Wie man Gold nicht transportieren sollte
von Björn Schöpe
Wenn man Goldmünzen im Wert von rund 1 Million Euro transportiert, gelten hohe Sicherheitsstandards. Daran pflegen sich auch Münzstätten zu halten, wenn sie ihre Großhändler international beliefern. Als die Royal Australian Mint (RAM) einmal am falschen Ende sparte, ging das gründlich schief.
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Werbeflyer oder Goldmünzen?
Im Mai 2022 traf ein Kleinlaster bei einem Edelmetallhändler in Erding vor den Toren Münchens ein. Als die Angestellten den Karton unter der Plane hervorzogen, gingen sie noch davon aus, dass die Werbeflyer der RAM angekommen seien. Schließlich werden die auf diese Weise transportiert.
Die Videoaufnahmen der Überwachungskameras am Firmengelände zeigen verdutzte Gesichter, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Denn der Karton sollte laut außen befestigter Rechnung Goldmünzen erhalten, die normalerweise streng gesichert transportiert werden. Als die Mitarbeiter den Karton öffnen, finden sie keine Goldmünzen mehr, sondern nur einen Haufen Steine.
Als Sammelfracht von Frankfurt nach München
Die RAM produziert nicht nur Australiens Umlaufmünzen, sondern auch Münzen für andere Länder und zahlreiche Anlageprodukte und Sammlermünzen. Von Canberra aus verschickt die RAM diese Produkte an Partner in der ganzen Welt.
Die Fracht nach Erding soll laut Süddeutsche Zeitung einen Wert von rund 940.000 Euro gehabt haben. Um welche Münzen es sich handelte, ist nicht bekannt, es dürften aber rund 400 Unzen Gold gewesen sein. Der Karton kam sicher bis nach Frankfurt am Main. Dann habe die RAM wohl aus Kostengründen entschieden, für die letzte Etappe bis Erding (immerhin noch etwa 400 Kilometer) auf einen gesicherten Transport zu verzichten und die Münzen als Sammelfracht in einem Lieferwagen transportieren zu lassen.
Die Süddeutsche berichtet von dem Prozess vor dem Landgericht Landshut, der am 10. Juli 2023 begonnen hat. Laut einer Zeugenaussage war es „die einzige Fahrt in der Geschichte dieser Firma, dass eine solch wertvolle Ware nicht besonders gesichert war“.
Goldpaket aufmachen, Steine rein und zu
In dem Prozess wird gegen den 32-jährigen Fahrer des Lieferwagens wegen Unterschlagung in Mittäterschaft ermittelt. Dieser räumte über seinen Anwalt die Vorwürfe ein. Der Karton mit den Münzen habe sich in einem Paket befunden. Um hier zuzuschlagen, brauchte es offenbar keine Insider-Informationen. Der Fahrer vermutete einen wertvollen Inhalt schlichtweg aus dem Empfängernamen auf der außen angehängten Rechnung. Auf seinem Handy fand die Polizei später sogar ein Foto dieser Rechnung sowie der Goldmünzen. Auf einem Parkplatz in der Nähe der Autobahn habe er das Paket geöffnet, die Münzen herausgenommen und Steine hineingelegt. An den Steinen und dem Paket sicherte die Polizei DNA-Spuren des Angeklagten sowie Spuren eines vermeintlichen Mittäters. Die Spuren einer Frau lassen sich bislang nicht zuordnen.
Wo sind die gestohlenen Münzen?
Wie die Süddeutsche berichtet, weigerte sich der Angeklagte, Mittäter zu nennen und sagte auch nichts über den Verbleib der Münzen oder seinen Anteil an der Beute aus. Ein möglicher Mittäter ist verhaftet und angeklagt. Es handelt sich angeblich um den Seniorchef des Sub-Sub-Unternehmens, das den Transport von Australien nach Deutschland organisierte. Er soll vor seiner eigenen Festnahme den Fahrer im Gefängnis besucht und ihn eingeschüchtert haben, wie ein Polizist aussagte.
Die Haftung für den verlorenen Transport habe die RAM übernommen, da sie die folgenschwere Entscheidung traf, die Sendung in Deutschland als Sammelfracht zu transportieren.