Schützenmemorabilia als Zeugnisse Schweizer Brauchtums

von Jürg Richter

1. Schützenmedaillen

Das erste Eidgenössische Schützenfest fand vom 7. bis zum 12. Juni 1824 in Aarau statt und führte zur damaligen Gründung des Schweizerischen Schützenvereins.

Goldmedaille zum Aargauischen Kantonalschützenfest in Rheinfelden 1905.

Schützenfeste sind in der Schweiz schon seit dem 14. Jahrhundert bekannt. So fand beispielsweise im Jahre 1504 in Zürich ein Freischießen statt. Den eigentlichen Höhepunkt erlebten die kantonalen und Eidgenössischen Schützenfeste in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Silbermedaille o. J. zum Volksschiessen in Lugano.

Gerade zu den Anfangszeiten der Schützenfeste war es noch nicht üblich, dass man Gedenkprägungen, sei dies in Form von Medaillen oder nur von Jetons, herausgab.
Die nachfolgende Auflistung soll einen Überblick geben, zu welchen Eidgenössischen Schützenfesten überhaupt Medaillen oder Jetons herausgegeben wurden:

– Keine Medaillen und keine Jetons
+ Jetons aber keine Medaillen

Eidgenössische Schützenfeste

  • 1824 Aarau –
  • 1827 Basel –
  • 1828 Genf +
  • 1829 Fribourg
  • 1830 Bern
  • 1832 Luzern +
  • 1834 Zürich –
  • 1836 Lausanne –
  • 1838 St. Gallen
  • 1840 Solothurn +
  • 1842 Chur (Quaderwiese)
  • 1844 Basel
  • 1847 Glarus
  • 1849 Aarau
  • 1851 Genf
  • 1853 Luzern
  • 1855 Solothurn
  • 1857 Bern
  • 1859 Zürich
  • 1861 Stans
  • 1863 La Chaux-de-Fonds
  • 1865 Schaffhausen
  • 1867 Schwyz
  • 1869 Zug
  • 1872 Zürich
  • 1874 St. Gallen
  • 1876 Lausanne
  • 1879 Basel
  • 1881 Fribourg
  • 1883 Lugano
  • 1885 Bern
  • 1887 Genf
  • 1890 Frauenfeld
  • 1892 Glarus
  • 1895 Winterthur
  • 1898 Neuenburg
  • 1901 Luzern
  • 1904 St. Gallen
  • 1907 Zürich
  • 1910 Bern
  • 1924 Aarau
  • 1929 Bellinzona
  • 1934 Fribourg
  • 1939 Luzern
  • 1949 Chur
  • 1954 Lausanne
  • 1958 Biel
  • 1963 Zürich
  • 1969 Thun
  • 1979 Luzern
  • 1985 Chur
  • 1990 Winterthur
  • 1995 Thun
  • 2000 Bière
  • 2005 Frauenfeld
  • 2010 Aarau
  • 2015 Raron/Visp

Silbermedaille zum Bezirksschiessen im tessinischen Malcantone 1852.

Henkel & entfernte Henkel
Viele Schützenmedaillen wurden im Originalzustand mit einem Henkel (auch Öse) verliehen bzw. verkauft, damit sie während des Festanlasses getragen und an den Trachten und Festkleidern entsprechend präsentiert werden konnten. 

Silbermedaille zum Eidgenössischen Schützenfest in Zürich 1872.

Schützenmedaillen wurden bekanntlich nicht nur verliehen, sondern wurden von den Produzenten auch an ihren Präsentations- und Verkaufsständen bei den jeweiligen Festanlässen direkt an die interessierte Kundschaft verkauft.
Oftmals war es dann so, dass der Käufer wählen konnte, ob er eine entsprechende Medaille mit einem Henkel oder lieber ohne Henkel beziehen möchte. 

Vergoldete Weißmetall-Medaille zum Eidgenössischen Freischießen 1838 in St. Gallen.

Es gilt deshalb zu unterscheiden, ob eine Medaille bei deren Herstellung ohne Henkel ausgeliefert und dieser nachträglich angebracht wurde oder ob der Henkel beim Prägevorgang bereits integriert war. 

Zinnmedaille zum Eidgenössischen Schützenfest in Bern 1885.

Somit war es durchaus möglich, dass bei einer mit Henkel hergestellten Medaille dieser wieder entfernt werden musste, wenn der Käufer die Medaille – eben ohne Henkel – erwerben wollte.
Ebenfalls wurden mit Sicherheit zahlreiche Medaillen bereits im Voraus mit einem Henkel versehen, welcher dann gegebenenfalls wieder entfernt werden musste.
All diese Stücke sind nicht zu verwechseln mit den im Handel oft anzutreffenden Münzen und Medaillen, bei welchen ein nachträglich angebrachter Henkel wieder entfernt wurde und demzufolge eine Henkelspur ersichtlich ist. 

