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Joachim Stollhoff († 2. November 2024)

von Ursula Kampmann

Am 2. November 2024 verstarb Joachim Stollhoff, Inhaber der Münzen und Medaillen GmbH, nach kurzer und heftiger Krankheit. Mit ihm stirbt ein Münzhändler alter Schule. Ursula Kampmann erinnert an ihren Weggefährten.

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Joachim Stollhoff. Neben ihm, wie auf fast allen unseren Fotos, Claire Franklin-Werz. Foto: UK.

Joachim Stollhoff. Neben ihm, wie auf fast allen unseren Fotos, Claire Franklin-Werz. Foto: UK.

Eigentlich hatte Joachim Stollhoff ja einen ganz anderen Karriereplan, als er im Berlin der 1970er Jahre Lehramt studierte. Er wollte seinen Schülern die englische Sprache nahebringen, wollte Sport unterrichten. Doch auf den Lehrermangel der 1960er folgte die Lehrerschwemme der 1970er und 1980er Jahre. So musste sich Joachim Stollhoff nach einer anderen Beschäftigung umschauen. Er fand sie im Münzhandel. Dort wurden trotz der Rezession auch in dieser Branche gute, verlässliche Katalogschreiber immer gebraucht. Dort habe ich Joachim Stollhoff kennengelernt, und das ist mittlerweile mehr als 30 Jahre her.

Giessener Münzhandlung und Kölner Münzzentrum

Nach einigen kleinen Aushilfsjobs arbeitete Joachim Stollhoff in den späten 1980er Jahren regelmäßig als freier Mitarbeiter bei der Giessener Münzhandlung, während er gleichzeitig in München Numismatik studierte. Irgendwann gab er seine wissenschaftlichen Ambitionen auf und entschied sich für eine Anstellung im Münzhandel. Die fand er bei Heinz-W. Müller im Kölner Münzzentrum.

Joachim Stollhoff war ein wunderbarer Kollege und Mitarbeiter, der unermüdlich, ehrlich und ruhig seiner Arbeit nachging, ohne je auf die Uhr zu schauen. Er hatte immer Zeit, ausführlich Fragen zu beantworten, ganz gleich, wer sie ihm stellte. Oft fühlte er sich dabei mehr dem münzbegeisterten Kunden verpflichtet als dem Gewinn seines Brotherrn.

Denn das kapitalistische Gewinnstreben war etwas, was Joachim Zeit seines Lebens fremd blieb. Er glaubte an das, was die Studenten in den 1970er Jahren gefordert hatten: Er war ein überzeugter Sozialist, der Geld nur als Mittel, nie als Zweck verstand. Ihm lag nicht an Luxus oder Statussymbolen, an persönlichem Komfort und Vermögensaufbau. Joachim lebte bescheiden und zufrieden in Wohnungen, die bis zuletzt den Charme einer Studentenbude ausstrahlten. Er fühlte sich in ihnen wohl, umgeben von seinen Büchern und seinen Münzen, versunken in die vielen Geschichten, die ihm seine Münzen erzählten.

Dabei war Joachim nie verbissen, nie intolerant. Er lebte in München viele Jahre in einer Wohngemeinschaft, die für ihre bunten Feste berühmt war. Er freute sich am Kontakt und an der Diskussion. Dabei hatte er zwar eine eigene Meinung; aber die änderte er, wenn andere Argumente ihm überzeugender schienen.

Joachim Stollhoff und Ursula Kampmann auf dem INC 2022 in Warschau. Foto: DB.

Joachim Stollhoff und Ursula Kampmann auf dem INC 2022 in Warschau. Foto: DB.

Joachim konnte wunderbar erzählen, wenn er merkte, dass derjenige, der ihm zuhörte, sich für seine Geschichten interessierte. Ich habe unendlich viel von ihm gelernt, zuerst als wir nebeneinandersitzend in der Giessener Münzhandlung Münzen bestimmten, dann bei meinen unzähligen Besuchen in Köln, zuletzt bei unseren regelmäßigen Abendessen in Lörrach, Weil und Umgebung.

Die Münzen und Medaillen GmbH

Als Arne Kirsch in den 1990er Jahren von der Münzen und Medaillen AG zu Künker wechselte, wurde der Posten des Geschäftsführers der deutschen Filiale, der Münzen und Medaillen GmbH, frei. Ich rief damals Joachim an und wollte ihn vorsichtig fragen, ob das nicht etwas für ihn wäre. Ich kam zunächst gar nicht zu Wort. Er erzählte mir, dass er heute seinen Arbeitsvertrag mit dem Kölner Münzzentrum aufgelöst hatte. Damit brauchte er eine neue Arbeit und die Münzen und Medaillen GmbH einen neuen Geschäftsführer. Die alten Griechen nannten das Kairos. Für Joachim war es die Gelegenheit! Tatsächlich dauerte es nur wenige Stunden, bis der Vertrag geschlossen war. Joachim Stollhoff kam nach Weil und übernahm dort seine neue Position als Geschäftsführer.

Schon ein paar Jahre her: Der M&M-Stand auf der Münchner Numismata. Foto: UK.

Schon ein paar Jahre her: Der M&M-Stand auf der Münchner Numismata. Foto: UK.

Der Stand auf einer weiteren Börse (Basel?). Foto: UK.

