Numismatische Zeugnisse von Dänemarks kolonialer Vergangenheit
Weißes und schwarzes Gold, Elfenbein und Sklaven, das war das Gut, das ausländische Mächte in Afrika suchten. Und auch die afrikanischen Goldminen waren natürlich nicht zu verachten! Es war ein lukratives Geschäft, das europäische Händler mit den einheimischen Herrschern betrieben, ein Geschäft, aus dem nicht nur die Europäer Nutzen zogen, sondern auch die afrikanische Aristokratie. Sie organisierte die Sklavenbeschaffung und erhielt im Tausch dafür das, was für ihren Machterhalt notwendig war: Waffen und Metall. Und so arbeitete man zusammen. Die Ausländer bauten kleine Handelsforts an der Küste. Die Einheimischen brachten die Waren zu diesen Sammelpunkten, um sie einzutauschen.
Diagramm eines Sklavenschiffs des Atlantischen Sklavenhandels, 1790/1791. Quelle: Wikicommons.
Afrika – und besonders die Goldküste Guinea – wurde zu einer wichtigen Station im so genannten Dreieckshandel. Dabei segelten europäische Schiffe zunächst nach Afrika. Sie waren beladen mit Feuerwaffen, Metall, grobem Tuch und Glasperlen, die man gegen Sklaven eintauschte. Die Sklaven wurden in die Karibik gebracht – und das unter schrecklichsten Bedingungen. Viele starben, aber das machte die „Ware“ noch kostbarer. In der Karibik verlangten die Plantagenbesitzer ständig nach neuen Arbeitskräften. Sie bezahlten reichlich mit ihren Erzeugnissen dafür: Zucker, Rum, Tabak und Baumwolle. Das wiederum konnte in Europa gewinnbringend abgesetzt werden. Dieses Geschäft war so lukrativ, dass viele Nationen dabei mitmischten. Wir denken natürlich in erster Linie an die Briten, die Niederländer und die Franzosen, aber auch kleinere Herrscher mit großen Ambitionen investierten in den Dreieckshandel.
Ein in Deutschland wenig bekanntes Beispiel ist Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst von Brandenburg. Er hatte 1682 einen Handelsposten in Guinea gründen lassen. Er wurde nach dem Herrscher Groß Friedrichsburg genannt und beherbergte eine Garnison von ca. 90 Europäern.
Friedrich Wilhelm persönlich stand an der Spitze der Afrikanischen Compagnie, die für ihn den Dreieckshandel abwickelte. Um die afrikanischen Sklaven besser in der Karibik absetzen zu können, arbeiteten die Preußen eng mit den Dänen zusammen. Die vermieteten ihnen sogar einen kleinen Teil ihrer Antilleninsel St. Thomas.
33: Brandenburg-Preußen. Friedrich Wilhelm, 1640-1688. Dukat 1687, Berlin. Friedberg 2231. Aus Auktion Künker 244 (6.2.2014), 33 (vorzüglich bis Stempelglanz; Schätzung: 20.000 Euro).
Eine in der Künker Auktion 244 angebotene Münze zeugt von diesem Engagement des großen Kurfürsten. Sie zeigt auf der Vorderseite den Herrscher im barocken Panzer, langer Lockenperücke, in der Hand den Kommandostab. Auf der Rückseite segelt ein Schiff. DEO DUCE – mit Gott als Führer, so lautet die Inschrift. Und das Wirken Gottes ist tatsächlich zu sehen, wenn aus den Wolken ein kleiner Kopf günstigen Wind in die Schiffssegel bläst. Das Gold, aus dem dieser Dukat geprägt wurde, stammt aus Guinea, weshalb dieser Münztyp in der Numismatik als Schiffsdukat oder Guineadukat bekannt ist.
Die Nachfolger des großen Kurfürsten unterstützten das afrikanische Engagement nur halbherzig. Ohne ausreichende Mittel setzte der wirtschaftliche Niedergang ein. Friedrich I. erklärte im Jahr 1711 den Bankrott der Kolonie und verkaufte sie 1717 an die Niederländer für 7.200 Dukaten und 12 Sklaven.