Teilvergoldeter Schützenpokal zum Kantonalschützenfest 1882 in Solothurn.

2. Schützenpokale, Schützenbecher & Schützenmemorabilien

Die Schützenpokale wurden in den verschiedensten Ausführungen zu den jeweiligen Schützenfesten und Veranstaltungen hergestellt.
In den meisten Fällen wurden die Pokale und Becher in Silber hergestellt. Eher in selteneren Fällen bestanden sie aus versilberter Bronze oder versilbertem Weißmetall.

Tablett zum Zentralschweizerischen Freischießen in Luzern 1911.

Versilberungen wurden dagegen viel öfter bei den Schützenmemorabilia, wie beispielweise Servier-Tabletts oder auch Besteck verwendet.
Viele der Pokale und auch einige Becher weisen nebst der Bezeichnung des Anlasses auch noch gravierte Inschriften auf. Diese geben oft Hinweise über den Spender der Trophäe. Viele dieser gravierten Inschriften verleihen einem sonst vielleicht häufigen Schützenpokal oder Schützenbecher etwas einzigartiges, ja eigentlich unikates. 

Schützenpokal zum XVIII. Unterwaldner Kantonalschützenfest von 1898.

Zur Seltenheit
Selbst wenn von einzelnen Pokalen oder Bechern – beispielsweise zu den Eidgenössischen Schützenfesten – mehrere hundert Exemplare hergestellt wurden, so darf man nicht vergessen, dass sie damals zum Zeitpunkt ihrer Herstellung und Verleihung einen sehr hohen Wert repräsentierten.
Ein Schützenpokal, welcher beispielsweise 250 Gramm schwer ist, entsprach rund 50 Franken in Silbermünzen – zur Jahrhundertwende etwa einem Wochenlohn eines mittleren Angestellten entsprechend.
Dies führte logischerweise dazu, dass die gewonnen Preise – in Form eben dieser Pokale und Becher – bald nach dem Anlass wieder eingeschmolzen und in Bargeld umgetauscht wurden. 

Schützenpokal zum Aargauischen Kantonal Schützenfest 1880 in Burgdorf.

Reinigung
Die Schützenpokale, welche dem Schicksal der Einschmelzung entgangen sind, wurden meist an zentraler Lage entweder im Schützenvereins-Lokal oder beim Schützen selbst zuhause aufgestellt.
Nun hat Silber die Eigenschaft, dass es mit der Zeit mit dem Sauerstoff in der Luft reagiert, oxydiert und dabei dunkelbraun bis schwarzfarben patiniert. Dies ist absolut normal und stellt keine Minderung des Wertes dar.

Schützenpokal zum Eidgenössischen Schützenfest in St. Gallen 1904.

Natürlich wollte man dies vermeiden, und so wurden sehr viele dieser Schützenpokale, Schützenbecher und Schützenmemorabilien in regelmäßigen Abständen immer wieder gereinigt.
Erfolgte diese Reinigung schonend und „zerstörungsfrei“, so ist ein fachmännisch gereinigter Pokal einem solchen mit dunkler Patina wertmäßig absolut gleichzusetzen. 

Schützenpokal zum Obwaldner Kantonalschützenfest in Engelberg 1899.

Im aktuellen Spezialkatalog von Sincona wird zum ersten Mal in der Geschichte der Schweizer Numismatik eine der größten Privat-Sammlungen von Schützenmedaillen präsentiert. Diese wurde seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts mit großem Elan und speziellem Augenmerk auf außergewöhnlich gute Qualitäten zusammengetragen.
Viele der Stücke sind deshalb in hervorragender Erhaltung und von der Seltenheit her teilweise sehr selten oder gar als äußerst selten zu taxieren. Auch finden sich einige Unikate in der Sammlung.
Man darf wohl davon ausgehen, dass dieser Katalog für lange Zeit ein Referenzwerk für den Sammler von Schützenmedaillen wird.

Außerdem wird zum ersten Mal eine noch nie dagewesene Anzahl an Schützenpokalen, Schützenbechern und Schützenmemorabilien präsentiert.
Viele der Stücke sind zudem in hervorragender Erhaltung, teilweise sehr selten oder gar äußerst selten. In Anbetracht der vielen individuell gravierten Objekte ist eine große Zahl gar als Unikat zu betrachten.
Die Grundlage auch für diesen Teil des Kataloges bildete eine über Jahrzehnte mit großer Akribie, Liebe zum Detail und Augenmerk auf gute Qualität aufgebaute Sammlung.
Man darf wohl davon ausgehen, dass dieser Katalog für lange Zeit ein Referenzwerk für den Sammler von Schützenpokalen, Schützenbechern und Schützenmemorabilien wird.

Den Auktionsvorbericht dieser Spezialsammlung lesen Sie hier.

Direkt zum Auktionskatalog geht es hier.