Patrona Bavariae
Madonnendarstellungen aus der Sammlung Pielsticker
CLUPEVS OMNIBVS IN TE SPERANTIBVS, Schild für alle, die auf Dich hoffen, so steht es auf einem prachtvollen bayerischen Taler des Jahres 1738 geschrieben.
BAYERN. Karl Albert, 1726-1745. Taler 1738, München. Dav. 1942. Hahn 248. Aus der kommenden Auktion Künker 184 (2011), 4085. Schätzung: 5.000 Euro.
Dargestellt ist Maria, die Beschützerin Bayerns, die in ihren Armen das Christuskind hält, das die Rechte segnend erhoben hat. Maria ist allgegenwärtig auf den bayerischen Talern. Die „Madonnentaler“ wurden in großen Mengen geprägt und gerne in der volkstümlichen Medizin benutzt. „Ein Marientaler in der Hand gehalten, schützt die werdende Mutter vor schwerer Geburt. Besser wirkt noch das Einnehmen von abgeschabten Spänen dieses Talers. Wirksam sind aber nur solche Stücke, auf denen die Muttergottes das Kind rechts trägt.“ Dieser Hinweis findet sich im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens.
Aber wie kam eigentlich die Madonna auf bayerische Münzen? Und warum soll sie ausgerechnet Bayern beschützen?
St. Michael, die in München erbaute Kirche für den Jesuitenorden. Foto: Luidger / Wikipedia.
Im Zeichen der Gegenreformation
Die Forderungen der großen Reformatoren hatten die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttert. Denn vieles, was ein Martin Luther oder ein Johannes Calvin angeprangert hatten, entsprach der Wahrheit. Persönliche Frömmigkeit war unter denen, die die Menschen zum Glauben führen sollten, nur noch selten zu finden. Man mußte also eine moralische Erneuerung einleiten, die nur von den Spitzen der Gesellschaft ausgehen konnte.
Ein nützliches Werkzeug zu diesem Zweck waren die hoch gebildeten Jesuiten, die seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die gesamte katholische Oberschicht Europas in geistlichen und weltlichen Dingen erzogen. 1549 holte Herzog Wilhelm IV. von Bayern die Jesuiten nach Ingolstadt, wo bald das Ausbildungszentrum für den katholischen Nachwuchs Süddeutschlands entstand. Um diese kommende Führungsschicht auch nach Verlassen der Schule an die Ideale ihrer Jugend zu erinnern, gründeten die Jesuiten die Marianische Kongregation. Ganz in der Tradition mittelalterlicher Bruderschaften verehrten ihre Mitglieder im gemeinsamen und privaten Gebet Maria als Gottesmutter.
Maximilian I. von Bayern (1573-1651), Gemälde von Joachim von Sandrart. Kunsthistorisches Museum Wien. Foto: Wikipedia.
Ein bayerischer Zögling
Auch Maximilian, Herzog von Bayern von 1597 bis 1651, und sein Vetter, der spätere Kaiser Ferdinand II., besuchten das Jesuitenkolleg von Ingolstadt. Mit 14 trat Maximilian in die Schule ein – sie prägte ihn für den Rest seines Lebens. Maximilian I. wurde zu einem glühenden Anhänger der Gegenreformation und zu einem treuen Unterstützer seines kaiserlichen Vetters, ohne jemals die eigene Machtpolitik zu vergessen. Das heilige Bayern stand für ihn im Mittelpunkt seines Denkens.
Das heilige Bayern, unter diesem Titel erschien 1615 der erste Band eines von Maximilian selbst angeregten und von einem Jesuiten verfaßten Sammelwerks zu den wichtigsten Heiligen des Herzogtums Bayern. Es war eine Zusammenfassung der herzoglichen Bemühungen, die alte Religion wieder zu verankern. Vier Jesuitenkollege hatte er für die Ausbildung der besseren Gesellschaft gestiftet, fünf von ihm gegründete Kapuzinerklöster schickten ihre Volksprediger in die Städte, Dörfer und Märkte. Für die höheren Töchter wurden die englischen Fräulein nach München geholt. Während die evangelischen Bewohner Bayerns vor die Alternative gestellt wurden, sich zu bekehren oder auszuwandern, erhielten die katholischen Bürger eine umfassende religiöse Ausbildung, die es ihnen ermöglichte zu argumentieren, wenn ihr Glaube von protestantischen Predigern in Frage gestellt wurde.
