Challenge Coins – Was ewig bleiben wird

Münzen, Medaillen, Orden. Sie alle sind unvergänglich. Verdeutlicht wird das immer wieder, wenn bei Bauarbeiten ein Schatz gefunden wird, den jemand vor 2000 Jahren vergraben hat. Geprägtes Metall bewahrt die Geschichte einer Ära, einer Nation, einer Herrscherfamilie und eines einzelnen Menschen für immer. Eben das ist auch der Gedanke, der hinter der Tradition der sogenannten Challenge Coins der deutschen Bundeswehr steht. Mit ihnen werden besondere Leistungen, herausragende Errungenschaften und ein Gefühl des Zusammenhalts verewigt. Es sind keine Ehrenkreuze oder Einsatzmedaillen, die von offizieller Seite vergeben werden. Dahinter steht die persönliche Initiative einzelner Soldaten.

Egal ob Grundausbildung oder Auslandseinsatz: Zusammenhalt und Kameradschaft gehören dazu. Foto: Bundeswehr / Bähr.

Wer die Bundeswehr auf die Idee brachte

Im Zusammenhang mit dem erst abgesagten, dann doch durchgeführten Gipfeltreffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un berichteten wir vor einigen Monaten über die Tradition der Challenge Coins in den Vereinigten Staaten. Numismatische Experten können an dieser Stelle beanstanden, dass es sich bei Challenge Coins nicht um Münzen handelt. Das stimmt natürlich. Sie sind weder anerkanntes Zahlungsmittel noch tragen sie einen Nennwert. Es sind zweifelsohne Medaillen. Doch hat sich die Bezeichnung „Coins“ in Kreisen der amerikanischen Streitkräfte unwiderruflich etabliert.

Und im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden die Coins in ihren Einheiten immer wichtiger. In den 1990ern fanden sie auch ihren Weg in andere Institutionen – wie das Weiße Haus. Amerikanische Präsidenten verteilen sie u.a. an all diejenigen, die an einer Auslandsreise teilnehmen. Zivilisten können dieselben Stücke im Souvenirladen des Weißen Hauses kaufen. Zwar werden vereinzelt auch Challenge Coins der Bundeswehr auf Reisen an Delegierte anderer Länder verteilt, doch ist der ursprüngliche Gedanke, der hinter den Stücken steht, eindeutiger zu erkennen als bei den präsidialen Medaillen.

Challenge Coins gibt es in allen Streitkräften und Organisationsbereichen. Foto: Bundeswehr / Lindner.

Es steht außer Frage, dass die deutschen Soldatinnen und Soldaten den Brauch also von den amerikanischen Kollegen übernommen haben. Wann genau das geschah, lässt sich nicht eindeutig festlegen. Laut eines Sprechers des Verteidigungsministeriums wurden die ersten Coins vermutlich in den 1990er Jahren im Rahmen des Einsatzes der Bundeswehr in Kroatien (IFOR) und dem Kosovo (KFOR) in Auftrag gegeben und verteilt.

Einsatzmedaillen für KFOR und Operation Enduring Freedom. Foto: Airbornelawyer / CC BY-SA 3.0.

Auf zwei Tatsachen, die vermutlich in Zusammenhang mit der Entwicklung dieser Tradition stehen, lohnt es hierbei hinzuweisen. Zum einen wurden vom Bundesminister für Verteidigung im Jahr 1996 zum ersten Mal Einsatzmedaillen für einen Auslandseinsatz verliehen. Warum also nicht auch inoffizielle Medaillen für alle Kameraden herstellen? Zum anderen hatten deutschen Truppen im Rahmen dieser Einsätze vermehrt engen Kontakt mit amerikanischen Soldaten. Gut möglich also, dass sie „Coin Checks“ miterlebten und einige Exemplare geschenkt bekamen.

