Warum trägt man Eulen nach Athen?
„Eulen nach Athen tragen“ und „Seinen Obolus zahlen“ sind geläufige Redewendungen, die auf Münzen des antiken Griechenlands zurückgehen. Für die Sonderausstellung Eulen nach Athen tragen wurden 280 „Eulen“, Obole und weitere altgriechische Münzen aus den Sammlungen der Münzkabinette des Universalmuseums Joanneum und der Stadt Winterthur (Schweiz) sowie des Instituts für Antike der Universität Graz zusammengetragen. Die Ausstellung ist noch bis 31. Oktober 2023 im Münzkabinett in Schloss Eggenberg zu sehen.
Inhalt
Die Schau gibt einen repräsentativen Überblick über das Münzwesen der antiken griechischen Welt: Prägungen aus dem griechischen Mutterland, Unteritalien, Sizilien und Kleinasien werden ebenso gezeigt wie Münzen der hellenistischen Königreiche. Darüber hinaus wird auch ein Blick auf Münzen geworfen, die nicht der eigentlichen griechischen Kultur angehörten, mit dieser aber in enger Beziehung standen: keltische, punische, achämenidische und parthische Prägungen.
In Ergänzung zu diesem Panorama, mit dem den Besucher*innen die Vielfalt und Ausbreitung der Münzprägung des antiken Griechenlands nahegebracht werden soll, werden verschiedene Einzelthemen behandelt: Der Bogen spannt sich von der reichen Bilderwelt der griechischen Münzen über „Löhne und Preise“ bis zu „Teuerung“, womit ein Thema von hoher Aktualität in den Fokus gerückt wird.
In die Ausstellung fließen neue Forschungsergebnisse zur Provenienzgeschichte der beiden Grazer Sammlungen ein. Es konnte nachgewiesen werden, dass die griechischen Münzen der Universität Graz und des Universalmuseums Joanneum abgeschlossene Sammlungskomplexe aus dem 19. Jh. sind und sich um ihre Vergrößerung insbesondere der aus Graz stammende Sammler, Gelehrte und Diplomat Anton Prokesch von Osten (1795– 1876) verdient machte. Prokesch hat aber nicht nur an die beiden Grazer Sammlungen, sondern auch an das Münzkabinett Winterthur Schenkungen übergeben.
Reichtum der Bilderwelt
Die Münzen des antiken Griechenlands vermitteln uns ein ungemein lebendiges und buntes Bild der griechischen Kultur. Sie waren weit mehr als nur Geld. Die Abbildungen auf ihren Vorder- und Rückseiten spiegeln jene Städte beziehungsweise Herrscher wider, die sie prägen ließen. Die dargestellten Symbole (Götter, Heroen, Tiere, Pflanzen) waren so gewählt, dass sie von den Betrachter*innen problemlos erkannt und zugeordnet werden konnten. In einer Zeit, als nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben konnte, hatte die Symbolik von Bildern als Informationsträger einen besonders hohen Stellenwert.
Tiere haben auf griechischen Münzen verschiedene Bedeutungen: Der Löwe von Velia oder der Adler von Kroton symbolisieren die Vormachtstellung dieser Städte. Die Schildkröte von Aigina weist auf den wirtschaftlichen Erfolg im Seehandel hin. Tiere können aber auch mit bestimmten Gottheiten in Verbindung stehen, wie die Eule auf den Münzen der Stadt Athen der Göttin Athena zugeordnet war. Die Biene auf den Prägungen von Ephesos war ursprünglich das Attribut einer alten Naturgottheit, die später mit Artemis gleichgesetzt wurde. Mischwesen sind Geschöpfe der griechischen Mythologie, die aus zwei oder mehreren Tieren zusammengesetzt sind. Im Mythos werden sie zumeist mit einer bestimmten Stadt in Verbindung gebracht, so wurde das geflügelte Pferd Pegasos zum Symbol für Korinth und die Sphinx für Chios. Den Kopf Alexanders des Großen (356–323 v. Chr.) ziert das sogenannte Ammonshorn. Es spielt darauf an, dass ihn das Orakel von Siwa zum Sohn des ägyptischen Gottes Ammon erklärt hatte.
Wie der Lohn, so die Arbeit
Gute Arbeit möchte entlohnt werden, so war es schon in der Antike. Was aber einen gerechten Lohn für gute Arbeit darstellt, ist gar nicht immer leicht zu bewerten. Die Frage nach Wert und Kaufkraft des antiken Geldes ist für die Numismatik ein zentrales Thema, und doch ist sie gar nicht so leicht zu beantworten. Vormoderne Währungen mit ihrer Bindung an den Metallgehalt sind nur schwer mit modernem Geld zu vergleichen, zudem sind gerade Preise (für Getreide oder das für Griechen so wichtige Olivenöl) sehr von regionalen sowie saisonalen Schwankungen betroffen. Umrechnungen von antiken Geldbeträgen in Euro sind darum von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Ein Komplex soll hier aufgegriffen werden, um eine Annäherung an die Kaufkraft des antiken griechischen Geldes zu gewinnen.
