So macht man Münzen mit Polymerring: Ein Besuch in der Münzstätte Karlsruhe
Sie sind jetzt schon ein riesiger Erfolg, die weltweit ersten Münzen mit Polymerring, und das nicht nur für die Offizielle Verkaufsstelle für Sammlermünzen. Obwohl man sich dort natürlich auch die Hände reibt. 250.000 Stück werden in Spiegelglanz geprägt, und bereits Monate vor dem Ausgabetermin versandte die Verkaufsstelle an potentielle Käufer nichts als Absagen. Vielleicht gibt es ja die Chance, von den 1,5 Mio. Stücken in Stempelglanz noch eines zu erwischen, aber wenn man daran denkt, dass in Deutschland 7,6 Mio. Menschen Münzen sammeln, ist die Chance relativ gering.
Aber es geht hier um mehr als einen Zustupf zum Staatssäckel. Es geht hier darum, dass das Bayerische Hauptmünzamt und die Staatlichen Münzen Baden-Württemberg maßgebend an einer Innovation beteiligt sind, die sich als wegweisend für die moderne Münzprägung herausstellen könnte.
Seit Jahren forschen Münzstätten weltweit daran, wie man eine Münze so fälschungssicher wie einen Geldschein machen könnte. Dank des Polymerrings ist diese Utopie näher gerückt. Der Polymer kann mit vielen Zusatzstoffen ausgestattet werden, die sich als Sicherheitsmerkmal eignen. Deshalb könnte diese Gedenkmünzen-Ausgabe für eine neue Epoche der Münzherstellung stehen.
Deshalb herrschte natürlich Feierstimmung, als der Münzleiter der Münzen Baden-Württemberg, Dr. Peter Huber, am 11. Februar 2016 zur Anprägung der ersten 5 Euro-Stücke nach Karlsruhe einlud.
Viele, die an der Entwicklung beteiligt gewesen waren, Vertreter des Münzhandels, aber auch Pressevertreter nutzten die Gelegenheit, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Doch schon die Kulisse ist sehenswert, denn die Münzstätte Karlsruhe ist in einem denkmalgeschützten Gebäude untergebracht, das von dem bekannten klassizistischen Architekten Friedrich Weinbrenner geplant wurde.
Als Badischer Baudirektor war Weinbrenner praktisch für alle offiziellen Gebäude verantwortlich, die in Karlsruhe zwischen 1797 und seinem Tod im Jahre 1826 errichtet wurden (und noch für ein paar andere mehr, vor allem in Baden-Baden).
Weinbrenner zeichnete die Pläne und begann den Bau, vollendet wurde er von seinem Schüler Friedrich Theodor Fischer.
Das Innere des denkmalgeschützten Gebäudes ist heute komplett modernisiert, um den Anforderungen einer Münzprägeanstalt auf dem neuesten Stand der Technik zu genügen. In diesem Saal werden zum Beispiel die Umlaufmünzen hergestellt.
Mindestens genauso wichtig ist der Raum, in dem getestet wird, ob Ronden und Münzen alle technischen Vorgaben erfüllen. Schließlich wird die Echtheit heute, ob in der Zentralbank oder im Fahrscheinautomaten, mit Hilfe von exakten Messungen überprüft. Deshalb müssen Gewicht und Durchmesser exakt stimmen. Aber das ist nicht alles. Auch Parameter wie die Dicke der Schicht, mit der die Stahlronden plattiert sind, ist außerordentlich wichtig, damit die Elektromagnetische Signatur – heute die wichtigste Komponente für die Echtheitsbestimmung – den Vorgaben entspricht.
Mit dieser Maschine wird überprüft, welcher Druck notwendig ist, um die Pille in der 5-Euro-Münze mit Polymerring aus dem Rand zu drücken. Keine Sorge, die Schwellenwerte sind hoch. Der Druck, dem die Münze hier standhält, ist wesentlich höher als alles, dem sie im normalen Zahlalltag ausgesetzt sein wird.
Erst nachdem anhand von Stichproben erwiesen ist, dass eine Partie allen Anforderungen entspricht, erteilt ein aufgeklebter blauer Zettel die Freigabe, das Material zu verpacken und an die Zentralbank zu schicken.
Im Keller wird das Rohmaterial, also die Ronden, gelagert, bis man sie oben im Prägesaal braucht.
Ebenfalls im Keller steht ein so genannter „Decoiner“, also eine Maschine, in die man oben Münzen hineinwirft, …
… um unten völlig unkenntliche Metallscheiben herauszubekommen. Dieser Münzschrott wird zum Altmetallwert auf dem freien Markt verkauft.
Natürlich gibt es im Keller der Münzstätte Karlsruhe auch einen riesigen Tresor, in dem das geprägte Geld lagert, ehe es zur Zentralbank geschickt wird. Diebe haben schlechte Karten. Die verpackten Kartons ruhen hinter dicken Tresormauern.
Aber werfen wir doch noch einen Blick auf die Herstellung der Polymermünze. Dafür baute die Firma Schuler Pressen in Göppingen eigens eine Presse, in der nicht nur …
… Ring und Pille, sondern auch gleich …
die Polymerringe in einem Arbeitsgang zur Ronde gefügt werden.
Das Hauptmünzamt in München und die Staatlichen Münzen Baden-Württemberg halten ein Patent auf diese neuen Ronden. Deshalb dürfen sie nur die Münzstätten von Karlsruhe, München und Stuttgart produzieren. Berlin und Hamburg erhalten für ihren Teil der Prägung die bereits fertigen Ronden.
Zum ersten Mal unterscheiden sich diese Prägungen nicht nur durch den Prägebuchstaben, sondern auch durch die Farbe des Polymerrings.
So sehen die Ronden aus, aus denen die Polymermünze hergestellt wird.
Je nachdem, wie die Ronden und die Stempel vorbehandelt wurden, werden daraus Münzen in Umlaufqualität (Stempelglanz) oder in einer nur für Sammler produzierten Erhaltung (Spiegelglanz).
Hier sehen wir die Herstellung der Spiegelglanzvariante auf einer Gräbener Presse im Detail.
Und so sieht die stempelglänzende Variante aus, ebenfalls auf einer Gräbener Presse produziert.
Wie stolz der Münzleiter der Baden-Württembergischen Münzstätten, Dr. Peter Huber, auf „sein“ Produkt ist, sieht man sofort.
Aber auch Sten Karlstroem darf stolz sein. Er war derjenige, der das Polymer entwickelt hat, das nun den Ring bildet.
Es war ein historischer Moment, als die ersten Polymer-Münzen geprägt wurden. Wir dürfen gespannt sein, wann und in welchem Land es die ersten regulären Umlaufmünzen mit Polymerring geben wird.
Wir berichteten schon mehrfach über den Werdegang der Polymer-Münze. Erstmals in einem Artikel über das 10. Technical Forum anlässlich der World Money Fair.
Dann im Mai vergangenen Jahres, als das Finanzministerium mit Rekordschnelle beschloss, eine Sondermünze mit der neuen Technologie auszugeben.
Natürlich waren wir auch dabei, als die 5 Euro-Münze im Februar 2016 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.