Deutsche Soldaten des Operational Mentoring and Liaison Team (OMLT) ließen diese Coin im Rahmen ihres Einsatzes im Jahr 2011 prägen. Die Vorderseite zeigt den Einsatzzeitraum, eine Karte Afghanistans mit dem Einsatzort Kunduz, die Flaggen Deutschlands und Afghanistans sowie das Emblem der afghanischen Nationalarmee. Auf der Rückseite ist ein gängiges OMLT Abzeichen zu sehen. Foto: DerTaler.de.

Wie die Challenge Coins aussehen und wo sie hergestellt werden

Der Kommandeur einer Einheit, der Lehrgruppenleiter, der Kompaniechef usw. – sie sind es, die die Herstellung der Challenge Coins auf Eigeninitiative oder Vorschlag der gesamten Truppe in Auftrag geben. Das verdeutlicht auch den zahlenmäßigen Rahmen, in dem wir uns bewegen. Ein paar Dutzend sind es nur, die geprägt werden.

Eine Challenge Coin der 2. Kompanie des Jägerbataillons 291. Sie zeigt auf der Vorderseite einen Wappenumriss mit dem Hoheitszeichen der Bundeswehr im Hintergrund, der Zahl 2, einem Eichenblatt (Barettabzeichen der Jägertruppen), dem Ausgabejahr (zensiert) und einer Krone. Unterhalb ist eine Seriennummer eingeprägt (zensiert). Die Rückseite zeigt den Umriss Frankreichs mit eingeprägtem Stationierungsort des Bataillons in Illkirch-Graffenstaden, Eichenblättern und dem Wahlspruch „Tapfer und Treu“. Foto: LS.

Finanziert werden sie aus sogenannten „Repräsentationstöpfen“. Geld aus dieser Quelle kann für Kugelschreiber, Sticker und T-Shirts ausgegeben werden. Oder eben für Medaillen. Und im Hinblick auf die Gestaltungen sind fast keine Grenzen gesetzt. Dass es sich also wirklich nicht um Ausgaben von offizieller Seite, etwa des Verteidigungsministeriums, handelt, wird hierbei deutlich. Häufig werden offizielle Wappen auf den Coins dargestellt. Diese müssen beim Streitkräfteamt registriert und dort bewilligt worden sein. Die Coins selbst müssen jedoch nicht von diesem Amt abgenommen werden. Das übrige Design kann ganz nach Belieben der Auftraggeber gestaltet werden. Beauftragt mit der Herstellung werden private Münzstätten und Firmen.

Die Deutsche Verbindungs- und Unterstützungsgruppe Djibouti ist im Rahmen einer Teiloperation der Operation Enduring Freedom am Horn von Afrika tätig. Eine ihrer Challenge Coins zeigt auf der Vorderseite die Nationalfarben Deutschlands, die Bezeichnung der Gruppe, den Umriss Dschibutis sowie ein Kamel und eine Palme. Auf der Rückseite sieht man das Logo der deutschen Marine sowie den Titel der NATO-Operation. Die Farbe der Medaille erinnert an die Wüstenlandschaft des Staates. Foto: derTaler.de.

Die Challenge Coins setzen mal mehr und mal weniger auf eindrückliche Symbolik. Manchmal sind sie durchnummeriert, manchmal nicht. Sie können simple Umrisse des Einsatzlandes zeigen oder raffinierte Anspielungen, die nur Eingeweihte verstehen. Sie werden in Gold, Silber, Bronze, Messing, Nickel, Eisen oder Kupfer hergestellt. Embleme, Stanzlücken, Rotationselemente und Farben. Alles ist möglich. Der bereits zitierte Sprecher des Verteidigungsministeriums erhielt einmal ein Exemplar, das aus Meißner Porzellan herstellt wurde.

Diese Coin des Arbeitskreises Sanitätsdienst setzt auf Farbe. Sie zeigt rechts das Wappen des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. sowie links das Logo des Sanitätsdienstes. Darüber der Wahlspruch „Excellentia Exemplo Est. Foto: R. Wieking.