Die Dänen waren mit ihrem Engagement wesentlich erfolgreicher als die Preußen. Sie hatten in den 1660er Jahren ein Fort an der Küste des heutigen Ghana erbaut, das sie nach Christian V. Christiansborg nannten. Es wurde zur Hauptstadt dessen, was man die dänische Goldküste nennt.
415: Dänemark. Christian V., 1670-1699. 2 Dukaten 1688, Kopenhagen. Friedberg 167. Aus Auktion Künker 244 (6.2.2014), 415 (fast vorzüglich; Schätzung: 15.000 Euro).
Dieses Fort mit dem darüber wehenden Danebrog ist auf der Rückseite eines prachtvollen 2 Dukaten-Stücks aus dem Jahr 1688 zu sehen, das aus Gold geprägt wurde, das aus Guinea stammt. Die Münze ist – wie der preußische Guineadukat – ein Zeugnis der engen Verstrickung von König und Handel. Christian V. hatte der Westindien-Guinea-Kompanie am 11. März 1671 ein Privileg erteilt, das sie zum Handel in der Karibik und in Afrika ermächtigte. Und der König griff noch weiter ein. Die königliche Marine bot der Handelsflotte Schutz vor den Angriffen ausländischer Kaperfahrer.
416: Dänemark. Frederik IV., 1699-1730. 5 Dukaten 1704, Kopenhagen. Friedberg 246. Aus Auktion Künker 244 (6.2.2014), 416 (vorzüglich; Schätzung: 75.000 Euro).
Fast 20 Jahre danach ließ Frederik IV. aus Gold von der dänischen Goldküste das ebenfalls aus der kommenden Künker Auktion stammende 5 Dukaten-Stück prägen. Es zeigt auf der Rückseite ein stolzes Schiff mit offenen Geschützluken zeigt, das der aufgehenden Sonne entgegenfährt. Diese Ausrichtung steht auf Münzen stets für Hoffnung und Zukunft. Wo der König diese sah, liest man im Abschnitt: CHRISTIANSBORG, also der afrikanische Handelsposten sollte für künftigen Wohlstand garantieren. Darauf weist auch die Rückseitenumschrift hin: CONANDO INVENIMUS, übersetzt „Wagend gewinnen wir es“.
Guinea war nur ein Teil des dänischen Handelsimperiums. Wichtig war vor allem Dänisch-Westindien, der Stützpunkt in der Karibik, wo die in Afrika gekauften Sklaven wieder abgesetzt werden konnten.
Wurden diese beiden Gebiete von der Westindien-Guinea-Kompanie kontrolliert, sorgte die Dänische Ostindien-Kompanie dafür, dass die Schätze Asiens nach Europa fluteten und Kopenhagen zu einer Drehscheibe für asiatische Waren wie Gewürze, Tee und Seide wurde. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass dänische Kaufleute im 17. Jahrhundert mehr Tee nach Europa brachten als die britische Konkurrenz. Auch wenn man natürlich zugeben muss, dass England Teetrinker-Nation Nr. 1 blieb: 90 % der dänischen Importe wurden sofort weiter nach England geschmuggelt.
Fort Dansborg in Tranquebar, dem heutigen Tharangambadi in Tamil Nadu. Foto: Eagersnap / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en
Wichtigster Seehafen der Ostindien-Kompanie war Tranquebar, von wo aus die Schiffe nach Indien, China und zu den Gewürzinseln fuhren. Dort besaßen die Dänen eine kleine Inselgruppe, die sie Neu-Dänemark nannten, und die wir heute als Nikobaren kennen.
Viele Münzen haben die Dänen speziell für ihren Handel in Asien geprägt. Tranquebar verfügte sogar über eine eigene Münzstätte. Trotzdem ist der wohl attraktivste Münztyp, der für den Außenhandel geprägt wurde, in Kopenhagen entstanden. Er war speziell für den Handel mit China gedacht. Dort nahmen nämlich die Geldwechsler am liebsten die spanischen 8 Reales-Stücke entgegen – und das mit gutem Grund. Ihr gleichbleibender Feingehalt von 935/100 entsprach nahezu dem chinesischen Standard wenyin von 937/1000.
419: Dänemark. Christian VII., 1766-1808. Piaster 1771 (geprägt 1774), Kopenhagen. Dav. 411. Aus Auktion Künker 244 (6.2.2014), 419 (vorzüglich bis Stempelglanz; Schätzung: 80.000 Euro).
