei Jahre. Und dann begann die Kalkulation, die in einer ausführlichen Tabelle aufgelistet wurde.
Lohnkosten | ||
Baukosten um 1400 | Baukosten heute | |
Bauzeit ca. 250 Tage | Bauzeit ca. 200 Tage | |
10 Maurer à 250 Tage 600 Gulden |
6 Maurer à 200 Tage 325.000 EUR |
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5 Zimmerleute à 200 Tage 230 Gulden |
4 Zimmerleute à 20 Tage 15.000 EUR |
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15 Hilfskräfte à 250 Tage 500 Gulden |
3 Hilfskräfte à 200 Tage 150.000 EUR |
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1 Polier à 200 Tage 75.000 EUR |
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Steinmetze 35.000 EUR |
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Transport 15.000 EUR |
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1.330 Gulden | 615.000 EUR | |
Materialkosten | ||
20 Gulden | Sand: 250 Kubikmeter | 3.500 EUR |
55 Gulden | Kalk: 90 Kubikmeter | 8.000 EUR |
90 Gulden | zugerichtete Bruchsteine | 150.000 EUR |
20 Gulden | Formsteine 12.500 EUR | 12.500 EUR |
15 Gulden | Holzbalken 10.000 EUR | 10.000 EUR |
30 Gulden | Sonstiges: Eisen, Werkzeuge, Seile, Körbe… | |
230 Gulden | 184.000 EUR | |
Gesamtkosten | ||
Rund 1.600 Gulden | Rund 850.000 EUR | |
Das entspricht | ||
200 t | Getreide | 6.000 t |
11.500 Paar | Schuhe | 11.500 Paar |
7.500 l | Wein | 170.000 l |
8.000 | Arbeitstage eines Maurers | 3.200 |
Jährliche Durchschnittseinnahmen einer Stadt | ||
1.500 Gulden (Siegen) | 110.250.000 EUR (Passau) | |
Anteil am gesamten Jahresetat einer damaligen Kleinstadt | ||
50 % | 0,4 % |
Während im Mittelalter 30 Mann nötig waren, um die Burg zu errichten, bräuchte man dafür heute nicht mal die Hälfte. Und so schlugen die Lohnkosten im Verhältnis im Mittelalter auch wesentlich höher zu Buche als heute. Um 1400 machten sie ca. 83 % des Gesamtpreises aus, heute liegen sie bei 70 %.
Interessant ist der Versuch, dies in Waren umzurechnen. So hätte man im Mittelalter für den Gegenwert des Wohnturmes 11.500 Paar Schuhe kaufen können, genauso viele übrigens wie heute.
Der Preis für Lebensmittel war um 1400 im Verhältnis viel höher: Nur 200 t Getreide entsprechen den Gesamtkosten, heute dagegen würde man für den Preis ungefähr die 30fache Menge Getreide bekommen. Die Arbeitskraft dagegen war billig, wenn auch – wie oben gesehen – weniger effektiv, 8.000 Tagelöhne eines Maurers entsprachen der Burg. Hätte ein Maurer sich selbst eine Burg bauen wollen, so hätte er für die Kosten fast 22 Jahre jeden Tag arbeiten müssen; wollte er dies heute tun, so wären schon knappe 9 Jahre genug.
Die Veste Oberhaus in Passau. Foto: High Contrast / http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/deed.en
Mindestens ebenso bemerkenswert ist die Umrechnung der Baukosten auf die jährlichen Durchschnittseinkommen einer Stadt um 1400 und heute. Beispiel für das Spätmittelalter ist Das Jahreseinkommen von Siegen mit damals ca. 2.000 Einwohnern. Sie hätten bei einer Bauzeit von 2 Jahren jährlich 50 % des Gesamtetats der Kleinstadt aufwenden müssen, um die Burg zu errichten. Heute müssten die 50.000 Bewohner von Passau nur 0,4 % ihres Budgets anlegen, um den Wohnturm zu bauen. Da brauchen wir uns wirklich nicht zu wundern, dass in unseren Städten eine Betonburg nach der anderen hochgezogen wird.
Die Angaben gehen auf einen Katalog zurück, der 1998 anlässlich der Ausstellung „Ritterburg und Fürstenschloß“ in Passau entstand. Ihm ist auch die Tabelle entnommen.
Hier die bibliographischen Details: Ritterburg und Fürstenschloß, Begleitband 1 zur Ausstellung von Stadt und Diözese Passau im Oberhausmuseum Passau 1998, Hg.: H. W. Wurster und R. Loibl, Passau 1998, S. 54.