Von der Lira zum Euro. Italiens Geschichte in Münzen – Teil 1: Das Risorgimento
Italien ist bis tief ins 19. Jahrhundert hinein ein zersplittertes Gebilde: Nebeneinander existieren der Kirchenstaat, verschiedene Königreiche, Herzog- und Fürstentümer. Jedes dieser Gebiete – und dazu noch einige Stadtstaaten – zerstückeln den italienischen Stiefel geografisch. Und politisch ist die Situation ebenso verfahren: Spanier, Franzosen und Österreicher herrschen direkt oder indirekt über mehr oder weniger große Teile Italiens.
Italien ist also – ähnlich wie Deutschland – in Kleinstaaten aufgeteilt, und ähnlich wie in Deutschland geht auch in Italien die nationale Einigung von einem dieser Staaten aus: Das kleine Preußen Italiens ist Piemont-Sardinien, das einzige echt italienische Staatswesen. Hier amtet Benso di Cavour als Ministerpräsident (1852–1861) unter seinem relativ liberalen König Viktor Emanuel II. (1849–1878). Und wie sein deutsches Gegenstück Bismarck weiß sich auch Cavour Verbündete zu schaffen: Im Krimkrieg (1853–1856) unterstützt er Napoleon III. mit 15.000 Soldaten und sichert sich damit französisches Wohlwollen.
Das geheime Bündnis zwischen Frankreich und Italien
Im Sommer 1858 beschließen Napoleon III. und Cavour bei einem Geheimtreffen – offiziell weilt Cavour zu dieser Zeit ferienhalber in der Schweiz – einen Krieg, um Österreich aus Italien zu vertreiben. Nach dem Sieg soll ganz Oberitalien dem Königreich Piemont zufallen, Frankreich aber soll für seine Hilfe Savoyen und Nizza erhalten. Einige Monate später schließen Frankreich und Piemont ein formelles Bündnis für Waffenhilfe; Österreich lässt sich dadurch wie erhofft provozieren und erklärt den Bündnispartnern den Krieg.
In den furchtbaren Schlachten von Magenta und Solferino wird Österreich besiegt. Sowohl Napoleon III. als auch sein Gegenspieler Franz Joseph I. (1848–1916) sind auf dem Schlachtfeld anwesend – und von den Kriegsgräueln gemäß Legende angeblich so schockiert, dass sie alsbald einen Frieden aushandeln. In Wirklichkeit sind Napoleons Gründe für den Friedensschluss natürlich viel realpolitischer – in Frankreich selbst finden seine Aktionen in Italien nämlich keinen großen Rückhalt.
Einen anderen Mann jedoch bewegt das Massaker bei Solferino tatsächlich tief: Der Schweizer Kaufmann Henri Dunant (*1828, †1910) ist vom Elend der Verwundeten erschüttert. Auf seine Initiative hin konstituiert sich in Genf eine Gruppe als Internationales Komitee vom Roten Kreuz. 1863 erscheint erstmals eine von 16 Staaten anerkannte Konvention „zur Verbesserung des Loses der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde“.
Dukaten, Lira, sonstiges: Numismatische Kleinstaaterei
Vor der Vereinigung des Landes zum Königreich Italien anno 1861 ist das italienische Geldwesen ebenso zersplittert wie das Land selbst. Es bestehen zahlreiche kleine Staatswesen, die alle ihre eigenen großen und kleinen Münzsorten ausgeben. Zudem stehen die meisten dieser Staaten unter der Herrschaft oder zumindest dem Einfluss verschiedener Großmächte: Im Norden Italiens – in der Lombardei und Venedig – dominiert Österreich; dort werden österreichische Konventionsmünzen verwendet. In Lucca und in der Toscana zirkuliert die „lira di Toscana“. Der Süden Italiens wird vom Königreich Beider Sizilien beherrscht. Hier laufen Dukaten und die silbernen Grani um. Und im Königreich Piemont-Sardinien bezahlt man seit 1820 nach französischem Vorbild: In Norditalien hat Napoleon Bonaparte nach seiner Krönung zum König im Jahre 1805 auch das französische Währungssystem eingeführt und dabei den Namen „Franc“ ganz einfach durch die alte Münzbezeichnung „Lira“ ersetzt. Nach seinem Sturz bleibt diese Währung in weiten Teilen des Landes bestehen.
In der nächsten Folge rufen wir das Königreich Italien aus und beseitigen so das uneinheitliche Währungssystem im Land!
Hier finden Sie alle Folgen der Serie „Von der Lira zum Euro. Italiens Geschichte in Münzen“.