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US-Mint: Zweigstelle Denver – Ein Besuch

Es gibt wenig staatliche Münzstätten, die man besuchen kann. Zu ihnen gehört die Denver Mint, wo das amerikanische Umlaufgeld entsteht. Welche Auswirkungen hat dort die aktuelle US-Politik? Wir haben vor Ort recherchiert.

von Ursula Kampmann

Inhalt

Eingang zur Denver Mint. Foto: UK

Eingang zur Denver Mint. Foto: UK

Dieses Jahr findet die ANA World’s Fair of Money in Oklahoma City statt. Darüber beklagen sich viele. OKC – wie die zeiteffizienten Amerikaner den Stadtnamen abkürzen – hat keinen wirklich internationalen Flughafen. Es gibt zum Beispiel keinen Direktflug von Zürich oder Frankfurt. Ich persönlich finde das reizvoll. Das liefert mir einen guten Grund, über Denver zu fliegen. Die Besichtigung der Denver Mint steht nämlich schon eine Ewigkeit auf meiner Wunschliste.

Wie kommt man eigentlich in die Denver Mint

Damit der Besuch auch klappt, recherchiere ich rechtzeitig im Internet, wie ich an ein Ticket komme. Das ist gar nicht so einfach. Es gibt keinen Vorverkauf. Jeden Tag morgens ab 7.00 werden die je 50 Tickets für die 4-5 Touren vergeben. Man muss also früh dran sein. Nur gut, dass ich die Zeitumstellung noch nicht überwunden habe. Ich bin um 4.00 Uhr wach und 7.00 fühlt sich an wie mitten am Tag.

Dazu kann ich von meinem Hotel innert 5 Minuten zur Münzstätte laufen. Wie viele historische Münzstätten liegt nämlich auch die Denver Mint im Stadtzentrum bei den anderen Regierungsgebäuden.

Dafür stellt sich mir ein anderes Problem. Es ist strikt verboten, eine Tasche in die Münzstätte zu nehmen. Erlaubt ist eine handtellergroße Börse. Habe ich nicht. Ich suche also für Pass und Geldbeutel meinen Zimmersafe. Nur dumm, dass mein Zimmer keinen hat. Hosen und Jackentaschen befüllen? Vergessen Sie es! Frauenkleidung bietet höchstens Platz für ein Taschentuch und ein paar Kreditkarten. Die Rezeption löst mein Problem: Pass und Geldbeutel werden in einen Wäschesack gestopft, mit Tesa zugeklebt und im Hotelsafe deponiert. Damit bin ich bereit für meinen Besuch bei der Denver Mint.

Das Gebäude der Denver Mint von außen. Foto: UK

Das Gebäude der Denver Mint von außen. Foto: UK

Die Jagd auf das Ticket

Kurz nach halb sieben stehe ich vor dem Fenster, wo die Tickets verteilt werden. Es zu finden, ist nicht schwer. Schauen Sie einfach, wo die Schlange steht. Denn kurz nach halb sieben bin ich längst nicht die erste. Etwa 25 Personen warten bereits. Ob jeder einzelne seine erlaubten fünf Tickets holt? Aber auch dann, so rechne ich, müsste es noch reichen. Schließlich gibt es 4 Touren für 50 Teilnehmer, also rund 200 Tickets. Endlich schlägt die Glocke vom benachbarten Regierungsgebäude sieben Mal. Der Schalter öffnet, und ich darf sogar noch meine Lieblingszeit auswählen. Die Tickets sind gratis, ein Ausweis nicht nötig.

Später erfahre ich, dass heute ein ausnehmend ruhiger Tag ist. Während der touristischen Hochsaison soll es bei weitem nicht reichen, um halb sieben aufzutauchen. Da scheine ich Glück gehabt zu haben. Kein Wunder, dass so viele Wartende auf Campingstühlen sitzen.

Der Sicherheits-Check

Meine Tour beginnt um 9.00 Uhr. Aber wir alle müssen bereits um 8.30 da sein. Der Sicherheits-Check von 50 Personen braucht seine Zeit. Das Altersspektrum unserer Truppe reicht von 7 – das Mindestalter – bis weit über 70; Durchschnittsalter wohl um die 30. Die vielen Jungs zwischen 12 und 16 senken den Altersschnitt enorm.

