Als Oxford die Hauptstadt von England war…
Die Situation war zu verführerisch: In Deutschland tobte schon der 30jährige Glaubenskrieg, als Karl I. am 27. März 1625 zum König von England, Schottland, Frankreich und Irland gekrönt wurde. Da musste es doch Möglichkeiten geben! Die meisten europäischen Mächte versuchten damals, auf Kosten des Deutschen Reichs Gebietszuwächse zu erzielen.
Karl I. von England, Gemäle von Anthony Van Dyck um 1635.
Auch Karl wollte da mitmachen. Leider fehlte dem jungen König das Geld. In England war nämlich das Parlament dafür zuständig, die Steuern zu bewilligen. Und das Parlament hatte kein Interesse daran, Steuermittel in einem ausländischen Krieg zu verpulvern. So hielt es den König kurz. Die einträglichen Hafenzölle, die der König normalerweise zu Beginn seiner Herrschaft erhielt, gestand das Parlament Karl nur für ein Jahr zu. Eine unfreundliche Geste. Es sollte nicht die einzige bleiben.
Als Karl das Parlament im Jahre 1628 einbestellte, waren die Abgeordneten nur dann bereit, Steuern zu bezahlen, wenn der König vier Forderungen zustimmen würde:
1.) Das Kriegsrecht müsse aufgehoben werden.
2.) Kein Bürger dürfe ohne eine Verhandlung nach geltendem Recht hingerichtet werden.
3.) Alle Einquartierungen seien aufzuheben.
4.) Alle Steuern und Abgaben seien in Zukunft ausschließlich durch das Parlament zu genehmigen. Wer sich gegen eine nicht genehmigte Steuer wehre, dürfe dafür nicht belangt werden.
Eine Darstellung des englischen Parlaments aus dem 16. Jahrhundert.
Die letzte Bestimmung war der Knackpunkt. Sie machte den König von seinem Parlament abhängig. Karl unterschrieb trotzdem. Das Parlament genehmigte die Mittel. Und danach tat der König das, was er wollte, und berief einfach das Parlament nicht mehr ein. Mehr als 10 Jahre lang. Erst als die Schotten ihm den Krieg erklärten, musste Karl wieder in den sauren Apfel beißen. Er brauchte mehr Geld. Doch das war gar nicht so einfach…
Erstens sympathisierten viele Abgeordnete, zumeist Grundbesitzer aus der Provinz, mit den Schotten. Diese führten Krieg, weil sie ihren presbyterianischen Glauben nicht zugunsten der anglikanischen Kirche aufgeben wollten. Vergessen wir nicht, in Deutschland führte man genau aus demselben Grund Krieg. Untertanen waren eben nicht mehr bereit, ihre Gewissensfreiheit dem königlichen Anspruch auf eine Staatsreligion unterzuordnen. Und das galt auch für die englischen Abgeordneten, viele von ihnen Anhänger nicht-anglikanischer Glaubensrichtungen.
Dass dazu der feste Wille der Parlamentarier kam, eine Politik, die mit ihrem Geld finanziert wurde, auch mitzubestimmen, gab der ganzen Angelegenheit die Sprengkraft.
Charles I. Triple Unit 1644, Oxford. Sehr selten. Fast vorzüglich. Schätzung: 50.000,- Euro. Aus Auktion Künker 310 (21. Juni 2018), Nr. 6144.
Wie Karl die Frage sah, zeigt die Vorderseite einer Münze, die 1644 in Oxford geprägt wurde, um den Krieg gegen die Puritaner zu finanzieren. Darauf lesen wir (in Übersetzung) „Karl, von Gottes Gnaden König von Großbritannien, Frankreich und Irland“. Von Gottes Gnaden wohlgemerkt! Von einem Parlament wird nichts gesagt. Der König ist Mittler zwischen Gott und Untertan. Und deshalb ist Karl in der vollen Pracht seiner Krone dargestellt. In der rechten Hand das Richtschwert, mit dem er alle, die gegen sein Gesetz verstoßen, straft.
Das Parlament zweifelte an dieser göttlichen Gnade. Und es hatte Angst. Immerhin verfügte Karl über die Armee, und er wollte sie wegen der Schotten noch vergrößern. Wie leicht hätte er an der Spitze so einer Militärmacht auf die Idee kommen können, gegen das Parlament vorzugehen. Diese Angst schürte den Widerstand, als Karl am 4. Januar 1642 tatsächlich befahl, einen der schlimmsten Agitatoren festzunehmen. Die Parlamentarier mobilisierten die Londoner Bevölkerung. Diese wendete sich gegen den König. Der musste fliehen.
Über den Dächern von Oxford. Foto von David Iliff. Lizenz: CC-BY-SA 3.0.
Im nahe gelegenen Oxford richtete er sich häuslich ein. Noch im Januar 1642 gründete er eine neue Münzstätte. Schließlich mussten Münzen geprägt werden, um die Soldaten zu besolden, die für den König kämpfen sollten. Die Münzstätte war in der New Inn Hall angesiedelt, dort, wo heute das St. Peter’s College zu finden ist. Thomas Bushell und Sir William Pankhurst wurden als Münzmeister eingesetzt. Sie hatten vor dem Aufstand die Shrewsbury bzw. die Tower Mint geleitet. Über Silber und Gold verfügten sie – zumindest zu Anfang – reichlich, denn alle Colleges bewahrten ihr erspartes Geld auf, indem sie aus dem Silber und Gold der überflüssigen Münzen wunderbar gearbeitete Tischgefäße herstellen ließen, die bei Festessen zeigten, wie reich ein College war. Diese wurden nun requiriert und in den Schmelztiegel geworfen.
Ausschnitt von Los 6144.
Die königlichen Streitkräfte waren in dieser Anfangsphase des Bürgerkriegs recht erfolgreich, und so war noch alles offen, als diese Münze im Jahr 1644 geprägt wurde. Trotzdem bringt der König seinen Friedenswunsch deutlich zum Ausdruck. Er hält in der linken Hand einen Ölzweig als Symbol des Friedens.
Ausschnitt von Los 6144.
Und auf der Rückseite fasste er zusammen, wofür er einzustehen behauptete: Für die protestantische Religion, die Gesetze von England und die Freiheit des Parlaments. Mit der protestantischen Religion war natürlich die anglikanische Kirche gemeint, die Karl als Staatskirche durchzusetzen hoffte. Die Gesetze Englands waren die königlichen Gesetze, und eine Freiheit des Parlaments wäre eine Freiheit von Karls Gnaden gewesen.
Die Umschrift der Rückseite ist der Bibel entnommen. Psalm 68, Vers 2 droht den Gegnern: Gott steht auf und alle seine Feinde werden zerstreut.
Doch auch die Gegenseite nahm die Unterstützung des Allerhöchsten für sich in Anspruch, und das viel erfolgreicher als Charles. Cromwell sollte sich auf den Münzen die er nach der Hinrichtung von König Karl I. im Jahr 1649 herausgab, als Verteidiger der Republik England, Schottland und Spanien von Gottes Gnaden(!) bezeichnen.
Ob der anglikanische oder der puritanische Gott wirklich einen Bürgerkrieg wollte, der unzählige Menschen das Leben kostete, darf man heute bezweifeln.
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