Warum man seine Challenge Coin immer griffbereit haben sollte

Die Verteilung erfolgt durch die Person, die die Münze in Auftrag gegeben hat. Ausgegeben wird sie entsprechend innerhalb einer Einheit, eines Lehrgangs, eines Kontingents, eines Arbeitskreises etc. Mittlerweile werden sie auch im Ausland bei Übungen und diplomatischen Reisen verteilt, jedoch scheint dies im Vergleich zu den USA noch nicht im großen Stil zu geschehen. Übergeben werden sie in einem ordentlichen Handschlag.

Eine Challenge Coin der 3. Kompanie des Jägerbataillons 291 auf den UNO-Einsatz in Mali. Auf der Vorderseite sind die Zahl 3 sowie ein Gefechtshelm und Eichenblätter (Barettabzeichen der Jägertruppen) zu sehen. Die Rückseite zeigt den Umriss Malis, den Stationierungsort Gao, die Nummer des Einsatzkontingentes, den Zeitraum, darunter eine Seriennummer (zensiert) sowie darüber „Unteroffizerkorps Sicherungskompanie Gao“. Foto: LS.

Ab diesem Zeitpunkt muss das Stück immer greifbereit sein. Denn der berüchtigte „Coin Check“, die eigentliche Herausforderung, die dieser Medaille ihren Namen gab, kann immer und von jedem gestartet werden. Er kann ebenso laut ausgerufen, wie still durch Hochheben der Coin initiiert werden. Alle anwesenden Personen müssen daraufhin ihre Coin zeigen. Können sie das nicht, müssen sie eine Runde ausgeben. Daneben kann jede Gruppe noch ihre eigenen Regeln erfinden. Hauptsache ist, sie werden aufgeschrieben und sichtbar ausgehängt.

Ein Schiffsarztlehrgang ließ sich 2017 diese Coin prägen. In bestimmtem Licht gleicht die Koloration der Rückseite dem Wellengang des Meeres. Abgebildet sind außerdem Schiffe und ein Hubschrauber der Marine sowie ein humorvoll abgewandeltes Zitat des Pompeius. Auf der Vorderseite ist ein Wappen zu sehen, das dem des Sanitätsdienstes ähnelt. Foto: derTaler.de.

Was die Challenge Coins bedeuten

Aber am Ende ist diese spaßige Herausforderung doch nur eine Seite der Medaille. Die andere ist die Verewigung eines Lebensabschnitts, eines Gefühls und eines Erfolges. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Challenge Coins in Deutschland so unbekannt sind und noch nicht so häufig gesichtet wurden wie in den Vereinigten Staaten – weder in Souvenirshops noch auf Münzbörsen. Alle ehemaligen und derzeitigen Soldaten mit denen ich gesprochen habe, konnten emotionale Geschichten erzählen, an die sie ihre Coins erinnern. Für sie sind sie Zeichen des Zusammenhalts und der Zugehörigkeit. Für manche sind sie Symbole der Ehre.

Diese private Sammlung eines Flottillenarztes enthält nicht nur deutsche Challenge Coins. Foto: R. Wieking.

Wer Challenge Coins sammelt

Gesammelt werden Challenge Coins in jedem Fall. Bisher jedoch vorrangig von Angehörigen der Streitkräfte. Es ist ein weitgehend unbekanntes Sammelgebiet unter münzbegeisterten Zivilisten. Zum einen liegt das sicherlich daran, dass im Gegensatz zu Ritterorden, Weltkriegsmedaillen oder der Donativa römischer Kaiser, nur wenige Informationen über Challenge Coins verfügbar sind. Zum anderen ist es ein Sammelgebiet, dessen Grenzen sich durch den inoffiziellen Charakter nur schwer festlegen lassen. Wann kann man hier von einer vollständigen Sammlung sprechen? Letztlich sind die Coins aber vor allem etwas, womit Erinnerungen verbunden werden, die schwer mit einem Preisschild versehen werden können. Kaum ein Soldat würde seine eigene Coin einfach so verkaufen. Man muss sie sich verdienen.

Mehr Informationen über die Bundeswehr finden Sie auf der offiziellen Internetseite.

Einen interessanten Artikel über die Challenge Coin von Donald Trump hat die MünzenWoche veröffentlicht.