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Peter-Götz Güttler (1939-2024) – Medailleur und Architekt – zum Gedenken

von Wolfgang Steguweit

Das künstlerische Vermächtnis als Medailleur legte der Architekt Peter-Götz Güttler von suchenden Anfängen der frühen 1970er Jahre bis zum Zenit 2018 in hunderten runden und eckigen, zumeist in Weissmetall im Eigenguss gefertigten Mikrokosmen nieder, nennen wir sie „Dresdener Himmelsscheiben“. Zwei voluminöse Bände künden von seinem ebenso produktiven wie kreativen Schaffen über nahezu fünf Jahrzehnte.

Rainer Grund und Wolfgang Steguweit (Hrsg.), Martin Heidemann (Katalogbearb.): Güttler Medaillen. Gegossene Sichten und Welten. Medaillen 1971 bis 2011 (Die Kunstmedaille in Deutschland, Band 27), Dresden 2011.

Rainer Grund und Wolfgang Steguweit (Hrsg.), Martin Heidemann (Katalogbearb.): Güttler Medaillen. Gegossene Sichten und Welten. Medaillen 1971 bis 2011 (Die Kunstmedaille in Deutschland, Band 27), Dresden 2011.

Im Jahre 2009 für sein Lebenswerk als Medailleur mit dem renommierten „Hilde-Broër-Preis“ der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst in Partnerschaft mit der Kulturgemeinschaft Kressbronn/Bodensee und mit dem „Deutschen Medailleurpreis“ der DGMK in Partnerschaft mit der Stadt Suhl ausgezeichnet, ist Peter-Götz Güttlers Leben nach längerer Krankheit am 31. Oktober dieses Jahres geendet, „gerundet“.

Er steht in der Reihe so namhafter HB-Preisträger und Preisträgerinnen wie Hans Karl Burgeff/Köln (2005), Heide Dobberkau/Bergisch-Gladbach (2006), Wilfried Fitzenreiter/Berlin (2007), G. Angelika Wetzel/Stuttgart (2008), die vor ihm geehrt und vor ihm bereits verstarben.

Sächsische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Peter-Götz Güttler. Medailleur, Künstler, Europäer. Medaillen 2012 bis 2018. Königsbrück 2019

Sächsische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Peter-Götz Güttler. Medailleur, Künstler, Europäer. Medaillen 2012 bis 2018. Königsbrück 2019

Peter besuchte mich auf einer Urlaubsreise mit seiner Frau Heiderose wohl Ende der 1970er Jahre in meinem früheren Münzmuseum im Schloss Friedenstein in Gotha. Seitdem verfolgte ich mit Interesse, ja zunehmender Begeisterung sein Schaffen als „Seiteneinsteiger“, der wie ich auf dem zweiten Weg zur Numismatik und Medaillenkunst gefunden hatte, erwarb für Gotha und später für das Münzkabinett Berlin seine Medaillenpretiosen, viele mit numismatischem Bezug. Es gibt bis 2018 wohl kein Mitteldeutsches Münzsammlertreffen, das nicht von einer „Güttlermedaille“ begleitet worden ist. Münzvereine würdigten dankbar ihr Jubiläum mit einer Medaille des Dresdener Medaillenkönigs, Einzelpersonen, auch Numismatiker, kamen durch ihn ebenfalls zu Ehren.

Um Peter-Götz Güttler als Medailleur und Architekt richtig zu würdigen, sei kurz historisch zurückgeblickt:

Bildhauer, Maler, Goldschmiede und Stempelschneider nahmen sich in der Renaissance des neuen Mediums Medaille als Ausdruck diesseitigen Lebensgefühls an. Wenn auch nicht dominierend, so haben zumindest gelegentlich auch Architekten die Kunst des Kleinreliefs gepflegt, in der Renaissance etwa Leon Battista Alberti, im frühen 19. Jahrhundert der Baumeister des Klassizismus, Karl Friedrich Schinkel.

Im Umkehrschluss haben Medailleure das Werk der Architekten gewürdigt und auf ihren gegossenen, meist aber geprägten Scheiben abgebildet: der Barockmedailleur Ernst Caspar Dürr mit seiner schönen Dresdener Schlossansicht anlässlich der Erhöhung des Schlossturms im Jahre 1676, Martin Heinrich Omeis mit einer ungemein virtuos geschnittenen Vedute der Bergbauanlagen bei Freiberg 1690 oder der Gothaer Christian Wermuth 1704 mit einer geprägten silbernen Pretiose auf den Umbau des von Andreas Schlüter begonnenen Berliner Residenzschlosses.

Ein Zeitsprung zu Peter-Götz Güttler führt in das Jahr 1988. Zur Biennale der FIDEM 1990 in Helsinki waren Medaillen zum Thema Natur und Umwelt erbeten.