Auftritt ein Security Officer wie aus einem Hollywood Film. Er erklärt uns noch einmal, was wir alles nicht in die Münzstätte bringen dürfen. Eigentlich weiß ich das, deshalb verstehe ich seine heruntergeratterte Erklärung einigermaßen. Aber ein Punkt bleibt mir schleierhaft. Ich frage nach. Er antwortet. Ich verstehe nichts, frage noch einmal. Endlich kapiere ich: Ich darf kein Marihuana in die Münzstätte mitbringen. Hatte ich auch nicht vor; aber man erklärt mir, dass das durchaus vorkommen könne, da Besitz und Konsum in Colorado legal sind. Nur eben nicht in der Münzstätte. Gut, damit kann ich leben.

Ich gehe also durch die Sicherheitsschleuse, wie man sie von Flughäfen kennt und komme in einen Warteraum. Schon hier ist das Fotografieren strengstens untersagt. Wir dürfen nicht einmal in unsere Handys schauen, damit nicht doch jemand widerrechtlich ein Selfie macht.

Der Tour-Eingang. Hinaus kommt man durch den Haupteingang, so dass man die historische Eingangshalle sehen kann. Foto: UK

Der Tour-Eingang. Hinaus kommt man durch den Haupteingang, so dass man die historische Eingangshalle sehen kann. Foto: UK

Zwei Stockwerke voll numismatischer Ausstellung

Beim Wartesaal handelt es sich um eine Art Treppenhaus mit vielen Bänken. In die Wände sind mehr als ein Dutzend Vitrinen eingelassen. Darin werden alle möglichen Themen rund um die Numismatik behandelt. Die Ausstellung ist in die Jahre gekommen, hat auch nicht das kostbarste Material, aber sie vertreibt die knappe halbe Stunde Wartezeit. Ich entdecke in einer Ecke sogar einen Ständer mit Prospekten über die Münzstätte. Sie liegen in 8 – ACHT(!) – Sprachen vor, darunter sogar in sehr passablem Deutsch. Leider wird das das einzige Printprodukt sein, das ich zur Denver Mint finde. Im Souvenirladen gibt es zwar Literatur, aber nur über Münzen, nicht über die Münzstätte.

Das amerikanische 1 Cent-Stück

Endlich haben wir es geschafft. Die Tour beginnt. Francis, unser Tour Guide, stellt sich vor. Und dann schneidet er sofort die Frage an, die anscheinend alle Amerikaner interessiert: Wie sieht die Zukunft des 1 Cent-Stücks aus? Darüber haben sogar die deutschen Medien berichtet. Präsident Trump soll eine Order erlassen haben. Hier erfahren wir, dass diese Order nicht die Abschaffung des Cents befiehlt, sondern seine Prägung auf unbestimmte Zeit aussetzt. Was danach passiert? Völlig unklar.

Das ist ein Problem für die Denver Mint. Denn hier wird das Umlaufgeld produziert. Und der Cent macht den größten Teil des Prägevolumens aus.

Nun, auf den ersten Blick wirkt die Entscheidung rational und überfällig. Die Produktion eines Cents kostet zwischen 3,69 und 3,7 Cents, reduziert also den Schlagschatz, den die Denver Mint jedes Jahr an die Staatskasse abliefert. So ein Cent soll gemäß älteren Schätzungen etwa 25 Jahre im Umlauf sein, während der er zwischen 200- und 400-mal den Besitzer wechselt. Moment, das ist enorm oft. In Deutschland liegt diese Zahl für das 1 Cent-Stück wesentlich niedriger. Auch wenn es keine offiziellen Zahlen von Seiten der Bundesbank gibt, sprechen informierte Kreise davon, dass die deutschen Cents nach nur wenigen Transaktionen aus dem Umlauf verschwinden.

Das hat einen guten Grund. In Deutschland gibt es kein gutes System der Rückführung in den Geldkreislauf. In Amerika ist das anders. Zwar hat der Cent auch hier einen so geringen Wert, dass ihn niemand im Portemonnaie aufbewahrt. Aber an jeder Ecke steht ein Bettler, in der Hand einen Plastikbecher, und bittet um Change. Viele werden so ihre Kleinmünzen los; für den Bettler summiert sich das. Dazu gibt es überall Spendenboxen für lokale Projekte und Becher für Trickgelder. Die großen Boxen von den Flughäfen kennen Sie sicher selbst. So kommt in den USA ein Großteil der Cents schnell wieder in Umlauf.