Maria als Patronin Bayerns
Seit dem 4. Jahrhundert hatten Schutzheilige die Stelle des römischen Patrons übernommen. Kirchen, Stände, Zünfte und Orden, ja ganze Städte und Länder stellten sich unter das Patrozinium eines Heiligen.
Maximilian propagierte seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts Maria als neue Schutzheilige Bayerns. Ihr wurde die neue Hofkapelle der Residenz gewidmet. Ihre Statue schützte seit 1616 die Residenz in München. Die bayerischen Soldaten zogen mit dem Schlachtruf „Maria“ in den Kampf und ihre Fahnen waren mit einem Marienbild geschmückt. Sogar Maximilians ältester Sohn und Thronfolger wurde unter den Schutz Mariens gestellt und erhielt den damals noch ziemlich ungewöhnlichen Namen Ferdinand Maria.
BAYERN. Maximilian I., 1598-1651. Reichstaler 1618, München. Dav. 6064. Hahn 62 a. Aus der kommenden Auktion Künker 184 (2011), 4062. Schätzung: 1.000 Euro.
Maria im Münzbild
Selbstverständlich eroberte Maria auch das bayerische Münzbild. Sie thront als „apokalyptische Madonna“ in den Wolken, stützt ihre Füße auf die Mondsichel und ist bekleidet mit einer Sternengloriole. In der rechten Hand hält sie ein Szepter, auf dem linken Arm das Christuskind.
BAYERN. Ferdinand Maria, 1651-1679. Reichstaler 1647, München auf sein Vikariat. Dav. 6097. Hahn 180. Aus der kommenden Auktion Künker 184 (2011), 4081. Schätzung: 2.500 Euro.
Maria sollte zum häufigsten Münztyp Bayerns werden. Doch auch andere katholische Länder, deren Fürsten bei den Jesuiten in die Schule gegangen waren, übernahmen die Muttergottes als Münztyp.
AUGSBURG. Johann Christoph von Freiberg, 1665-1690. Reichstaler 1681, Augsburg. Dav. 5009. Forster 397. Aus der kommenden Auktion Künker 184 (2011), 4016. Schätzung: 5.000 Euro. – Auch Johann Christoph von Freiberg hatte in Ingolstadt das Jesuitenkollegium besucht.
BAMBERG. Marquard Sebastian Schenk von Stauffenberg, 1683-1693. Reichstaler 1691, Nürnberg. Dav. 5063. Krug 353. Aus der kommenden Auktion Künker 184 (2011), 4055. Schätzung: 300 Euro. – Marquard Sebastian gehörte zu den aktiven Förderern der Jesuiten.
ESSEN. Anna Salome von Salm-Reifferscheid, 1646-1689. Reichstaler 1672. Dav. 5277. Kramer 41. Aus der kommenden Auktion Künker 184 (2011), 4400. Schätzung: 3.000 Euro. – Auch Anna Salome nutzte die Jesuiten, um die in der protestantischen Stadtbevölkerung Essens für die katholische Kirche zu werben.
HATZFELD. Melchior, 1630-1658. Reichstaler o. J. (spätere Prägung von 1666). Dav. 6709. Aus der kommenden Auktion Künker 184 (2011), 4491. Schätzung: 1.500 Euro. – Melchior von Hatzfeldt-Gleichen besuchte das Jesuitenkollegium von Fulda, wo er die Weihung zum Diakon erhielt.
Alle hier abgebildeten Münzen stammen aus der Sammlung Pielsticker, die am 16. und 17. März 2011 in Osnabrück zur Versteigerung kommt. Die Sammlung umfaßt fast 2.000 Taler vor allem aus Deutschland, aber auch Europa und Übersee sind vertreten.