Ein Fest für die Spanische Numismatik
von Ursula Kampmann
Am 28. und am 29. Juni 2024 fand in Madrid das erste Evento Numismático Internacional statt. Händler und Sammler hatten viel erwartet und ihre Erwartungen wurden noch übertroffen. Die Stimmung in Madrid war außergewöhnlich.
Inhalt
Bis jetzt gab es in Spanien keine große, internationale Münzbörse. Was es dagegen im numismatischen Spanien gibt sind aktive und enthusiastische Sammler, viele Forscher und große Museumssammlungen. Es war also Zeit, eine Veranstaltung zu schaffen, und weil in Spanien traditionell ein gutes Verhältnis zwischen Sammlern, Händlern, Wissenschaftlern, Münzstätte und Museumskuratoren besteht, wurde dieses Event etwas ganz Neues, etwas, das alle Zweige der Numismatik vereint und gleichzeitig einen wunderbaren Rahmen schafft, um Münzen zu handeln und über Münzen zu sprechen.
Eine perfekte Mischung
Verantwortlich zeichnen für die Veranstaltung drei Münzhändler: Jesús Vico vom gleichnamigen spanischen Auktionshaus, Agustín „Augi“ García-Barneche von Daniel Frank Sedwick LLC und Luis Domingo, Besitzer einer eigenen Münzhandlung. Sie haben gemeinsam eine Veranstaltung entworfen, wie es sie in dieser Kombination bis jetzt nicht gegeben hat. Sie enthält das Beste von vielen Veranstaltungen, die seit Jahren erfolgreich sind.
Münzhandel wie auf der NYINC
Im Zentrum jedes numismatischen Events steht das Geschäft. Keine Veranstaltung kann sich halten, wenn diejenigen, die sie finanzieren, keine Münzen verkaufen. Mit anderen Worten: Die schönste Münzbörse ist nichts, wenn sie den Ausstellern keinen ausreichenden Umsatz bringt.
Und so setzten die Organisatoren für diesen Kernbereich auf ein Erfolgsmodell. Sie orientierten sich in vielen Details an der NYINC, einer Münzbörse im edlen Rahmen für ein begrenztes Publikum, wo hochpreisige Münzen angeboten und gekauft werden können. Der Veranstaltungsort war also eines der besten Hotels von Madrid, das Four Seasons direkt im Stadtzentrum. Das Ambiente war liebevoll gestaltet; die Ausstattung neu und modern; das Sicherheitskonzept zeitgemäß. Die zwei großen Räume boten Platz für rund 60 Aussteller und 600 Besucher. Mehr ging nicht. Mehr braucht es aber auch nicht, wenn es die richtigen Besucher sind und die Aussteller die richtige Ware dabei haben.
Denn viele nicht-spanischen Händler realisierten es erst vor Ort: Spanische Sammler haben ganz klare Vorlieben. Sie begeistern sich für – nicht verwunderlich – Münzen der spanischen Welt. Wenn es um die Antike geht, dann interessieren sie die Münzen der römischen Republik und des ersten Jahrhunderts n. Chr. mehr als die schönste sizilische Tetradrachme. Phönizische Münzen aus Spanien stehen natürlich auch ganz oben auf der inneren Suchliste, halt alles, was in Spanien selbst gefunden wird.
Wer nur Kataloge dabei hatte und nicht damit gerechnet hatte, dass in Spanien Spanisch und nicht Englisch gesprochen wird, der hatte wenig zu tun. Alle anderen freuten sich über die vielen neuen Sammler, die sie für ihre Kundenkartei requirieren konnten. Denn Spanien hat eine sehr aktive Sammlerschaft, bei der das Münzsammeln noch im Zeichen der Geschichte und nicht des Anlegens steht. Spanien ist also ein wirtschaftlich interessanter Gegenpol zu den Märkten in USA und Asien, der das Auktionsgeschäft weniger konjunkturabhängig machen kann.
Round Tables – eine Kreuzung zwischen Internationalem Numismatischem Kongress und einem Economic Forum
Zeitgleich zur Münzbörse luden die Veranstalter zu hochkarätigen Präsentationen, Vorträgen und Round Tables ein. Der Freitagvormittag war für Buchpräsentationen reserviert; am Nachmittag fand die internationale Session zum Thema „Museums, the Coin Market, and the Public – Insights into a Fruitful Cooperation“ statt. Die Veranstalter wünschten sich hochkarätige Vortragende und arbeiteten deshalb mit uns von der MünzenWoche zusammen. Andrew Brown, National Finds Advisor for Iron Age and Roman Coinage für das Portable Antiquities Scheme, und Klaus Vondrovec, Direktor des Münzkabinetts im Kunsthistorischen Museum Wien, hatten ihre Teilnahme zugesagt. Der Ferienflugverkehr traf beide hart: Andrew Brown kam am Vortag erst weit nach Mitternacht in seinem Hotel ein, Klaus Vondrovec schaffte es nur bis München, ehe ihm die Lufthansa riet, wieder nach Wien zurückzukehren. Es spricht für das Engagement und die Flexibilität beider, dass die Session dadurch keinerlei Einschränkungen erlitt. Klaus Vondrovec sprach seinen Vortrag in Wien ein und schickte die Aufnahme nach Madrid, so dass die Session wie geplant ablief. Für den Round Table fand Organisatorin Ursula Kampmann in der Münzhändlerin Shanna Schmidt einen hervorragenden Ersatz.