Der Stand auf einer weiteren Börse (Basel?). Foto: UK.

Für ihn war das eine enorme Umstellung. Bisher hatte er treu und redlich Münzen bestimmt und sich von anderen den Zeitplan vorgeben lassen. Nun musste er selbst unternehmerisch denken. Er fand für sich einen Weg. Mit Münzen kannte er sich ja schließlich hervorragend aus, besser als viele andere. Allerdings kam so mancher Kunde mit seiner geraden, unverblümten Art nicht zurecht. Andere Münzbegeisterte liebten ihn für seine altmodischen Ideale. Er führte seine Münzhandlung, als hätten die 1990er Jahre nie geendet. Er war altmodisch im besten Sinne, handelte mit dem, was er für „echte“ Numismatik hielt und brauchte lange, um sich neuen Techniken zu öffnen. Als er allerdings feststellte, welche Möglichkeiten ihm das Internet eröffnete, ergriff er sie begeistert. Noch heute zählen Menschen, die er im Numismatikforum als „mumde“ kennenlernte, zu seinen Freunden.

Joachim Stollhoff gehört zu den wenigen voll und ganz uneigennützigen Menschen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Er hat nie wissentlich einen Kunden übervorteilt, nahm lieber selbst einen Verlust hin. Ich möchte das mit einer meiner Lieblingsgeschichten illustrieren: 2013 versteigerte Joachim seine eigene Sammlung von außergewöhnlich gut erhaltenen Tokens. Er hatte sie in den vergangenen Jahrzehnten mit viel Wissen und Begeisterung zusammengetragen. Ich kannte viele Stücke, weil Joachim mir gerne von seinen Neuerwerbungen erzählte. Ich bot also mit bei der Auktion. Außer meinem heutigen Mann saß nur noch ein einziger weiterer Interessent im Saal. Tokens waren damals in Deutschland ein Randgebiet; internationale Gebote über das Internet spielten keine Rolle. Wer nicht anreiste, bot schriftlich. Die Zuschlagspreise blieben deshalb niedrig. Als mich nun bei einem Stück ein schriftlicher Bieter nach oben trieb, schritt Joachim ein: „Hör auf zu bieten, Uschi, das bekommst wo anders viel billiger.“ So war Joachim.

Auf der 12. Haller Münzbörse, 2021. Foto: UK

Auf der 12. Haller Münzbörse, 2021. Foto: UK

Eigentümer der Münzen und Medaillen GmbH

Nach dem Ende der Münzen und Medaillen AG in Basel führte Joachim Stollhoff den deutschen Ableger weiter, erst als Geschäftsführer unter dem Eigentümer Dr. Bernhard Schulte, nach dessen Tod in eigener Verantwortung.

Er tat es die letzten Jahrzehnte zusammen mit Dr. Claire Franklin-Werz, die bei ihm als Mitarbeiterin anfing und zu seiner numismatischen Ziehtochter wurde. Er war so stolz auf sie, auf ihren wunderbaren Humor, auf ihre Unternehmungslust und ihre Neugier. Joachim Stollhoff förderte sie, so gut er konnte. Die beiden haben die letzten Jahrzehnte sehr genossen. Sie nutzten jede Münzbörse, jeden Kongress, um auf dem Weg dorthin mit ihrem uralten Auto kleine Entdeckungsfahrten zu unternehmen.

Auktion 50, die bislang letzte Saalauktion der Münzen & Medaillen GmbH im Juni 2023. Foto: UK.

Auktion 50, die bislang letzte Saalauktion der Münzen & Medaillen GmbH im Juni 2023. Foto: UK.

Auktion 51 wird im Sinne von Joachim Stollhoff durchgeführt.

Am Samstag, dem 2. November 2024 abends starb Joachim Stollhoff nach kurzer, schwerer Krankheit. An seinem Sterbebett saßen seine langjährigen Mitarbeiterinnen Claire Franklin-Werz und Petra Gasenzer. Sie werden gemeinsam mit Arne Kirsch, Gründer der Münzen und Medaillen GmbH, ganz im Sinne von Joachim Stollhoff Auktion 51 durchführen, die Joachim selbst nun nicht mehr abwickeln kann. Bis zum Schluss war ihm ihre korrekte Durchführung ein wichtiges Anliegen.

Der Auktionstermin wurde aus praktischen Gründen auf den Mittwoch, den 4. Dezember 2024 verschoben.

Joachim Stollhoff und Claire Franklin-Werz. Foto: UK.

Joachim Stollhoff und Claire Franklin-Werz. Foto: UK.

Joachim Stollhoff hinterlässt weder Frau noch Kinder, aber zahlreiche Menschen, denen er viel bedeutet hat. Dazu gehören seine beiden Nichten mit ihren Familien in Hannover, denen wir unser tief empfundenes Beileid aussprechen möchten. Dazu gehören aber auch Claire Franklin-Werz und Petra Gasenzer. Die beiden wurden für ihn quasi zur Wahlfamilie. 

Joachim Stollhoff hinterlässt aber auch viele Freunde und Freundinnen, die seine kompromisslose Leidenschaft für die Numismatik teilten. Er wird uns allen fehlen.

Claire Franklin-Werz ist dabei, einen ausführlichen Nachruf auf Joachim Stollhoff zu verfassen. Wir werden ihn in der kommenden MünzenWoche publizieren.

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