Königliches Gold: Die englischen Five Guineas und die englische Goldwährung
von Ursula Kampmann, im Auftrag von NGSA
Am 10. Dezember 2024 versteigert Numismatica Genevensis in seiner Auktion 21 eine vollständige Privatsammlung von Five Guineas. Sie enthält alle Jahrgänge, in denen dieses Nominal herausgegeben wurde. Damit handelt es sich um die einzige vollständige Sammlung dieses Nominals in privater Hand. Qualität und Erhaltung aller Stücke sind herausragend! Jede einzelne Five Guinea ist ein numismatisches Kunstwerk in Gold und erinnert an die Epoche, in der sich in England Gold als das wichtigste Münzmaterial durchsetzte und so den Goldstandard vorbereitete. Dieser Artikel erzählt die Geschichte eines aufregenden Nominals.
Inhalt
Lassen Sie uns zunächst ein paar Begriffe erklären, bevor es verwirrend wird. Wenn wir in diesem Text von einer Goldwährung schreiben, beziehen wir uns auf ein Währungssystem, bei dem Goldmünzen eine dominante Rolle einnehmen. Damit meinen wir keinen Goldstandard, bei dem Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel durch Goldvorräte gedeckt sind. Den führte Großbritannien erst im 19. Jahrhundert ein. Außerdem bleiben wir der Einheitlichkeit halber bei der Bezeichnung England, obwohl man ab 1707 auch von Großbritannien sprechen könnte.
Ein technischer Neubeginn
Als Charles II. am 29. Mai 1660 nach London zurückkehrte, war das ganze Land bereit für einen Neubeginn. Der König hatte während seines Exils unterschiedliche Länder kennengelernt. Er brachte neue Ideen mit. Und damit konnte sich dank königlicher Förderung endlich der französische Ingenieur Peter Blondeau in der Londoner Münzstätte durchsetzen, der seit den 1650er Jahren dafür kämpfte, die Münzproduktion zu modernisieren. Nun wurden Streckwerke und Spindelpressen angeschafft, um die Münzen maschinell herzustellen. Verbunden wurde diese technische Innovation mit einem Währungsschnitt. Am 27. März 1663 erschien das Münzedikt, das die Guinea zur offiziellen Münze im Wert von 20 Shilling machte. Guineas wurden als ganze, halbe und doppelte Stücke ausgeprägt. 1668 kam dazu das Five Guineas-Stück, die mit 41 g schwerste Münze der Serie. Sie gilt heute als das königliche Nominal schlechthin, als die schönste und repräsentativste für den Umlauf geprägte Goldmünze Englands.
Die neuen technischen Möglichkeiten bei der Münzprägung lösten ein Problem, das der englischen Wirtschaft große Schwierigkeiten bereitet hatte: große und kleine Betrüger beschnitten systematisch den Rand aller englischen Münzen aus Edelmetall. Dadurch verloren diese ständig an Gewicht. Da im Inland der Nennwert der Münze zählte, im Ausland aber ihr Silbergehalt, trug der Händler immer ein gewisses Währungsrisiko.
Dagegen setzte Peter Blondeau seine neue Randinschrift, die auf allen Guineas zum Einsatz kam, auch auf den Five Guineas. Wie das technisch aufwändig herzustellende Sicherheitsmerkmal aufgebracht wurde, galt als Betriebsgeheimnis. Denn die der Aeneis entnommene Randinschrift „Decus et Tutamen“ beschrieb exakt, wozu die neue Randinschrift diente: als Zierde der Goldmünzen und gleichzeitig als ihr Schutz. Prägungen mit Randinschrift konnten nicht mehr beschnitten und fast nicht gefälscht werden.
Gold aus Afrika
Ein Teil des Goldes für diese Münzen dürfte aus Afrika gekommen sein, wo die 1660 von Charles II. privilegierte Royal African Company das Handelsmonopol besaß. Der König sollte die Hälfte aller Gewinne erhalten. Tatsächlich gab es die zunächst kaum. 1672 wurde die Royal African Company wieder aufgelöst und durch eine Nachfolgegesellschaft ersetzt, die über wesentlich umfangreichere Rechte verfügte: Erst die Royal African Company of England war berechtigt, Forts zu bauen und das Kriegsrecht zu verhängen, um ihre wirtschaftlichen Interessen im Gold-, Silber- und Sklavenhandel durchzusetzen.