Deshalb übernahmen die dänischen Stempelschneider die wichtigsten ikonographischen Details der spanischen Pillar Dollars und passten sie an dänische Verhältnisse an. Statt des spanischen Wappens erschien nun das dänische auf der Vorderseite. Die Umschrift nannte den dänischen König mit seinen Titeln. Auf der Rückseite der Münze waren die berühmten Säulen des Herakles abgebildet mit den Schriftbändern PLUS ULTRA – darüber hinaus. Während das spanische Vorbild nur zwei Weltkugeln auf einem Berg dazwischen zeigt, präsentiert die dänische Variante noch einmal Teile des Wappens sowie als Inschriften auf dem Berg: ISLAND – GRONLAND – FERÖ, also die ersten drei Kolonien von Dänemark, dank derer die Dänen sich als eine der ältesten Kolonialmächte Europas bezeichneten: Sie waren um 1380 unter dänische Kontrolle gekommen.
1771 wurden lediglich 543 Piaster als Test geprägt. Die Münzen scheinen zunächst auf Akzeptanz gestoßen zu sein, denn 1774 wurden mit den Stempeln von 1771 44.900 Piaster ausgeprägt. Im Mai 1777 gab es eine zweite Ausgabe in Höhe von 50.000 Stücken, diesmal mit neuen Stempeln. Allerdings sprechen zeitgenössische Quellen davon, dass diese großen Mengen nur mit Schwierigkeiten platziert werden konnten, da die Chinesen die Stücke für zu leicht hielten.
Als die Briten sich immer stärker in Afrika, Indien und China engagierten, konnte das kleine Dänemark nicht mehr mithalten. 1845 verkaufte es seinen indischen Hafen Tranquebar an England, 1850 überließ es Christansborg für 10.000 Pfund ebenfalls den Briten. Nach und nach gab es die meisten seiner Häfen und Handelsposten auf.
Die letzte überseeische Kolonie war Dänisch-Westindien, wozu die Jungferninseln, St. Thomas, Saint John und Saint Croix gehörten. Sie blieb durch ihre Zuckerproduktion auch nach der Abschaffung des Sklavenhandels in Dänemark am 1. Januar 1803 rentabel, wovon eine Goldmünze mit dem Porträt Christians IX. Zeugnis ablegt.
421: Dänisch Westindien. Christian IX., 1863-1906. 50 Francs (10 Daler) 1904, Kopenhagen. Friedberg 1. Aus Auktion Künker 244 (6.2.2014), 421 (vorzüglich; Schätzung: 4.000 Euro).
Das Stück zeigt auf der Rückseite eine Frau mit Attributen, wie man sie dem wilden Amerika zuschrieb: einer Kette aus Tierzähnen und Spangen am Oberarm. Die Personifikation sitzt, ein Ruder haltend zwischen einem beladenen Schiff und den Produkten Dänisch-Westindiens: Kokosnüssen und Zuckerrohr.
Doch Anfang des 20. Jahrhunderts suchten Unwetter und Trockenheit die Plantagen heim. Die Steuereinnahmen brachen ein und standen mit dem Aufwand in keinem Verhältnis. So versuchte die dänische Regierung den Kostenfaktor Kolonie für 5 Millionen Dollar an die USA zu verkaufen. Doch das Oberhaus erhob Einspruch. Das Geschäft scheiterte.
Erst der Erste Weltkrieg machte endgültig klar, dass das Dänemark schlichtweg nicht in der Lage war, seine karibische Kolonie zu regieren. So wurde wieder mit den USA verhandelt – sehr zum Ärger der dänischen Nationalisten, die es verwerflich fanden, dieses letzte Zeugnis der einstigen dänischen Großmacht auch noch aufzugeben. Um sich abzusichern, führte die Regierung deshalb die erste dänische Volksabstimmung der Geschichte durch, in der die Mehrheit der dänischen Bürger dem Verkauf zustimmten. Am 1. April 1917 traten die Dänen für 25 Millionen Dollar Dänisch-Westindien an die USA ab.
Das war noch nicht das Ende der dänischen Kolonialgeschichte. Das kam erst mit dem 5. Juni 1953, als die letzte Kolonie Grönland zu einem gleichberechtigten Teil Dänemarks wurde.
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