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Ein historisches Unikat erstmals in Teilbesitz – ein Modell auch für Deutschland?

Von Sebastian Wieschowski

Mit einem Angebot, das in der numismatischen Landschaft bisher beispiellos ist, ermöglicht das amerikanische Unternehmen „Kagin’s“ erstmals den Erwerb von Anteilen an einem Sammler-Traum: Interessierte Sammler und Anleger können über eine Blockchain-basierte Plattform einen oder mehrere Anteile an einem Goldzertifikat mit einem Nennwert von 100.000-Dollar erwerben, das sich in Privatbesitz befindet. Oder mit anderem Worten: Sie können einen kleinen Teil der höchsten jemals ausgegebenen US-Papiergeld-Denomination besitzen.

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Ein kleines Stück vom großen (Sammler)-Glück: Dank „Fractional Ownership“ können jetzt Numismatiker-Träume wahr werden. Foto: Kagin’s

Ein kleines Stück vom großen (Sammler)-Glück: Dank „Fractional Ownership“ können jetzt Numismatiker-Träume wahr werden. Foto: Kagin’s

Das 100.000-Dollar-Goldzertifikat aus dem Jahr 1934 wurde ursprünglich während der Großen Depression ausschließlich für Transaktionen zwischen den Mitgliedern des Federal-Reserve-Bankensystems geschaffen und war nie für den täglichen Geldverkehr bestimmt. Nur wenige Exemplare der damals rund 42.000 gedruckten Noten existieren heute noch – allesamt befinden sich in staatlichen Institutionen wie dem Smithsonian Museum oder dem Bureau of Engraving and Printing. Das Stück, das von Kagin’s jetzt angeboten wird, ist ein sogenanntes „Specimen“-Exemplar mit der Aufschrift „SPECIMEN NOT NEGOTIABLE“.

Das neuartige Angebot des US-amerikanischen Münzhändlers basiert auf dem Konzept des „Fractional Ownership“: Käufer erwerben eine digitale Repräsentation eines physischen Anteils am Originaldokument. Jede Einheit entspricht dabei einem Fünfhundertstel (1/500) des Zertifikats. Die Transaktionen werden durch Blockchain-Technologie abgesichert, die eine transparente, fälschungssichere Besitzdokumentation gewährleisten soll. Die physischen Artefakte verbleiben dabei in professionell überwachten und klimatisierten Tresoren.

Das Auge oder lieber doch das Ohr von Woodrow Wilson?

Ein besonderer Teilaspekt dieses (auf den ersten Blick durchaus kuriosen) Angebots ist die Möglichkeit, bei Erwerb von fünf Anteilen ein spezifisches Segment des Zertifikats als Besitz zu wählen, etwa das Auge oder die Unterschrift von Woodrow Wilson, dessen Porträt die Vorderseite der Banknote ziert. Die Zahlung ist sowohl über traditionelle Zahlungsmittel als auch über Kryptowährungen möglich, spezielle technische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Bis Ende April 2025 waren bereits einzelne Stückchen der begehrten (und für die meisten Sammler unerreichbaren) Banknote verkauft. Foto: Kagin’s

Bis Ende April 2025 waren bereits einzelne Stückchen der begehrten (und für die meisten Sammler unerreichbaren) Banknote verkauft. Foto: Kagin’s

Das Besondere an diesem Angebot ist die Verknüpfung eines physisch existierenden, historisch bedeutenden Sammlerstücks mit modernen Technologien wie NFTs (Non-Fungible Tokens) und Blockchain. Anders als bei rein digitalen Sammlerstücken erhalten Käufer hier einen echten Eigentumsanteil an einem physischen Objekt von musealer Bedeutung, das seit fast einem Jahrhundert in der US-amerikanischen Numismatik als regelrechte Ikone gilt. Es wird in eine Reihe mit anderen numismatischen Legenden wie dem 1804er Silberdollar oder dem 1907er Ultra High Relief Double Eagle gestellt.

Fractional Ownership: Ein kurioses Modell?

Das Konzept der Fractional Ownership – also des anteiligen Besitzes an einem hochpreisigen Gut – ist ursprünglich aus der Luftfahrt und der Immobilienbranche bekannt. So können sich beispielsweise mehrere Parteien ein Privatflugzeug oder eine Ferienimmobilie teilen, um Nutzungskosten und Investitionen aufzuteilen. In den letzten Jahren hat sich Fractional Ownership auch auf Sammlerobjekte wie Kunstwerke, Oldtimer, hochwertige Uhren oder Sportmemorabilia ausgedehnt. Es wäre also durchaus auch denkbar, dass solche Modelle künftig auf deutsche Top-Raritäten angewendet wird, wie die 3-Mark-Silbermünze „Friedrich der Weise“ aus dem Jahr 1917, die bei Auktionen üblicherweise Gebote bis 150.000 Euro erzielt. Zudem gibt es bereits erste Bestrebungen innerhalb der Numismatik, die Blockchain-Technologie zu nutzen, um Eigentumsnachweise sicher und transparent zu verwalten.

Die juristischen Rahmenbedingungen

Juristisch gesehen wird bei Angeboten wie dem Anteilskauf an Sammlerobjekten häufig kein direktes Eigentum an einem physischen Teil des Gegenstands eingeräumt. Stattdessen erwerben Käufer einen Anteil an einer Zweckgesellschaft oder an einem Treuhandmodell, dem das Objekt gehört. In Blockchain-basierten Modellen wird der Anteil über ein NFT (Non-Fungible Token) dokumentiert, der das Mitspracherecht oder Beteiligungsrechte an künftigen Verkaufsgewinnen symbolisieren kann. Ein physischer Zugriff auf das Objekt selbst besteht in der Regel nicht. Die genaue rechtliche Konstruktion hängt vom jeweiligen Anbieter und der Gesetzgebung des Sitzlandes ab und sollte im Einzelfall geprüft werden.

Vorteile und Nachteile von Fractional Ownerships

Das Modell der Fractional Ownership eröffnet einer breiteren Käuferschicht den Zugang zu hochpreisigen und exklusiven Anlageobjekten, die sonst nur sehr vermögenden Sammlern offenstünden. Das Risiko und die Kosten der Anschaffung sowie der Erhaltung werden unter mehreren Eigentümern aufgeteilt. Bei Blockchain-basierten Modellen profitieren Käufer zudem von einer transparenten, fälschungssicheren Dokumentation ihrer Anteile. Der Wiederverkauf einzelner Anteile kann flexibler gestaltet werden als der Verkauf eines gesamten Objekts.

Der Kauf von Anteilen über Fractional Ownerships birgt jedoch auch Risiken: Da der Anteilseigner in den meisten Fällen keinen unmittelbaren physischen Zugriff auf das Objekt hat, besteht eine gewisse Abhängigkeit vom Anbieter hinsichtlich Lagerung, Pflege und Versicherung des Sammlerstücks. Zudem sind die Liquidität und der Wiederverkaufswert solcher Anteile oft unklar und können stark schwanken. Rechtliche Unsicherheiten, etwa im Insolvenzfall des Anbieters, können zusätzliche Risiken darstellen. Anleger sollten sich deshalb intensiv über die Vertragsbedingungen und die Seriosität des jeweiligen Angebots informieren.

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