Urteile im Dresdner Juwelendiebstahl
Der Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden sorgte 2019 für weltweite Schlagzeilen. Experten vermuteten, dass die gestohlenen Juwelen unwiederbringlich verloren sein dürften. Als die Behörden etwa ein Jahr später sechs Männer als Verdächtige ermittelten, fehlte von der Beute jede Spur. Doch dann gab es eine entscheidende Wende, die auch den Urteilsspruch beeinflusst hat.
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Beute für Milde
Fünf Mitglieder des Remmo-Clans waren angeklagt, zusammen mit einem Komplizen den Einbruch ausgeführt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte Freiheitsstrafen bis zu sechs Jahren und acht Monaten gefordert, während die Verteidiger Haftstrafen von unter sechs Jahren beantragten.
Lange mauerten die Angeklagten während der Verhandlung. Erst als ihnen die Härte der drohenden Strafen bewusst wurde, kam es zu einer Wende. Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich auf einen Deal: Umfassende Geständnisse und Rückgabe der Beute sollten zu einem deutlich milderen Strafmaß führen.
Wissam Remmo, der für den Einbruch ins Bode-Museum und den Diebstahl des riesigen Maple Leaf noch seine Haftstrafe verbüßt, behauptete, der Einbruch in Dresden sollte seinen Kokainkonsum finanzieren. Ein weiteres Motiv sei Ruhmsucht gewesen, die jungen Männer hätten mit ihrem Coup prahlen wollen. Insiderwissen oder Mittäter unter dem Museumspersonal hätten sie nicht gehabt, sondern einfach den Tatort regelmäßig ausgespäht.
Und was ist mit den Dresdner Juwelen?
Der Wert der gestohlenen 21 Schmuckstücke mit insgesamt 4.300 Diamanten und Brillanten wurde in den Medien mit mehr als 113 Millionen Euro angegeben. Experten hatten damit gerechnet, dass die Diebe ihre Beute verkaufen wollten und das Geschmeide dafür in seine Einzelteile zerbrechen würde. Dies ist kurioserweise nicht – oder nur teilweise – geschehen. Immerhin 31 Einzelteile, in die die Preziosen zerlegt wurden, konnten dem Museum Ende 2022 zurückgegeben werden, darunter ein Hutschmuck (Reiherstutz) und der berühmte Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens aus der Brillantgarnitur.
Da die Objekte Beweisstücke im Strafverfahren sind, konnten sie zunächst nicht wieder ausgestellt werden. Wie eine Restauratorin vor Gericht erläuterte, weisen die Juwelen unterschiedliche Erhaltungszustände auf, wobei die Bandbreite der äußeren Einwirkungen von mechanischen Beschädigungen bis hin zu eingedrungener Feuchtigkeit reicht. Diese Schäden können jedoch nahezu vollständig restauriert werden. Dennoch bezifferte sie den Gesamtschaden des zurückerstatteten Schmucks vorläufig auf 22 bis 25 Millionen Euro.
Folgende Objekte befinden sich wieder im Besitz der Staatlichen Kunstsammlung Dresden:
- der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens aus der Brillantgarnitur von Jean Jacques Pallard, Genf/ Wien, zwischen 1746 und 1749
- die Hutkrempe, der sog. Reiherstutz aus der Brillantgarnitur, von August Gotthelf Globig, Dresden, zwischen 1782 und 1807
- der Degen aus der Diamantrosengarnitur von Christian August Globig und August Gotthelf Globig, Dresden, 1782-1789 (in Teilen und ohne Klinge)
- zwei gewölbte Schuhschnallen aus der Diamantrosengarnitur, Werkstatt Christian August Globig, Dresden, 1782-1789
- die Hutagraffe aus der Diamantrosengarnitur, Christian August Globig und August Gotthelf Globig, Dresden, 1782-1789
- das Kleinod des Polnischen Weißen Adler-Ordens aus der Diamantrosengarnitur, Christian August Globig und August Gotthelf Globig, Dresden, 1782-1789
- die Epaulette aus der Diamantrosengarnitur, Christian August Globig und August Gotthelf Globig, Dresden, 1782-1789
- sechs Rockknöpfe aus der Diamantrosengarnitur, Jean Jacques Pallard, Genf/ Wien, zwischen 1746 und 1749
- die Aigrette für das Haar in Form einer Sonne aus dem Diamantschmuck und den Perlen der Königinnen, August Gotthelf Globig, Dresden, zwischen 1782 und 1807
- sowie ein Teilstück eines Muffhaken aus dem Diamantschmuck und den Perlen der Königinnen aus der Werkstatt Jean Jacques Pallard, Genf/ Wien, zwischen 1746 und 1749.
Nach wie vor fehlen das Brillantkollier der Königin Amalie Auguste (1824; in Teilen erhalten), die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste (1782), die Epaulette mit dem Sächsischen Weißen (zwischen 1782 und 1789), die Große Diamantrose, zwei Rockknöpfe aus der Diamantrosengarnitur sowie einzelne Kleinteile.
Die mit den Ermittlungen betraute Sonderkommission Epaulette setzt ihre Arbeit fort und sucht weiter nach den vermissten Schmuckteilen sowie nach möglichen Mittätern.
Und was erwartet die Angeklagten?
In Anbetracht des Deals wurden fünf Angeklagte zu Freiheitsstrafen zwischen vier Jahren und vier Monaten und sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Der im Gefängnis sitzende Wissam Remmo war von diesem Deal ausgenommen, der sechste Angeklagte wurde freigesprochen. In einem zivilrechtlichen Verfahren wird der Freistaat Sachsen versuchen, die Angeklagten zur Zahlung der mit 89 Millionen Euro bezifferten Schadenssumme zu verurteilen.