Unter den an die Staatliche Galerie Moritzburg Halle zur Auswahl eingesandten Arbeiten der „Noch DDR-Künstler“ beeindruckte eine einseitige Plakette, schlicht betitelt: Das Feld (Katalog 2011, Nr. 1988.3).

Das Feld, 1988, Guss, einseitig, Weißmetall, 98 x 145 mm.

Das Feld, 1988, Guss, einseitig, Weißmetall, 98 x 145 mm.

Diese Arbeit Güttlers schien eine neue Qualität mit erregendem Hintersinn aufzuweisen.

Ein seine Furchen ziehender Traktor nimmt immer mehr einem kleinen Biotop in der Mitte des Ackers den Frei- und damit Lebensraum. Ein darin nistender Vogel fliegt auf und davon. Noch war es nicht Wirklichkeit, dennoch, die „Wende“ kündigte sich 1988 auch in diesem Relief an.

Im „Wendeherbst 89“ luden das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin und die Staatliche Münzsammlung München ost- wie westdeutsche Bildhauer und Medailleure ein, zeitgemäße Schlagworte wie Aufbruch und Durchbruch reliefplastisch zu gestalten. Güttler war nicht nur erneut dabei, sondern beeindruckte wiederum mit aufrüttelnden Lösungen, etwa mit einem übergroßen zweiflügeligen, mehrfach mit dem aufgedrückten Staatsemblem verschlossenen Staatstor. Am unteren Rand ist es doch nicht ganz dicht, und heraus laufen Menschengruppen (Katalog 2011, Nr. 1990.3).

Eine weitere Arbeit zeigte ein unter einem Glasdeckel gebettetes Mauerreliquiar (Katalog 2011, Nr. 1990.13).

In die 1992 begründeten Katalogreihe „Die Kunstmedaille in Deutschland wurde Güttler mit seinen Neuerscheinungen regelmäßig aufgenommen. Von dem im Laufe der Zeit wachsenden Oeuvre faszinieren vor allem seine Veduten und Architekturmotive, nicht nur wegen der gekonnten und prägnanten Detailausformungen, die souverän in das Rund gesetzt waren. Man wusste ja längst, hier wirkt ein bis 2003 hauptberuflicher Architekt als ambitionierter Freizeitmedailleur. Was vielmehr zunehmend aufmerken ließ, waren die mitunter einer Collage verwandten Kompositionen aus Stadt- oder Gebäudegrundriss, Aufsicht und Einbindung in die jeweilige Stadtvedute, besonders bei Anlässen numismatischer Vereine angereichert mit Applikationen von Münzen oder Siegeln. Der Reliefgrund greift malerisch mit bewegten Höhen und Tiefen, Wellen und Dellen den Rhythmus der Bildgestaltung auf, ist nicht einfach nur Trägerplatte.

Pars pro toto sei die Ehrenmedaille zum XII. Internationalen Numismatischen Kongress genannt, der 1997 in Berlin – das erste Mal in Deutschland – ausgerichtet wurde. Das Brandenburger Tor hinter aufgeklappter Lindenallee, daneben Grundriss der Humboldt-Universität als Kongresslokal, eingewoben das Signet des Kongresses (Katalog 2011, Nr. 1997.11).

Bei genauerem Hinsehen finden sich auf vielen Medaillen Bildzitate und Versatzstücke, mit denen der Künstler seine Aussage verstärkt. Als engagiertes Gründungsmitglied der 1991 in Bonn gegründeten und langjährig von Berlin geleiteten Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst widmete er ihr 2001 eine beziehungsreiche Arbeit. Auf einem wachsenden Katalogturm der Gesellschaft thront die Nike von Samothrake zwischen den Stadtsymbolen Bonn und Berlin, Balance und Prosperität auf dem Wege markierend (Katalog 2011, Nr. 2001.16a). Die Münzprägstatt München, sponserte der Medaillengesellschaft zu ihrer Jahrestagung 2001 gegenüber dem 105 mm großen Guss eine auf 65mm verkleinerte Bronzeprägung (Katalog 2011, Nr. 2001.16b).

10 Jahre Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst, 2001, Guss, Weissmetall, 107 mm.

10 Jahre Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst, 2001, Guss, Weissmetall, 107 mm.

Möge die Siegesgöttin Nike nunmehr unserem Medailleur, Architekt, Numismatiker und Freund Peter Götz Güttler auf dem nachirdischen Weg einen Platz auf dem Olymp der Medaillenkunst bereiten. Wir, die wir noch etwas zu schaffen haben, stehen dankbar, wenn auch traurig am Wegesrand.

Farewell, lieber Peter.

Wolfgang Steguweit

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