Der kleine Elefant, der auf manchen Guineas von Charles II. und Jakob II. zu sehen ist, soll auf die Royal African Company und ihre Nachfolgeorganisation verweisen. Er ist mit und ohne Burg auf dem Rücken abgebildet. Im zweiten Fall greift er exakt die Elefantendarstellung im Wappen der RAC auf.
Weil sich der Goldhandel größtenteils am Golf von Guinea abspielte, sollen die englischen Goldmünzen als Guineas bezeichnet worden sein. Wahrscheinlich erst umgangssprachlich. Denn der erste schriftliche Beleg dafür stammt aus einem Dokument des Jahres 1718.
Silberkrise und Goldstandard
Charles II. hatte bei seiner Münzreform einen entscheidenden Fehler gemacht: Er hatte das alte, wesentlich leichtere Silbergeld nicht aus dem Umlauf ziehen lassen. Es kursierte Seite an Seite mit dem vollgewichtigen neuen Silbergeld. Besser gesagt, das neue Geld kursierte nicht. Wer das Glück hatte, eine vollgewichtige Silbermünze der Münzstätte zu erhalten, der steckte sie entweder in den Sparstrumpf oder ließ sie einschmelzen. Denn der Materialwert der Silbermünzen überstieg ihren Nominalwert.
Das bedeutete, dass praktisch ausschließlich schlechte Silbermünzen kursierten und die guten neuen Silbermünzen verdrängten. Wir kennen diesen Effekt heute als das Greshamsche Gesetz. Und das bedeutete, dass der Aufpreis, den die Geldwechsler für Goldmünzen verlangten, ständig stieg. Im Jahr 1695 kletterte allein der Preis einer Guinea binnen sechs Monaten um 35% in die Höhe. Teilweise soll der Kurs der Guinea bis zu 30 Shilling betragen haben.
Das trieb die Regierung zum Handeln. Doch wie sollte ein neues Verhältnis zwischen Gold und Silber fixiert werden? Darüber gab es unterschiedliche Anschauungen. Der Finanzminister schlug vor, sich am Marktpreis zu orientieren. Damit wäre der Wert von Silbermünzen gestiegen, der von Goldmünzen gefallen. König William III. sah das anders. Er überzeugte den Philosophen und Wirtschaftstheoretiker John Locke, in seinem Sinne Stellung zu nehmen. Der schrieb, dass Geld nicht von einem Monarchen oder einem Parlament bestimmt werden könne, sondern eine feste, unveränderliche Größe sein müsse, die über dem Gesetz stehe. Doch ein anderes Argument zog mehr: Er erklärte den Abgeordneten, dass durch die Abwertung der hauptsächlich umlaufenden Goldmünzen ihre schriftlich festlegten Einkünfte drastisch sinken würden. Da viele Parlamentarier von Renten lebten, hätte das für sie einen hohen Einkommensverlust bedeutet. So schlossen sie sich Lockes Meinung an und hielten am alten Standard fest.
Doch das bedeutete, dass Gold weiterhin von der Münzstätte über-, Silber unterbewertet wurde. Der Staat verlor an jeder Silbermünze, die er prägte, Geld. Weswegen er nach Möglichkeit aufhörte, Silbermünzen zu prägen. Goldmünzen wie die Guineas, an denen der Staat gut verdiente, nahmen dagegen zu. So kursierten 1701 Goldmünzen im Wert von 9.25 Millionen Pfund. Dies übertraf den Wert der vor der Umprägung umlaufenden Goldmünzen um ein gutes Drittel; ein erster Schritt in Richtung Goldwährung.
Die Beute von Vigo
Zu den Ikonen der britischen Münzprägung zählen die Münzen von Queen Anne, die auf der Vorderseite die Aufschrift VIGO tragen. Sie erinnern an eine Seeschlacht während des Spanischen Erbfolgekriegs, in der die Engländer einen großen Teil der Schätze der spanischen Silberflotte erbeuteten. Wie viel damals erbeutet wurde? Wir wissen es nicht.
Denn unser Blick auf Vigo hat sich verändert. Glaubte man früher, dass alles Silber nach England geschafft worden war, wissen wir heute, dass ein Großteil der staatlichen Schätze bereits vor dem britischen Angriff entladen wurde. Die Engländer erbeuteten lediglich den privaten Besitz derjenigen, die Frachtraum gemietet hatten. Pfeffer, Kakao, Tabak, Felle, Indigo, Koschenille und all das andere war zwar mindestens so wertvoll wie Gold und Silber, gehörte aber nicht dem spanischen König, sondern den Investoren in Amsterdam und England, was vor allem bei letzteren zu ziemlich gemischten Gefühlen hinsichtlich des „Sieges“ bei Vigo führte.
