Was die TICC in Tokio von anderen Münzenmessen unterscheidet
von Ursula Kampmann
Die TICC ist die wichtigste Münzenmesse, die in Japan veranstaltet wird. Für japanische Sammler ist sie ein Muss. Wer sie besucht, lernt einen aktiven und jungen Markt kennen, für den vieles nicht gilt, was wir aus Europa wissen.
Inhalt
Ich mag Japan. Ich mag die Höflichkeit seiner Bewohner und die gute Organisation der Logistik. Und ich mag die TICC, die Tokyo International Coin Convention, weil sie ein bisschen anders ist als die numismatischen Events, die ich sonst besuche.
Die Veranstalter
Es gibt eine Grundregel, wenn man sich mit den Veranstaltern von Münzenmessen beschäftigt: Mit wenigen Ausnahmen sind es in USA die Münzvereine, die hinter den Sammlertreffen mit angeschlossener Münzbörse stehen; in Europa und Asien zeichnen dagegen Unternehmer verantwortlich. Daraus ergeben sich unterschiedliche Schwerpunkte: Während in USA die Belange der Vereinsmitglieder im Mittelpunkt stehen, sind die Veranstaltungen in Europa und Asien kommerziell organisiert. Die TICC ist da ein bisschen anders, weil weder ein Münzverein, noch ein Händler dahinter steht, sondern ein Verband, die Japan Numismatic Dealers Association (JNDA).
Die JNDA vertritt etwa 90 japanische Münzhändler. Sie wurde 1964 gegründet, als die Ausgabe von Gedenkmünzen anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Tokio die Nachfrage drastisch erhöhte. Damals tauchten viele neue Player auf, die sich nicht den hohen moralischen Standards verpflichtet fühlten, die der traditionelle japanische Münzhandel beachtete. Die JNDA entstand, um sich positiv von ihnen abzusetzen.
Die Mitglieder der JNDA genießen in Japan eine hohe Glaubwürdigkeit. Sie stellen offiziell anerkannte Echtheitszertifikate aus, und das japanische Finanzministerium betraute die JNDA mit der Versteigerung eines Teils seiner Goldreserven: Um die 30.000 Münzen wurden 2005 in mehreren Auktionen verkauft.
Nun haben Verbände andere Ziele bei einem numismatischen Event als Händler oder Sammlervereine. Sie müssen keinen Gewinn mit ihrer Veranstaltung erwirtschaften. Es ist wichtiger, ihren Mitgliedern eine optimale Plattform fürs Geschäft zu bieten. Gleichzeitig soll das Event den Bekanntheitsgrad der Numismatik innerhalb der breiten Bevölkerung steigern. Der TICC gelingt es, beide Ansprüche zu verbinden.
Die Aussteller der TICC: Japanische Unternehmen und einige Global Player
Dass es sich für Münzhändler lohnt, die TICC zu besuchen, das sieht man an der langen Warteliste, die es für eine Teilnahme gibt. Dabei gibt es eine strikte Reihenfolge. Zuerst werden die Mitglieder des japanischen Münzhändlerverbands berücksichtigt. Die Plätze, die danach übrig sind, gehen an ausländische Aussteller. Loyalität und Treue zur Veranstaltung werden dabei honoriert. Es gibt ein paar absolute No-Gos, dazu gehört zum Beispiel das vorzeitige Verlassen des Standes. Während es bei anderen Veranstaltungen geduldet wird, dass der Münzhändler entscheidet, wann er eine Veranstaltung verlässt, hält sich bei der TICC jeder an die vorgeschriebenen Zeiten.
Es kommen nicht nur Münzhändler zur TICC. Die Veranstaltung bietet traditionell auch den Münzstätten ein Podium. Zur Freude vieler Sammler war dieses Jahr auch die Japan Mint wieder mit einem großen Stand vertreten. Die Münzstätten sind zusammen mit den Ausstellungen in einem eigenen Raum untergebracht. Diesen Raum müssen alle durchqueren, die zu den Tischen der Münzhändler wollen.
Die Besucher der TICC: Jung, divers und so ganz anders
Wer kommt nun zur TICC? Dafür müssen wir uns zunächst mit dem von der JDNA genial gewählten Datum der Veranstaltung beschäftigen. Denn die TICC liegt an einem ganz bestimmten Wochenende. Sie beginnt am Freitag vor der so genannten Golden Week.
Nun ist diese Golden Week die wichtigste Ferienzeit in ganz Japan. Sie enthält vier Feiertage und fast alle Japaner nehmen einen zusätzlichen Urlaubstag, um die ganze Woche frei zu haben. Für uns wäre das nichts Besonderes. Aber in Japan schöpft der normale Arbeiter seinen durchschnittlichen Urlaubsanspruch nicht aus. Es entspricht nicht der japanischen Arbeitskultur, so viel Freizeit zu nehmen. Die meisten beschränken sich auf 10 Urlaubstage, viele nehmen auch weniger. Nur in der Golden Week gönnen sich alle zusammen lustvoll Urlaub. Mit anderen Worten: In dieser Woche ist ganz Japan unterwegs und Millionen von Menschen sind darauf aus, ihre Freizeit möglichst angenehm zu verbringen.
So gelingt es also der TICC allein schon durch ihr Datum, zwei gegensätzliche Ziele zu erreichen: Am ersten Tag, dem Freitag, kommen die „Hardcore Sammler“ der älteren Generation. Sie müssen nicht mehr arbeiten, können so an einem Werktag in die Münzbörse kommen. Der Saal ist am Freitag bis zum letzten Eckchen gefüllt und zwar von der ersten bis zur letzten Minute. Am Freitag ähnelt das Besucherspektrum stark dem, was wir von europäischen Münzbörsen kennen, und die Geschäfte laufen hervorragend!
Am zweiten Tag, dem Samstag, beherrschen all die Sammler und Sammlerinnen den Saal, die am Freitag arbeiten oder zur Schule gehen müssen. Wirklich ungewohnt und erfreulich ist der enorm hohe Anteil an Frauen, an Kindern und Jugendlichen, nicht zu vergessen die jungen Männer. Am Samstag haben wir ein wirklich bunt gemischtes Publikum, das vielleicht nicht ganz so viel Geld ausgibt wie die älteren Herren am Freitag, aber immer noch beeindruckende Umsätze macht.
Der Sonntag ist dann eine Art Familientag. Das Hotel, in dem die Veranstaltung stattfindet, liegt mitten in einer attraktiven Wohngegend. Tokio-Touristen nutzen diese kostenfreie Attraktion ebenfalls. So ist der Saal am Sonntag gut gefüllt, viele Familien kommen und bringen ihre Kinder mit. Auch wenn vielleicht nicht mehr so viele Verkäufe getätigt werden, erreicht die JNDA ihr Ziel, die Numismatik im breiten Rahmen zu popularisieren.
Eine kleine Einschränkung müssen wir allerdings machen. Der momentan schwache Yen senkt zwar die Reisekosten der ausländischen Teilnehmer, verteuert ihre Ware aber im gleichen Maßstab. Darauf muss man sich einstellen. Wer in Japan um Einlieferungen wirbt, kann mit dem Währungsvorteil punkten. Wer dagegen verkaufen will, tut sich ein bisschen schwerer als normal.
Das Fazit
Ich mag Japan. Und ich mag die TICC gerade, weil sie so anders ist als europäische Veranstaltungen. Die JNDA vermittelt den Ausstellern, dass sie geschätzt und willkommen sind. Ich empfehle jedem, die TICC einmal zu erleben. Sie ist einfach ganz speziell und anders.