MenschenGesichter Teil 41: Augsburg im Dreißigjährigen Krieg
mit freundlicher Genehmigung des MoneyMuseum, Zürich
Warum galt der Kopf jahrhunderte-, nein, jahrtausendelang als das Motiv einer Münzseite schlechthin? Und warum hat sich dies in den letzten 200 Jahren geändert? Das fragt Ursula Kampmann in ihrem Buch „MenschenGesichter“, dem die Texte unserer Serie entnommen sind.
Freie Reichstadt Augsburg. Taler, 1641. Gepanzerte und drapierte Büste des Kaisers Ferdinand III. von Habsburg (1637-1657) n. r., um den Hals den Orden vom Goldenen Vlies. Rs. Stadtansicht von Augsburg, davor Stadtbefestigungen, davor Stadtwappen Pyr auf Kartusche. © MoneyMuseum, Zürich.
Augsburg besaß den Status einer freien Reichsstadt, was die Bürger der Stadt stolz auf ihren Talern verkündeten, indem sie Kaiser Ferdinand III., juristisch ihr direktes Oberhaupt, auf die Vorderseite der Prägung setzten.
Doch dies hatte nicht nur Vorteile. Gerade im Dreißigjährigen Krieg zeigte es sich, dass die freien Reichsstädte ganz besonders zu leiden hatten, da kein Landesherr sich dafür verantwortlich fühlte, sie zu schützen oder ihnen beizustehen. Die Inflation von 1622/23 fraß die städtischen Finanzreserven auf. Und während der Hungerjahre 1627–29 gab es niemanden, der Korn und Nahrung schickte.
Gustav II. Adolf, König von Schweden, vor den Mauern Augsburgs im Jahre 1632. Quelle: Wikicommons.
Auch Augsburg hatte unter dem Krieg schwerer zu leiden als andere Städte, die Unterstützung bei ihrem Herrschergeschlecht fanden. Die Schweden eroberten 1632 die Stadt und pressten während ihrer mehrmonatigen, brutalen Belagerung das letzte Geld für Kontributionen aus den Bürgern heraus. Nur, um einen Eindruck davon zu geben: Die Belagerer zwangen die mittlerweile finanziell völlig erschöpften Augsburger, pro Monat 7000 bis 8000 Gulden für Soldzahlungen aufzubringen, während das gleichzeitige Steueraufkommen bei 300 Gulden lag. Im Winter 1634/35 wurden die Schweden von den Kaiserlichen vertrieben, der Krieg zog weiter, die Bürger konnten aufatmen. Aber was hieß das schon?
Wie sich all dies finanziell auswirkte, darüber sind wir durch Steuerakten informiert, die uns zeigen, wie es um das Vermögen der Augsburger zu Beginn und bei Ende des Dreißigjährigen Krieges bestellt war:
Steuersumme | Anteil an der Bevölkerung 1618 | Anteil an der Bevölkerung 1646 |
„Habnit“ | 48,5 % | 37,2 % |
1-15 Kreuzer | 13,2 % | 4,2 % |
16-30 Kreuzer | 7,0 % | 22,0 % |
1-10 Gulden | 16,5 % | 18,0 % |
10-100 Gulden | 6,6 % | 5,7 % |
bis 500 Gulden | 1,35 % | 0,5 % |
über 500 Gulden | 0,01 % | – |
Der Krieg hatte die „Superreichen“ mehr oder minder völlig beseitigt. 1618 hatten 128 Personen über 100 Gulden Steuern bezahlt, nach dem Krieg waren es gerade noch 20. Die Vermögen waren aufgezehrt worden durch die häufigen Umlagen, mit denen man alle Forderungen befriedigte, die die Staatskasse nicht mehr begleichen konnte. Geschrumpft war aber auch der Anteil der Habenichtse und der kleinen Leute. Das lag nicht daran, dass sie zu Geld gekommen wären, sondern dass unter ihnen der Anteil der Opfer besonders hoch lag. Von den 5392 Haushalten der Armen und Ärmsten, die 1618 im Steuerregister gemeldet waren, existierten 1646 gerade noch 1746.
„Gewonnen“ hatte eigentlich nur die Mittelschicht – sofern man das bloße Überleben überhaupt gewinnen nennen kann.
Das Thema der nächsten Folge ist das politische und militärische Geschick Albrecht von Wallensteins, des legendären Feldherrn, der sich während der jahrelangen Leidenszeit des Dreißigjährigen Kriegs eine goldene Nase verdiente – und den Adelsstand.
Alle Teile der Reihe finden Sie hier.
Das Buch „MenschenGesichter“ gibt es in gedruckter Form und als ebook auf der Seite des Conzett Verlages.