Die Prägungen von Queen Anne sind also im Licht der Propaganda zu sehen. Die Münzen sollten den Bürgern vermitteln, dass sich die Schlacht gelohnt habe. Tatsächlich verzeichnete Isaac Newton, damals Direktor der Münzstätte, genau, wie viel Metall er aus der Beute von Vigo zur Ausprägung erhielt: lediglich 4504 Pfund und 2 Unzen Silber (= 2.043 kg) und 7 Pfund, 8 Unzen und 13 Pennyweights Gold (= 3.4 kg). Er ließ daraus Münzen im Wert von 14.000 Pfund herstellen, die heute zu den seltensten und gesuchtesten britischen Münzen gehören.
Der Methuenvertrag
Der Sieg bei Vigo hatte Englands Bedeutung als Seemacht zementiert. Portugal, das im Spanischen Erbfolgekrieg um die Sicherheit seiner überseeischen Territorien fürchtete, schloss daraufhin im Jahr 1703 einen Vertrag mit England, der auch seine Auswirkungen auf die britische Goldwährung haben sollte. Der Methuenvertrag war nicht nur eine militärische Übereinkunft, sondern garantierte Portugal auch den Weinimport nach England und umgekehrt England den Export von Textilien nach Portugal. Und da man in England billiger in Gold einkaufte, flossen große Mengen von portugiesischen Goldmünzen ins Land, die zum Teil in der Royal Mint eingeschmolzen und umgeprägt wurden. Die Zunahme an Goldmünzen beschleunigte die Umstellung auf eine reine Goldwährung.
Sir Isaac Newtons Kampf gegen die Münzfälscher
In den Jahren zwischen 1699 und 1727 zeichnete Sir Isaac Newton für die britische Münzprägung verantwortlich. Man hatte ihn im Jahr 1696 zum Münzwardein ernannt und ihm dabei bedeutet, dass es sich bei dieser Aufgabe um eine lukrative Pfründe ohne größere Verantwortung handle. Newton zog daraufhin nach London.
Doch in den Jahren zwischen 1696 und 1699 fand das statt, was die Geschichte als „Great Recoinage“ bezeichnet. Die alten Silbermünzen sollten komplett aus dem Verkehr gezogen, um durch neue Münzen im korrekten Gewicht ersetzt zu werden. Die Goldmünzen dagegen behielten ihre Gültigkeit. Im ganzen Land wurden die alten Silbermünzen eingesammelt. Als Wardein überprüfte Newton ihren Feingehalt und ihr Gewicht. Entsetzt stellte er fest, dass rund 20% der Stücke gefälscht waren.
Münzfälschung gehörte Ende des 17. Jahrhunderts zu den am schwersten bestraften Kapitalverbrechen und wurde mit Hängen, Ausweiden und Vierteilen bestraft. Doch in der Realität hatten Münzfälscher nichts zu fürchten. Zu schwierig war es, ihnen ihr Tun nachzuweisen. So machte sich Newton selbst daran zu ermitteln. Er ließ sich zum Friedensrichter ernennen, was ihm die Autorität verschaffte, Beweise zu sammeln. Zwischen Juni 1698 und Weihnachten 1699 führte er über 100 Kreuzverhöre von Zeugen, Informanten und Verdächtigen durch. Es gelang ihm, in 28 Fällen eine Verurteilung wegen Münzfälschung zu erwirken.
Gold dominiert die englische Währung
Die „Great Recoinage“ hatte nicht den von der Regierung erhofften Erfolg. So bat das Parlament Sir Isaac Newton knapp zwei Jahrzehnte nach der Stellungnahme von John Locke, seine Ansichten über das richtige Wechselverhältnis zwischen Gold- und Silbermünzen niederzuschreiben. Er verfasste eine auf den 21. September 1717 datierte Stellungnahme, in der er der Regierung riet zu verbieten, Goldguineas für mehr als 21 Silberschillinge zu handeln. Dies war ein völlig veralteter Wechselkurs, der nichts mit der Realität zu tun hatte.
