Große Iberer-Ausstellung im Antikenmuseum Basel
Erstmals stehen die Iberer im Zentrum einer großen archäologischen Ausstellung in der Schweiz. Das Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig zeigt in Kooperation mit dem Museu d’Arqueologia de Catalunya in Barcelona über 260 Exponate aus 40 archäologischen Fundstätten, die von der Vielfalt und Schönheit dieser bedeutenden Völker aus der europäischen Eisenzeit zeugen. Die Ausstellung wurde am 19. November 2023 eröffnet und ist noch bis zum 26. Mai 2024 zu sehen.
Inhalt
Die Ausstellung basiert auf einer der bedeutendsten Sammlungen zur iberischen Kultur im Museu d’Arqueologia de Catalunya (MAC), dem archäologischen Museum von Katalonien, und bietet einen faszinierenden Überblick über die Geschichte der iberischen Völker. Die Zeit der Iberer begann im 6. Jahrhundert v. Chr. und endete rund 500 Jahre später mit der Eroberung der gesamten Iberischen Halbinsel durch Rom. Dank des hohen Niveaus der sozialen Entwicklung ist den Iberern ein Platz unter den wichtigsten Kulturen der Eisenzeit sicher.
Die Iberer lebten im Süden an den Küsten Andalusiens zwischen Atlantik und Mittelmeer sowie an der gesamten Ostküste Spaniens bis hinauf zum Languedoc in Südfrankreich. Spektakuläre Funde, aber auch einfache Gebrauchsgegenstände, zeichnen das Bild einer agrarisch geprägten Gesellschaft mit einer überregional vernetzten Oberschicht. Die iberische Kultur entwickelte sich aus der Verbindung lokaler Traditionen mit fremden Einflüssen aus dem Orient und Griechenland. Sie zeichnete sich durch hochentwickelte Produktionstechniken, beispielsweise in der Gold- und Silberschmiedekunst, eine eigene Sprache und Schrift, eine komplexe Götterverehrung und aufwendige Rituale im privaten und öffentlichen Bereich aus.
Die Iberer in der Forschung – damals und heute
In der Antike fand die iberische Zivilisation Erwähnung bei griechischen und römischen Autoren. Dann geriet sie jedoch lange in Vergessenheit, bis man sich im 17. Jahrhundert schließlich mit der Erforschung ihrer Sprache befasste. Ende des 19. Jahrhunderts erregten archäologische Funde die Aufmerksamkeit eines breiten Publikums. Die Forschung zu den Iberern hat sich in den letzten Jahren stark interdisziplinär entwickelt. Archäologische Ausgrabungen, historische, linguistische und paläogenetische Untersuchungen haben dazu beigetragen, dass wir uns heute ein präziseres Bild dieser eisenzeitlichen Kulturen machen können, auch wenn vieles noch rätselhaft bleibt. Die Sonderausstellung basiert auf den neuesten Erkenntnissen der Ibererforschung.
Reiche Bodenschätze
Das Siedlungsgebiet der Iberer war reich an Rohstoffen wie Kupfer, Eisen, Gold und Silber, die die Menschen bereits ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. abzubauen und zu verarbeiten wussten. Filigrane Arbeiten wie Schmuckstücke oder prunkvolle Gefäße bezeugen das handwerkliche Geschick in der Metallverarbeitung, das charakteristisch für die iberische Kultur ist. Angelockt von den Bodenschätzen gründeten Phönizier und später Griechen im Gebiet der Iberer Handelsniederlassungen. Der Kontakt mit den Iberern beschränkte sich jedoch nicht nur auf den Kauf und Verkauf von Waren, sondern führte auch zu kulturellem Austausch.
Geheimnisvolle Schriftzeichen
Die ersten schriftlichen Zeugnisse der iberischen Sprache stammen aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. Die wichtigste Informationsquelle für die Erforschung dieser Sprache sind die über 2.500 Inschriften, die auf verschiedenen Objekten wie Tafelgeschirr, Amphoren, Bleitäfelchen und Bronze- und Silbermünzen gefunden wurden und von denen eine Auswahl in der Ausstellung zu sehen ist. Die iberischen Inschriften können zwar transkribiert werden, da die Zuordnung der Zeichen bekannt ist. Eine Übersetzung ist jedoch bis heute nicht möglich, sodass wir die iberische Sprache noch nicht verstehen.
Rätselhafte Skulpturen
Auch die iberischen Skulpturen geben der Forschung Rätsel auf. Die berühmteste von ihnen ist die „Dama de Elche“, die in der Ausstellung als hochwertige Replik zu sehen ist. Sie gehört zu den eindrücklichsten Bildwerken der iberischen Kultur. Das kostbare Original verlässt Spanien nie und bleibt im Museo Arqueológico Nacional de España in Madrid verwahrt. Ist die geheimnisvolle Dama eine Sterbliche, eine mythologische Figur oder gar eine Göttin? Was bedeutet ihr auffälliger Kopfschmuck? Und warum zieht sie die Menschen noch heute in ihren Bann?
Abgetrennte Köpfe
Die Iberer im Nordosten der Iberischen Halbinsel stellten die abgetrennten Köpfe ihrer besiegten Feinde an den Fassaden der Häuser oder an den Verteidigungsmauern als Kriegs-Trophäen aus. Untersuchungen dieser außergewöhnlichen Knochenreste liefern wertvolle Informationen über die Iberer und ihre Bräuche. So erlauben forensische Untersuchungen erstmals die virtuelle Rekonstruktion des Gesichts eines Iberers.
Immersive Inszenierung mit audiovisuellen Inhalten
Die Geschichte der Iberer von ihren Anfängen bis zu ihrem Verschwinden wird anhand von Originalfunden, Grafiken und Karten illustriert. Digitale Produktionen wie die Rekonstruktion der iberischen Stadt Ullastret lassen die Iberer in ihrer Blütezeit wieder auferstehen. Die Szenografie spiegelt die iberische Landschaft wider, von den Küstengebieten, in denen die Handelsschiffe anlegten, bis hin zur eindrücklichen Umgebung eines typischen iberischen Dorfes.
Begleitpublikation
Zur Ausstellung ist eine Begleitpublikation mit vertiefenden Beiträgen namhafter Wissenschaftler*innen erschienen (Softcover, 124 Seiten, ca. 50 Farbabbildungen). Sie ist an der Museumskasse erhältlich und im Eintrittspreis enthalten.
Die Publikation wurde gedruckt mit Unterstützung der Berta Hess-Cohn Stiftung.
Angebot für Kinder und Familien
Für das junge Publikum gibt es einen spannenden Rundgang: Ein iberischer Wolf begleitet Kinder und Familien mit einem Frage-Antwort-Spiel durch die Ausstellung und gibt Einblick in das Leben der Iberer vor 2.500 Jahren. Der Faltplan und eine Wolfsmaske sind an der Museumskasse erhältlich und im Eintrittspreis inbegriffen.
Begleitprogramm
Begleitend zur Sonderausstellung bieten wir ein vielfältiges Rahmenprogramm an. Neben den klassischen Führungen in mehreren Sprachen finden in Zusammenarbeit mit dem Bistro AMB die Veranstaltungen „Kultur trifft Kulinarik“ statt. Ein Workshop für Kinder zum Thema „Iberer“ und Vorträge in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule beider Basel (VHSBB) runden das Angebot ab.