Die zahlreichen Besucher belohnten den Einsatz aller Beteiligten durch ihre Anwesenheit – vom ersten bis zum letzten Wort der Veranstaltung. Und wer bis dahin geglaubt hatte, in Spanien gehöre Unpünktlichkeit zum Lokalkolorit, der wurde eines besseren belehrt!
Am zweiten Tag war es den Organisatoren gelungen, einen hochkarätigen Round Table aus Vertretern von Ämtern zusammenzustellen. Polizei, Zoll und Steuerbehörden diskutierten mit Museumskurator Rafael Feria, um neue Lösungen zu finden, wie man Kulturgutschutz und Sammeln besser unter einen Hut bekommen kann.
Den Abschluss machte ein Panel aus bekannten und beliebten spanischen Numismatikern, die ihre aktuelle Forschung vorstellten: Dr. Alberto J. Canto Garcia, Dr. José María de Francisco Olmos, Pere Pau Ripollés und Martín Almagro Gorbea.
Networking wie auf einem IAPN-Treffen
Ziel der Vorträge und der Round Tables war es nicht nur, den Besuchern eine Attraktion mehr zu bieten, sondern auch Akademiker, Kuratoren, Beamte, Sammler und Händler ins Gespräch zu bringen. Wenn man entspannt ein Glas Wein miteinander getrunken hat, sind die Gräben in der Kulturgutschutzdebatte bei weitem nicht mehr so tief wie zuvor. Dieser Plan der Organisatoren ging hervorragend auf, kein Wunder bei all der Mühe, die sie auf die Networking Events verwendet hatten.
Am Vorabend der Veranstaltung lud die spanische Münzstätte alle Aussteller und Vortragenden zu einem Apero riche ins Museo de la Casa de la Moneda de Madrid ein. Der zweite Abend bot ein ganz besonderes Highlight: einen Empfang im besucherleeren Prado mit Führungen. Und dann gab es noch die wunderbare Exkursion nach Segovia, an der Besucher und Aussteller teilnehmen konnten. Sie wurde organisiert von Adolfo Ruiz Calleja, Inhaber des in der spanischen Welt wohlbekannten Blog Numismático.
Ein klein bisschen World Money Fair
Es ist bemerkenswert, wie gut es gelungen ist, die spanische Münzstätte in diese eher an der klassischen Numismatik orientierten Veranstaltung einzubinden. Beim Empfang am Vorabend stellte sie den Münzhändlern ihre neuesten Ausgaben und die aktuelle Bullionmünze vor. Die FNMT hatte einen Stand an der Veranstaltung und nutzte die Gelegenheit, Vorurteile gegenüber der modernen Numismatik abzubauen. Schließlich gibt die spanische Münzstätte eine Fülle von künstlerisch und technisch anspruchsvollen Münzen und Medaillen heraus, die durchaus auch einem Liebhaber von klassischen Prägungen gefallen können. Es wurden übrigens unter den Besuchern auch Vertreter von anderen Münzstätten gesehen, die austesteten, ob sie nicht im nächsten Jahr einen Stand buchen werden. Einer von ihnen drückte sein Bedauern darüber aus, dass seine Firma das nicht schon dieses Jahr getan hatte.
Eine einzigartige Stimmung
Denn die Stimmung während des Evento Numismático war einzigartig! Der Enthusiasmus war geradezu zum Greifen, und das während jedem einzelnen Gespräch. Wir hatten wie immer unsere MünzenWoche-Fotowand dabei und schon am ersten Tag hatten wir rund 150 Aussteller und Besucher fotografiert. Die Wand diente einem Blogger und einem Tiktoker als Hintergrund, zahlreiche Numismatiker und Numismatikerinnen machten davor ihre Selfies, um sie auf Social Media zu posten. Von vielen Besuchern und Ausstellern hörte ich, dass sie unbedingt wieder kommen möchten.
Die große Herausforderung des nächsten Evento Numismático
Damit hat das Evento Numismático Internacional in Madrid seine Feuertaufe bestanden. Aber hüten wir uns vor vorschnellem Optimismus. Das zweite Treffen stellt für die Organisatoren eine mindestens genauso große Herausforderung dar wie das erste. Zum Selbstläufer wird eine Münzbörse erst nach rund fünf Jahren. Erst dann kann man beurteilen, ob sie sich zum unverzichtbaren Bestandteil im jährlichen Kalender entwickelt oder stillschweigend verschwindet.
Aktuell müssen sich die Organisatoren um mehrere Baustellen kümmern: Zunächst die verhältnismäßig hohen Kosten für die Aussteller, die Mühe haben, ihre Ausgaben durch Einnahmen zu amortisieren. Dann die relativ kleinen Säle, die es nicht allen interessierten Sammlern ermöglicht haben, bei dem Event dabei zu sein. Wenn alle, die über einen Tisch nachgedacht haben, einen Platz bekommen sollen, braucht es das nächste Mal auch größere Räume. Das kleinste Problem dürfte es sein, neue Locations zu finden, wo das Netzwerken stattfinden kann. Denn Madrid hat historisch und numismatisch so viel zu bieten, dass die Auswahl schier unbegrenzt scheint.
Ach ja, als nächster Termin ist der 25. bis 28. Juni 2025 anvisiert. Notieren Sie sich also schon jetzt das Datum. Die MünzenWoche ist sicher wieder dabei, wenn zum zweiten Evento Numismático Internacional in Madrid eingeladen wird.