Wie auch heute sind größere Ausgaben mit öffentlichen Geldern (man denke an Förderungen von Bauvorhaben durch EU-Mittel) in der Antike erstaunlich gut dokumentiert. Besonders genau sind wir über die Kosten des Parthenon auf der Athener Akropolis informiert, zahlreiche Inschriften geben Rechenschaft über die Arbeiten und die Fertigstellung der verschiedenen Bauphasen ab. Diese, miteinander kombiniert, beziffern die Kosten des Bauwerks auf ca. 469 Talente Silber, also 275.400 Drachmen. Darin enthalten sind unter anderem die Aufwendungen für den Abbau und Transport des Marmors, aber auch die Löhne der Steinmetze und ungelernten Handwerker – Erstere erhielten ungefähr 1,5 bis 2 Drachmen pro Tag.
Teuerungswelle nach den Eroberungen Alexanders des Großen
Vertrauen in eine Währung ist unabdingbar. Solches Vertrauen geht freilich verloren in Zeiten der Inflation – in Zeiten galoppierender Preissteigerungen. Die Eroberungen Alexanders des Großen (356–323 v. Chr.) setzten eine Teuerungsphase in Gang, die fast ein halbes Jahrhundert anhielt. Mit der Eroberung des persischen Weltreichs der Achämeniden, das sich von Kleinasien bis nach Indien erstreckte, gerieten auch die Schatzkammern der Perser in die Hände des makedonischen Herrschers. Aus den literarischen Quellen ist überliefert, dass es sich dabei um gut 180.000 Talente Silber handelte – wahrlich reiche Beute, mit der theoretisch zirka 384 „Parthenone“ finanzierbar wären. Alexander und seine Nachfolger, die Diadochen, die noch lange Zeit Münzen im Namen des großen Makedonen produzieren ließen, vermünzten den Schatz – auch zur Finanzierung der Kriegszüge. Bis um 300 v. Chr. wurden auf diese Weise gut 130.000 Talente Silber in Münzen umgesetzt – der Markt wurde regelrecht geflutet mit Alexandermünzen, die bis 300 v. Chr. gut die Hälfte des zirkulierenden Münzgeldes ausmachten. Ganz konkret wirkte sich diese explodierende Geldmenge auf die Preise im östlichen Mittelmeerraum aus – aus den Preisen in Delos und in Babylon wissen wir, dass die Preise für Güter in diesen Jahren sprunghaft anstiegen. Es dauerte mehr als eine Generation, bis diese Teuerungswelle abebbte: Erst im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. normalisierten sich die Preise wieder auf das Niveau der Klassik.
Anton Prokesch von Osten (1795–1876) – der Diplomat als Sammler und Mäzen
Der aus Graz stammende Diplomat, Sammler und Gelehrte Anton Prokesch von Osten (1795– 1876) gehört zu den bedeutendsten Mäzenen des Münz- und Antikenkabinetts am Universalmuseum Joanneum. Von 1830 bis 1871 übergab er dem Museum über 1.500 Münzen. Besonders machte sich Prokesch um die Sammlung an griechischen Münzen des Joanneums verdient. Vor allem in den Jahren seiner diplomatischen Tätigkeit als Vertreter Österreichs in Athen (1834–1849) und an der Hohen Pforte (1856–1871) übergab er dem Museum immer wieder griechische Münzen. Der Impuls für diese Schenkungen ging vom Aufenthalt Erzherzog Johanns in Athen im Jahr 1837 aus. Auch im Briefwechsel zwischen Erzherzog Johann und Prokesch finden dessen Schenkungen an das Joanneum ihre Erwähnung. 1839 schreibt Prokesch an den Habsburger: „Auch dem Johanneum, einer Anstalt, in der ich Stifter und Vaterland ehre und liebe, sende ich durch diese Gelegenheit eine Gabe: 600 Medaillen aus griechischer und römischer, nur wenige aus neuerer Zeit, und viele gute darunter.“
Prokesch schenkte auch der Universität Graz knapp über 70 antike Münzen, darunter 6 ptolemäische und 13 parthische Prägungen. Es ist davon auszugehen, dass auch viele andere griechische Münzen aus der Sammlung des Instituts für Antike der Universität Graz Schenkungen Prokeschs sind.
Unter den Instituten, die Prokesch mit Schenkungen von Münzen beglückte, war auch das Münzkabinett der Stadt Winterthur, das ab 1861 von Friedrich Imhoof-Blumer (1838–1920) geleitet wurde. 21 Münzen der heutigen Sammlung des Münzkabinetts Winterthur weisen die gesicherte Provenienz „Geschenk Prokesch-Osten“ aus, darunter befinden sich keltische, sizilische, griechische, kleinasiatische und sogar römische Prägungen sowie Münzen der Parther und Alexanders des Großen, dessen Münzen einen Schwerpunkt der Sammlung Prokeschs bildeten.
Begleitband zur Ausstellung
Zur Ausstellung erscheint ein vom Kurator*innenteam verfasster Begleitband mit Essays zur Geschichte der griechischen Münzen der drei Sammlungen und einem ausführlichen Katalogteil. Erhältlich um € 12,90 im Museumsshop von Schloss Eggenberg.