Francis hält sich mit seiner Meinung zurück. Äußert nur, dass die Münzstätte von Denver trotz dieser Verluste hohe Beträge aus dem Schlagschatz an die Staatskasse abführt. Erwähnt, dass der Nickel (= 5 Cent) noch wesentlich höhere Verluste einfährt. Seine Produktion kostet zwischen 11 und 12 Cent. Aber im Gegensatz zum Cent wird der Nickel (noch) von den meisten Automaten und Parkuhren akzeptiert.

Es ist ein Nebensatz, dem ich entnehme, dass das 1 Cent-Stück einen großen Teil der jährlichen Produktion der Münzstätte Denver ausmacht. Und es braucht eine Nachfrage, um zu erfahren, dass es bislang keine Entlassungen gegeben hat. Die rund 50 Mitarbeiter sind im gegenseitigen Einverständnis gegangen.

Besichtigung einer Münzstätte, die keine Münzen prägt

Damit betreten wir die Münzstätte, bzw. den für Touren angelegten Gang im ersten Stock, von dem aus man auf die Prägesäle blicken kann. Statt ohrenbetäubendem Lärm herrscht tödliches Schweigen. Alle Maschinen stehen still. Vereinzelt huschen Mitarbeiter herum, um sicherzustellen, dass der Maschinenpark fachgerecht eingemottet wird.

Ach ja, auch das amerikanische Umlaufgeld entsteht natürlich auf deutschen Münzpressen, und zwar zum größten Teil produziert vom Göppinger Hersteller Schuler. Als ich in einem netten Gespräch den uns begleitenden Sicherheitsmann darauf aufmerksam mache, guckt er mich mit großen Augen an: „Das habe ich nicht gewusst,“ sagt er. Wie sollte er auch? Francis jedenfalls erwähnt nicht, dass die gesamte amerikanische Münzprägung deutsche Hochleistungstechnologie nutzt.

Wenn Sie Lust bekommen haben, die amerikanische Münzstätte zu besichtigen, hier finden Sie alle Modalitäten. Auf der Seite können Sie außerdem einen virtuellen Besuch absolvieren. Dort sehen Sie übrigens mehr, als bei einem realen Besuch. Das Video enthält nämlich auch die Rondenproduktion und das Verpacken der fertigen Münzen.

Den Souvenirshop der Denver Mint können Sie zu den Öffnungszeiten übrigens ohne ein Tour Ticket besuchen.

Und natürlich gibt es noch einen Nachtrag: Ab der kommenden Saison soll das Anstehen für die Tickets überflüssig sein. Dann kann man alle Touren bequem im Internet reservieren.

Die Pressestelle der US-Mint hat uns freundlicherweise einige Bilder zur Verfügung gestellt, die wir für diesen Slider nutzen können.

Einblicke in die Denver Mint Tour

US-Mint Eingang

Eingangsbereich der Denver Mint, deren historische Teile in schönstem Art Deco ausgestattet sind. Foto: US-Mint

Eingangsbereich der Denver Mint, deren historische Teile in schönstem Art Deco ausgestattet sind. Foto: US-Mint

US-Mint, Eingang

Die Haupttreppe, bitte achten Sie auf den verschlossenen Raum. Foto: US-Mint

Die Haupttreppe, bitte achten Sie auf den verschlossenen Raum. Foto: US-Mint

Lefty Luger

In diesem Raum wachte Jahrzehnte lang ein bewaffneter Soldat, der den gesamten Eingangsbereich übersah. Heute wird die Attrappe liebevoll als

In diesem Raum wachte Jahrzehnte lang ein bewaffneter Soldat, der den gesamten Eingangsbereich übersah. Heute wird die Attrappe liebevoll als „Lefty (= Abkürzung für Lieutenant) Luger“ bezeichnet. Foto: US-Mint

Ausstellung Denver Mint

Einblicke in die Ausstellung der Denver Mint. Foto: US-Mint

Einblicke in die Ausstellung der Denver Mint. Foto: US-Mint

Ausstellung Denver Mint

Einblicke in die Ausstellung der Denver Mint. Foto: US-Mint

Einblicke in die Ausstellung der Denver Mint. Foto: US-Mint

Ausstellung Denver Mint

Einblicke in die Ausstellung der Denver Mint. Foto: US-Mint

Einblicke in die Ausstellung der Denver Mint. Foto: US-Mint

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