Noch heute streiten Wirtschaftshistoriker, ob Isaac Newton sich einfach irrte (wie konnte er, er war doch ein Genie!) oder ob er von Anfang an beabsichtigte, England in die Goldwährung zu treiben. Denn durch das Gesetz, das gemäß seinem Ratschlags erlassen wurde, blieb nur das Gold im Lande. Ihre Käufe im Ausland bezahlten die Briten lieber in Silber, weil ihnen dort ihr Silber einen Währungsvorteil bot. Umgekehrt zahlte, wer größere Mengen von Waren in England kaufte, in Gold, um sich seinerseits einen Währungsvorteil zu verschaffen. Bald gab es kaum noch Silbermünzen im Land, während sich die Guinea zum wichtigsten Zahlungsmittel entwickelte. Damit war faktisch eine Goldwährung vorbereitet.
Die Krise des englischen Münzsystems
Nach dem Tod von Sir Isaac Newton erlebte die königliche Münzstätte ihren Niedergang. Silber und Bronze zu prägen, lohnte sich nicht mehr, also wurde es nur im kleinstmöglichen Umfang gemacht. Die Bronzeprägung endete nach 1754 sogar vollständig.
Die Goldmünzenprägung tat dies nicht. Aber vielleicht wurde ein Teil der Münzen nicht im staatlichen, sondern im privaten Auftrag ausgegeben, wie es zu dieser Zeit in vielen anderen Münzstätten Europas geschah. Staatliche Münzstätten prägten nämlich privates Edelmetall gegen ein Aufgeld zu Münzen. Vielleicht ist das der Hintergrund der Five Guineas, die unter dem Halsabschnitt des königlichen Porträts das Kürzel E I C (= East India Company) zeigen.
Die Five Guineas von 1746 scheinen mit der Aufschrift LIMA auf ein ähnliches Vorgehen hinzuweisen. Der englische Münzhändler Thomas Snelling (1712-1773) behauptete, dass diese Bezeichnung sich darauf beziehe, dass die Münzen aus dem Gold bestünden, das George Anson von seiner Weltumfahrung mitgebracht hatte. Anson kaperte die spanische “Nuestra Señora de Covadonga”, ein mit Silber voll geladenes Schiff der spanischen Silberflotte.
Obwohl er von seinen ursprünglich sieben Schiffen sechs verlor und von den 1.955 Seeleuten nur 500 die Reise überlebten, betrachtete die Admiralität seine Fahrt als Erfolg. Schließlich betrug die Beute beeindruckende 34.5 Tonnen Silber.
Von Gold ist übrigens nicht die Rede. Deshalb stellen heutige Numismatiker in Frage, ob die Five Guineas mit der Aufschrift LIMA tatsächlich in Zusammenhang mit Anson stehen. Denn man darf dem Münzhändler Thomas Snelling durchaus zutrauen, dass er diese Verbindung erfand. Schließlich ließen sich Five Guineas mit so einer schönen Geschichte wesentlich besser verkaufen als „normale“ Münzen.
Denn Mitte des 18. Jahrhunderts gehörte das Münzsammeln bereits zu den Tätigkeiten, mit denen sich Gentlemen gerne beschäftigten. Sie legten die im Umlauf relativ selten gewordenen Five Guineas lieber in ihre Sammlung, als sie im Alltag auszugeben. Schließlich war der Wert dieser Münzen für das tägliche Geschäft zu hoch. Auch wenn er seit der Einführung der Five Guineas ständig gesunken war. Hatte man 1668 mit einem Five Guineas-Stück 71 Arbeitstage von ausgelernten Handwerkern bezahlen können, waren es 1753 noch 52 Arbeitstage. In diesem Jahr wurde übrigens die letzte Emission von Five Guineas für den Umlauf geprägt. Wobei zum damaligen Zeitpunkt noch nicht feststand, dass es die letzte sein würde.
Denn noch unter George III. wurden 1770, 1773 und 1777 Proben für neue Five Guineas hergestellt. Allerdings ging keine der Proben mehr in die Massenprägung von Kursmünzen. Der Grund dürfte darin zu suchen sein, dass es mittlerweile andere Zahlungsmittel gab. Schließlich existierte seit 1694 die Bank of England und emittierte Banknoten. Auch wenn diese erst 1833 zum gesetzlichen Zahlungsmittel mit Golddeckung wurden, zirkulierten sie schon lange vorher und wurden gerne angenommen.
Die Zeit der Großgoldmünzen war damit vorbei, auch wenn noch im 19. Jahrhundert einige wenige Emissionen im Wert von 5 Pfund erschienen. Aber zu diesem Zeitpunkt gehörte die Guinea bereits der Vergangenheit an.